Brexit-Handelsdeal: „Der Montag ist der Tag der Entscheidung“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/E4G5MOSNL5BQZOAP34JEFPWGPM.jpg)
Die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der Briten-Premier Boris Johnson.
© Quelle: imago images/ZUMA Press
Brüssel. Die Zeit läuft ab im Brexit-Drama: Nach eintägiger Unterbrechung und einem Krisentelefonat auf höchster Ebene wollten die Unterhändler der EU und Großbritanniens am Sonntag erneut versuchen, in letzter Minute einen Brexit-Handelsvertrag zu schließen. Ob das gelingen würde, blieb allerdings unklar.
Obwohl schon seit Monaten verhandelt wird, konnten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premierminister Boris Johnson nach einem Telefonat am Samstagabend nur feststellen: Es gibt weiter „erhebliche Differenzen“ zwischen beiden Seiten. EU-Chefunterhändler Michel Barnier und sein britisches Pendant David Frost wurden beauftragt, ihre am Freitag unterbrochenen Verhandlungen am Sonntag fortzusetzen. Für Montag war dann wieder ein Telefonat zwischen von der Leyen und Johnson geplant.
„Der Montag ist der Tag der Entscheidung“, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Es müsse jetzt dringend eine Entscheidung fallen, damit das Europaparlament wenigstens noch ein bisschen Zeit habe, um einen eventuellen Deal zu prüfen.
In der Regel dauern solche Prüfungen mehrere Monate. Jetzt deutet sich an, dass das Europaparlament einen möglichen Vertrag am 28. Dezember bei einer Brexit-Sondersitzung behandeln muss.
Das steht allerdings auf der Kippe. Denn inhaltlich sind sich die Unterhändler offenbar kaum näher gekommen. Gestritten wird weiter über drei Themen: gleiche Wettbewerbsbedingungen, die Fischerei und einen Mechanismus, wie Verstöße gegen ein Abkommen geahndet werden können.
Und dann ist da noch das „Binnenmarktgesetz“
Beide Seiten bewegten sich zwar inzwischen in Detailfragen. „In manchen Bereichen lässt sich da sicher noch etwas machen“, sagte der SPD-Europaabgeordnete Lange. So sei denkbar, dass im Streit um die künftigen Fischereirechte doch noch eine Lösung gefunden werden könnte. Dieser Konflikt ist politisch stark aufgeladen. Großbritannien will selbst entscheiden, wer in den britischen Gewässern künftig wie viel Fisch fangen darf. In der EU macht sich vor allem Frankreich für möglichst große Mitspracherechte stark.
Doch selbst wenn dieser Konflikt gelöst würde: Der Streit um das sogenannte Binnenmarktgesetz in Großbritannien ist noch nicht beendet. Es würde Teile des bereits ausgehandelten EU-Austrittsvertrags aushebeln. Betroffen wäre vor allem das Nordirland-Protokoll in diesem Vertrag. Es soll eine offene Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und der zur EU gehörenden Republik Irland garantieren.
Die EU wertet diese britischen Gesetzespläne als Vertragsbruch. Der SPD-Europapolitiker Lange sprach von einem „Damoklesschwert, das über den Verhandlungen hängt“: „Wenn das nicht zurückgenommen wird, dann wird das Europaparlament nicht zustimmen können.“
Jedoch deutete sich eine Rücknahme der umstrittenen Klauseln zunächst nicht an. Der britische Umwelt- und Agrarminister George Eustice sagte am Sonntag in einem TV-Interview: „Diese Klauseln sind sehr wichtig – besonders, wenn wir die EU ohne ein Abkommen verlassen.“
Für diesen No-Deal-Fall drohen beiderseits des Ärmelkanals schwere wirtschaftliche Verwerfungen.