Besuch bei einem Freund: enge Scholz-Sánchez-Allianz trotz mancher Unstimmigkeit
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l) nimmt neben dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez an einer Pressekonferenz bei seinem Antrittsbesuch in Spanien teil.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Madrid. Olaf Scholz hat an diesem Tag die eindeutig angenehmere Reise als seine Außenministerin. Während Annalena Baerbock unter der Last des Ukraine-Konflikts nach Kiew und Moskau aufgebrochen ist, kommt Scholz in Madrid mit einem langjährigen politischen Freund zusammen. Die Themen sind allerdings nicht weniger brisant. Es geht ebenfalls um die Gefahr einer russischen Invasion in der Ukraine sowie um die Corona-Bekämpfung und Europas Finanzen.
Scholz traf Ministerpräsident Pedro Sánchez schon, als dieser bereits Vorsitzender der Sozialisten in Spanien und er selbst noch Hamburgs Erster Bürgermeister war. Die politischen Gewichte in Europa haben sich mit seiner Wahl zum Bundeskanzler aber verschoben: Sánchez ist jetzt nicht mehr alleiniger Vorreiter der europäischen Sozialdemokratie, dafür gibt es Chancen für neue Allianzen.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l) sitzt neben dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez bei einem bilateralen Gespräch im Rahmen des Antrittsbesuchs in Spanien.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Beide setzen jetzt auf einen neuen Schub für die Sozialdemokratie in Europa. Scholz betont: „Deutschland und Spanien sind enge Freunde.“ Er meint damit Sánchez auch persönlich. Und dieser erklärt: „Wir stehen am Beginn einer neuen Phase.“
Die Finanzen im Mittelpunkt
Sánchez setzt vor allem auf deutsche Zustimmung für eine neue Finanzpolitik in der EU. Dass während der Corona-Krise die strengen Schuldenregeln ausgesetzt wurden, sei zum großen Teil Scholz zu verdanken gewesen. „Danke, dass du ein so großartiger Europäer bist“, lobt der Ministerpräsident.
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Dass Scholz politische Nähe allerdings nicht nutzen wird, um gegen seine politische Auffassung zu handeln, die er bereits als Bundesfinanzminister vertreten und als Kanzler nicht geändert hat, zeigte sich schon bei seinen Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Mario Draghi.
Scholz bleibt hart
Beide Politiker wollen wie auch Sánchez die europäischen Haushalts- und Schuldenregeln reformieren beziehungsweise flexibilisieren, um höhere Investitionsausgaben in ihren Ländern zu ermöglichen. Dafür pochten Macron und Draghi zuletzt gemeinsam auf eine Änderung des Maastricht-Vertrags. Der Vertrag sieht vor, dass die Neuverschuldung der Mitgliedstaaten nicht mehr als 3 Prozent und die Gesamtschuldenlast nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen darf.
Scholz betonte bereits mehrfach, die bestehenden Regeln innerhalb der EU seien „eine gute Basis“, der Stabilitätspakt habe in der Vergangenheit „viel Flexibilität“ bewiesen. Mit „guter Klugheit“ könne man sich an die Zukunftsaufgaben machen. Bedeutet: Er will keine Änderungen am Maastricht-Vertrag.
Spaniens Umgang mit Corona
Lernen kann Deutschland von Spanien bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. In Spanien haben rund 85 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die erste Impfung bekommen, in Deutschland sind es 75 Prozent. Sánchez will Corona bald ähnlich wie eine Grippewelle behandeln – also in die endemische Phase übergehen. Allerdings ist der Vorstoß im Land hochumstritten.
Scholz erkennt an: „Spanien ist Vorbild bei der Impfquote.“ Er sagt aber nichts auf die Frage nach einer Behandlung von Corona mit der neuen Omikron-Variante wie eine Grippewelle auch in Deutschland.
Scholz über Russland: „Die Situation ist sehr ernst“
Die russische Bedrohung der Ukraine ist auch in Madrid ein drängendes Thema. Kiew fordert von Deutschland Waffenlieferungen, was die Bundesregierung ablehnt. Es müsse alles getan werden, eine russische militärische Intervention zu verhindern, mahnt Scholz auch in Madrid. „Die Situation ist sehr ernst.“ Er verweist auf die vielen internationalen Gespräche mit den USA, dem Nato-Russland-Rat, der OSZE.
Mit Spannung wird erwartet, wann Scholz selbst nach Moskau reisen wird. Um das zu tun, müsste er zuvor ein anderes Ziel ansteuern: Washington, US-Präsident Joe Biden, den größten deutschen Verbündeten.