Botschafter dürfen in der Türkei bleiben: Erdogan will westliche Diplomaten doch nicht ausweisen
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Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei.
© Quelle: Pool/Turkish Presidency/AP/dpa
Berlin. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will den deutschen und neun weitere Botschafter nun doch nicht ausweisen. Die zurückhaltende Reaktion Deutschlands und anderer Länder wertete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Montag als Einlenken. Die Botschafter hätten damit vor „der Verleumdung unserer Justiz und unseres Landes kehrtgemacht“, sagte Erdogan am Montag nach einer Kabinettssitzung in Ankara. Er glaube daran, dass die Botschafter in Zukunft „vorsichtiger“ sein werden.
Wer die Unabhängigkeit der Türkei und die Empfindsamkeiten der Türken nicht respektiere, werde in diesem Land nicht willkommen geheißen, so Erdogan. Egal, welchen Status die Person habe.
Hintergrund der Äußerungen Erdogans war eine Erklärung der Botschafter von Deutschland, den USA, Frankreich und sieben weiteren Staaten Anfang vergangener Woche. Darin fordern sie die Freilassung des türkischen Unternehmers und Kulturförderers Osman Kavala. Der 64-Jährige sitzt seit 2017 in Istanbul in Untersuchungshaft, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) schon 2019 seine Freilassung angeordnet hatte.
Kavala wird beschuldigt, die regierungskritischen Gezi-Proteste in Istanbul 2013 unterstützt und einen Umsturzversuch angezettelt zu haben. Ihm wird außerdem „politische und militärischen Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 vorgeworfen. Kritiker sehen die Vorwürfe als politisch motiviert.
Keine offizielle Mitteilung bis Montagmittag
Sobald das türkische Außenministerium dies den betroffenen Staaten offiziell mitgeteilt hat, müssen die Botschafter nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen ihre Tätigkeit „innerhalb einer angemessenen Frist“ einstellen. Bis Montagmittag gab es eine solche Mitteilung nach Angaben des Auswärtigen Amts noch nicht.
Die Botschaften der USA, Kanadas, Neuseelands und der Niederlande in Ankara twitterten am Montag dann eine Erklärung, sich weiter an Artikel 41 des Wiener Übereinkommens zu halten. Andere Botschaften wie die deutsche teilten den US-Tweet. Der Artikel weist Diplomaten unter anderem an, sich nicht in innere Angelegenheiten des Empfangsstaats einzumischen.
Auch im Inland schlug Erdogan Kritik entgegen. Sein früherer Getreuer und der ehemalige Präsident des Landes, Abdullah Gül, sagte der Zeitung „Sözcü“, es könne nicht im Interesse des Landes sein, die Sache zu einer noch größeren Krise zu machen. Die Opposition warf Erdogan Ablenkungsmaßnahmen von einer Wirtschaftskrise vor. Selbst in der regierungsnahen Zeitung „Sabah“ forderte ein Kommentator die Regierung dazu auf, andere Lösungen zu finden, um Spannungen in Konflikten mit anderen Staaten abzubauen.
RND/dpa