Biosprit: Streit in der Koalition bahnt sich an
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Unter anderem Raps wird für die Kraftstoffproduktion angebaut.
© Quelle: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dp
In der Ampelregierung bahnt sich ein neuer Streit zwischen dem Bundesumwelt- und dem Bundesverkehrsministerium an. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will zeitnah einen Gesetzentwurf zur Verringerung der Futtermittelbeimischung zu Biosprit in die Ressortabstimmung abgegeben. Aus Ministeriumskreisen hieß es am Mittwoch, Lemke beabsichtige, deutlich weniger Nahrungs- und Futtermittelpflanzen in den Verkehr zu lenken und so die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln zu erhöhen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gilt als Gegner der Pläne.
Pflanzen gehören auf den Teller, nicht in den Tank, wenn wir sie konsumieren.
Steffi Lemke (Grüne),
Bundesumweltministerin
Lemke hatte sich schon in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, Futtermittel wie Raps oder Soja nicht mehr zu fossilen Kraftstoffen zu verarbeiten. „Pflanzen gehören auf den Teller, nicht in den Tank, wenn wir sie konsumieren“, sagte sie diese Woche. Das gelte in Zeiten des Artenaussterbens, der Klimakrise und der Ernährungskrise in ganz besonderem Maße. Aus dem Ministerium hieß es weiter, dass 2023 etwa zehn Millionen Tonnen an Nahrungs- und Futtermitteln für die Biokraftstoffproduktion verwendet würden. Durch eine Reduzierung werde der Druck auf die Preise für Nahrungsmittel und Agrarflächen verringert sowie umweltschädliche Effekte durch den Anbau gemindert. Auch Lemkes Parteikollege, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, will den Einsatz von Biosprit aus Nahrungspflanzen beenden.
Seit Monaten gibt es Gespräche zwischen Lemkes und Wissings Haus über Biosprit. Schon im Mai 2022 hatte die Grünen-Politikerin eine Abschaffung von Biosprit gefordert. Aus Grünen-Kreisen hieß es zuletzt, die FDP würde die Pläne des Umweltministeriums blockieren. Die Position des Verkehrsministeriums hat sich wohl aber nicht geändert.
Wissing besorgt wegen Klimazielen
Auf RND-Anfrage teilte Wissings Ministerium mit, dass eine Absenkung der Obergrenze für Biokraftstoffe zu mehr Treibhausgasemissionen im Verkehr führen würde. „Seitens des Bundesumweltministeriums wurden bisher keine Vorschläge vorgelegt, wie diese zusätzlichen Emissionen ausgeglichen werden sollen“, sagte ein Ministeriumssprecher. „Die Maßnahme würde zu einer signifikanten Erhöhung der CO₂-Emissionen im Verkehrssektor führen und steht damit im Widerspruch zu der erklärten gemeinsamen Absicht der Bundesregierung, die Klimaschutzziele einhalten zu wollen.“ Das Verkehrsministerium setzt bei der Erreichung von Klimazielen stark auf Biosprit und hat ihn als Werkzeug in sein Klimaschutz-Sofortprogramm aufgenommen.
FDP-Fraktionsvize Carina Konrad sagte dem RND: „Schnell wird plakativ mit dem Bild ‚Tank gegen Teller‘ das Ende der Beimischung von Biokraftstoffen im Sinne von Klimaschutz und Nahrungsmittelsicherheit gefordert. Fakt ist aber, aktuell leisten Biokraftstoffe einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele des Verkehrssektors“, betonte sie. „Das Argument, durch weniger Biokraftstoffe das globale Nahrungsmittelangebot erhöhen zu können, dürfte rein vorgeschoben sein und soll davon ablenken, welche alternativen Vorschläge gerade ungenutzt bleiben.“
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Unterdessen wies das Bundesverfassungsgericht in dieser Woche eine Verfassungsbeschwerde für ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen als unzulässig ab. Die beiden Kläger, ein Mann und eine Frau, meinen, dass der Gesetzgeber gegen das Klimaschutzgebot und Freiheitsrechte verstoße, indem er kein Tempolimit einführe. Das hätten sie aber nicht ausreichend begründet, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe am Dienstag mit. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Oliver Luksic (FDP) sagte dem RND: „Die Klarstellung des Bundesverfassungsgerichts begrüße ich als wichtigen Hinweis mit Blick auf die Frage von Effektivität und Verhältnismäßigkeit. Nicht Verbote, sondern Innovationen bieten die Lösung für die vielschichtigen Herausforderungen unserer Zeit“, betonte der Liberale.
mit epd und dpa