Landratswahl Oder-Spree: AfD verliert nur knapp gegen SPD – CDU erntet scharfe Kritik
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Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen beim einem Landesparteitag auf dem Tisch. (Symbolbild)
© Quelle: Daniel Karmann / dpa
Potsdam. Der SPD-Kandidat für den Landratsposten im Kreis Oder-Spree in Brandenburg, Frank Steffen, hat sich in einer Stichwahl am Sonntagabend knapp gegen den AfD-Herausforderer Rainer Galla durchgesetzt. Steffen, Bürgermeister der Kreisstadt Beeskow, erhielt 52,4 Prozent der abgegebenen Stimmen, Galla 47,6 Prozent.
Das Quorum, also die erforderliche Mindestanzahl von Stimmen, die bei 15 Prozent der Wahlberechtigten lag, haben beide Kandidaten erfüllt. Die Wahlbeteiligung lag bei 38,5 Prozent. Lange Zeit hatte Galla in der Auszählung geführt, offenbar hatten aber die Briefwähler, deren Stimmen zuletzt ausgewertet wurden, mehrheitlich für Steffen gestimmt. Damit hat es die AfD erneut nicht geschafft, einen kommunalen Spitzenposten zu erobern – wenn auch äußerst knapp.
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Erste Runde hatte der AfD-Kandidat gewonnen
In der ersten Runde hatte Galla noch mit 24,8 Prozent die meisten Stimmen auf sich vereinen können. Die Wahl war auch deswegen mit Spannung erwartet worden, weil die CDU keine Wahlempfehlung abgegeben hatte, BVB/Freie Wähler ebenso wenig. Die Wahl war notwendig geworden, weil der bisherige Amtsinhaber Rolf Lindemann (SPD) nicht mehr antrat. Er geht im Sommer in den Ruhestand.
Im Kreis Oder-Spree, in Grünheide, befindet sich die Autofabrik von Tesla. Diese Ansiedlung hat zwar mehr als 10.000 neue Jobs in die Region gebracht, wegen der Umweltbedenken – insbesondere um das Grundwasser – ist das Projekt aber in der Region nicht unumstritten. In Eisenhüttenstadt liegt außerdem die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber in Brandenburg. In der Stadt hat die AfD intensiv Wahlkampf gemacht.
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Frank Steffen (l, SPD) wird neuer Landrat von Oder-Spree. Rainer Galla (AfD) unterliegt knapp.
© Quelle: Bernd Settnik/Patrick Pleul
Grünen-Chefin „erschüttert“ über Abschneiden des AfD-Kandidaten
Grünen-Landes-Chefin Alexandra Pichl äußerte sich am Abend so: „Das Abschneiden des AfD-Kandidaten erschüttert mich.“
Die CDU und die Freien Wähler hätten „in dieser Stichwahl fatalerweise darauf verzichtet, zur Wahl des demokratischen Kandidaten aufzurufen“. Die Brandmauer gegen Rechts funktioniere nur, „wenn alle demokratischen Parteien ihre Verantwortung wahrnehmen“. Das habe die CDU in diesem Fall nicht getan, so Pichl.
Linken-Fraktions- und Parteichef Sebastian Walter twitterte: „Das war sehr, sehr knapp. Wir brauchen in Brandenburg endlich einen klaren Blick auf abgehängte Regionen und ein gemeinsames Bündnis aller demokratischen Kräfte!“
Nach Angaben des Deutschen Landkreistages gibt es bundesweit bislang keinen Landrat der AfD. Der Verfassungsschutz beobachtet die AfD Brandenburg seit 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
Kritik aus der Bundespolitik
Auch in der Bundespolitik sorgte der Wahlausgang für Kritik. „Keine Demokratin und kein Demokrat kann nach diesem Ergebnis im Landkreis Oder-Spree zur Tagesordnung übergehen“, sagte Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Das war mehr als ein Warnschuss. Der einzige verbliebene demokratische Bewerber hat hauchdünn gewonnen. Wir steuern auf mehrere Wahlen in Ostdeutschland zu und wir können uns nicht damit abfinden, dass die rechte AfD zu einem ganz normalen Mitbewerber wird. Niemals.“
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Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa/Archivb
Mast kritisierte die CDU, die in Oder-Spree keine Wahlempfehlung für den SPD-Kandidaten Frank Steffen abgegeben hatte. „Ich bin nicht mehr bereit, mir von Friedrich Merz und seiner CDU Sonntagsreden anzuhören und dann zu erleben, dass die viel beschworene Brandmauer gegen rechts weniger ist als ein dünner, löchriger Pappkarton.“
Bundesweit sei es nötig, genau hinzuschauen, was zu „diesem enormen Protest“ führe, sagte Mast dem RND. „Da kommen offenbar viele Faktoren zusammen. Wir brauchen eine Politik die das Land zusammen hält und Sicherheit im Wandel gibt. Und natürlich brauchen wir echten Dialog auf Augenhöhe.“
SPD-Chef Klingbeil kritisiert CDU-Verhalten bei Landratswahl
SPD-Chef Lars Klingbeil hat das Verhalten der CDU bei der Landratswahl im Landkreis Oder-Spree in Brandenburg scharf kritisiert. „Es hat keine Wahlempfehlung der CDU gegeben in dieser Frage“, sagte er am Montag in Berlin. „Eigentlich war ich immer davon ausgegangen, es gibt einen Konsens unter den demokratischen Parteien, dass wir die Spielräume der AfD nicht erweitern werden, dass wir uns klar positionieren, dass wir die Brandmauer hochhalten gegen die AfD.“
Die CDU habe sich aber weder vor Ort, noch auf Landesebene und „erst recht nicht durch Friedrich Merz auf der Bundesebene“ positioniert, kritisierte Klingbeil. „Ich kann nur appellieren an die Union, nicht weiter mit dem Feuer zu spielen und an jeder Stelle darauf zu achten, dass die Brandmauer gegen Rechts weiter besteht“, sagte der SPD-Chef.
Dieser Artikel erschien zuerst in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“.