Berlin erhält einen Erinnerungsort für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs

Soldaten der deutschen Wehrmacht beim Einmarsch in Polen am 1. September 1939. Durch den deutschen Vernichtungskrieg und die Besatzung kamen Millionen Polen ums Leben. Für sie soll jetzt in Berlin ein Denkmal errichtet werden.

Soldaten der deutschen Wehrmacht beim Einmarsch in Polen am 1. September 1939. Durch den deutschen Vernichtungskrieg und die Besatzung kamen Millionen Polen ums Leben. Für sie soll jetzt in Berlin ein Denkmal errichtet werden.

Berlin. Der Grundstein für einen Ort des Erinnerns und der Begegnung mit Polen wird in den nächsten vier Jahren in Berlin gelegt. Im Zentrum soll ein künstlerisch gestaltetes Denkmal für die Opfer „des rassenideologischen Vernichtungskrieges und der nationalsozialistischen Besatzung Polens stehen“, erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung des Projektes, das auf einen Beschluss des Bundestages vom Oktober 2020 zurückgeht. „Das Leiden der polnischen Zivilbevölkerung sei lange nur ein Splitter in der deutschen Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg gewesen“, betonte Maas. Das ändere sich jetzt.

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Innerhalb eines halben Jahres hat dazu eine 16-köpfige deutsch-polnische Expertenkommission ein Konzept entwickelt, das sowohl ein Denkmal als auch ein Gebäude mit Ausstellungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte vorsieht. „Es geht nicht um ein weiteres Kriegsmuseum“, sagte Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der im Politischen Beirat mitwirkt, der die Expertenkommission berät. Es gehe darum, so Thierse, dass wir etwas nachholen, was wir über Jahre versäumt haben: „Den polnischen Opfern unseren Respekt erweisen.“

Nach den Plänen der Expertenkommission unter Leitung des ehemaligen deutschen Botschafters in Polen (2014-2020), Rolf Nikel, sind vier zentrale Kategorien für den Ort vorgesehen: „Gedenken, Information und Dokumentation“, „Bildung und Begegnung“ sowie „Digitale Begleitung“.

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Den Experten schwebt ein moderner und attraktiver Ort in Berlin mit 3000 bis 4000 Quadratmetern Nutzfläche vor, der nicht nur analog, sondern auch digital ausstrahlen müsse, heißt es in dem gut 20 Seiten umfassenden Konzeptionspapier, das Nikel erläuterte.

Für den Standort wurden in der Expertenkommission und im Politischen Beirat sechs Optionen geprüft und letztlich zwei Vorschläge in die engere Wahl genommen die „gleichermaßen geeignet erscheinen“, wie es in dem Papier heißt: Der Platz der ehemaligen Kroll-Oper im Berliner Bezirk Mitte-Tiergarten in der Nähe des Bundeskanzleramtes. Oder eine Grünfläche am Askanischen Platz mit dem Wahrzeichen der Portalruine des Anhalter Bahnhofs im Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

Wie Nikel sagte, spreche für den Standort Kroll-Oper unter anderem, der historische Bezug, dass Hitler hier am 1. September 1939 seine berüchtigte Rechtfertigungsrede zum Überfall auf Polen gehalten habe. Im Konzeptionspapier heißt es, die polnische Regierung habe bei „hochrangigen Gesprächen“ ihre Präferenz für diesen Ort geäußert.

Piotr Cywinski, Leiter des Museums Auschwitz-Birkenau, betonte, in Polen sei die Entstehung des Gedenkortes mit großen Hoffnungen und Emotionen verbunden. „Die zivilen Opfer Warschaus im Zweiten Weltkrieg waren zahlreicher als alle zivilen Opfer Frankreichs, Belgiens und Großbritanniens zusammen“, sagte Cywinski. Wenn jetzt in Deutschland eine neue Sicht entstünde, sei das nur zu begrüßen.

Das Konzept der Expertenkommission wird nach der Wahl vom 26. September dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt.

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