Folge des russischen Angriffskriegs

Bericht: Rüstungsimporte nach Europa stark gestiegen

Ein ukrainischer Soldat steht vor einem Schützenpanzer des Typs Marder bei einem Besuch von Bundesverteidigungsminister Pistorius bei der Panzertruppenschule im niedersächsischen Munster. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist diese zum drittgrößten Waffenimporteur weltweit geworden. Auch Deutschland liefert Waffen an die Ukraine. (Archivbild)

Ein ukrainischer Soldat steht vor einem Schützenpanzer des Typs Marder bei einem Besuch von Bundesverteidigungsminister Pistorius bei der Panzertruppenschule im niedersächsischen Munster. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist diese zum drittgrößten Waffenimporteur weltweit geworden. Auch Deutschland liefert Waffen an die Ukraine. (Archivbild)

Stockholm. Die vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöste Zeitenwende schlägt in Europa mit voller Kraft auf den Rüstungsmarkt durch. Die Einfuhren schwerer Waffen wie Panzer, Kampfjets und U-Boote nach Europa stiegen im Vergleich der vergangenen beiden Fünfjahreszeiträume um 47 Prozent an - die europäischer Nato-Staaten sogar um 65 Prozent. Dies geht aus einem Bericht hervor, den das Friedensforschungsinstitut Sipri aus Stockholm am Montag veröffentlichte. Die Ukraine stieg in Folge des russischen Überfalls im Februar 2022 zum drittgrößten Importeur von Rüstungsgütern weltweit auf.

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Weltweit nahm das Volumen der Rüstungslieferungen zwischen Staaten dagegen um 5,1 Prozent ab. Die USA bleiben Branchenprimus, Deutschland bleibt einer der fünf größten Lieferanten. Sipri-Forscher Pieter Wezeman sagte: „Auch wenn die Waffentransfers weltweit zurückgegangen sind, sind diejenigen nach Europa aufgrund der Spannungen zwischen Russland und den meisten anderen europäischen Staaten stark gestiegen. Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine wollen europäische Staaten mehr Waffen importieren - und das schneller.“

„Auch wenn die Waffentransfers weltweit zurückgegangen sind, sind diejenigen nach Europa aufgrund der Spannungen zwischen Russland und den meisten anderen europäischen Staaten stark gestiegen“, sagte der Sipri-Forscher Pieter Wezeman. „Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine wollen europäische Staaten mehr Waffen importieren - und das schneller.“ Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der von diesen Staaten importierten Waffen stammten laut dem Bericht aus den USA, 5,1 Prozent aus Deutschland.

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Deutschland ist drittgrößter Waffenlieferant der Ukraine

Sipri geht es bei den Daten traditionell um langfristige Trends. Schaut man jedoch nur auf die Entwicklung von 2021 zu 2022, dann haben sich die europäischen Rüstungsimporte im Jahresvergleich fast verdoppelt. Der Hauptgrund dafür sind laut Wezeman die Importe der Ukraine nach dem russischen Einmarsch im Februar 2022: Nachdem das Land seit seiner Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 kaum Rüstungsgüter aus dem Ausland eingeführt hatte, wurde es 2022 wegen der Militärhilfen aus den USA und Europa zum drittgrößten Importeur weltweit hinter Katar und Indien.

Im langfristigeren Zeitraum 2018 bis 2022 steht die Ukraine mit einem Anteil von 2,0 Prozent an den globalen Rüstungseinfuhren auf Platz 14 unter den Importstaaten. Ihr drittgrößter Waffenlieferant hinter den USA und Polen ist dabei Deutschland.

Europa reagiert auf stark gestiegene Bedrohung durch Russland

„Vor 2022 gab es kaum Waffenlieferungen an die Ukraine. Sie lagen auf einem sehr niedrigen Niveau - vor allem, wenn man ihre Größe und die Tatsache bedenkt, dass sie sich seit 2014 im Krieg befindet“, sagte Wezeman der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei der eine Teil, der sich deutlich verändert habe. „Der andere Teil ist, dass europäische Staaten in den vergangenen zehn Jahren, insbesondere seit 2014, erheblich auf die aus ihrer Sicht sehr stark gestiegene Bedrohung durch Russland reagiert haben.“ Die zunehmende Nachfrage durch die meisten europäischen Länder dürfte die Importzahlen in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch viel stärker prägen.

Die USA und Russland sind seit Jahrzehnten die weltweit dominierenden Waffenlieferanten. Doch ihr Abstand zueinander wächst: Während die USA mit einem auf 40 Prozent angestiegenen Anteil weiter die absolute Nummer eins unter den Rüstungsexporteuren sind, ging derjenige von Russland deutlich auf 16 Prozent zurück. Da Frankreich auf Rang drei starke Zugewinne auf 11 Prozent verzeichnete und deutlich mehr ausstehende Großaufträge hat als Russland, hält man es bei Sipri nicht für ausgeschlossen, dass es Russland künftig überholen könnte.

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Boris Pistorius: Müssen Bundeswehr auch für Schutz Osteuropas ausrüsten
Jan Christian Kaack und Boris Pistorius beim Antrittsbesuch des Verteidigungsministers auf dem Marinestützpunkt Eckernförde. Eckernförde, 21.02.2023 *** Jan Christian Kaack and Boris Pistorius during the Defense Ministers inaugural visit to Eckernförde Naval Base Eckernförde, 21 02 2023 Foto:xT.xSkupinx/xFuturexImage

Die Länder hätten "nackte Angst und wissen auch wovor", sagte er in Anspielung auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Russische Rüstungsexporte gehen zurück

Das Volumen der russischen Rüstungsexporte sank im Vergleich der Zeiträume 2013-2017 und 2018-2022 um 31 Prozent, besonders stark dabei in den Jahren 2020 bis 2022. Die Forscher glauben, dass sich dieser Trend wegen des Ukraine-Kriegs fortsetzen wird: Russlands Streitkräfte benötigten die Waffen zum einen selbst, zum anderen dürfte die Nachfrage aus anderen Ländern wegen der Sanktionen gegen Russland und des zunehmenden Drucks des Westens auf diese Staaten gering bleiben.

Komplettiert werden die fünf größten Rüstungsexporteure weiterhin von China und Deutschland. Das deutsche Exportvolumen ging dem Bericht zufolge im Fünfjahresvergleich um 35 Prozent zurück, womit die Bundesrepublik nun einen Anteil von 4,2 Prozent an den globalen Rüstungsexporten hat - nach 6,1 Prozent im Zeitraum davor. Staaten im Nahen Osten waren die größten Abnehmer deutscher Rüstungsgüter.

Verzögerungen bei Großprojekten

„Bei Deutschland haben wir solche Schwankungen schon zuvor gesehen. Das hängt oft mit einer relativ kleinen Zahl an größeren Aufträgen für Marineausrüstung zusammen, besonders für U-Boote und Fregatten“, sagte Wezeman. Bei mehreren Großprojekten habe es Verzögerungen gegeben, etwa bei U-Boot-Lieferungen an die Türkei, Israel und Singapur. „Darauf basierend wäre es nicht verwunderlich, wenn die deutschen Rüstungsexporte wieder steigen würden.“

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Die Friedensorganisation Greenpeace sieht Deutschlands Rolle auf dem Rüstungsmarkt kritisch. „Deutschland zählt weiterhin zum Kreis der fünf weltweit größten Waffenlieferanten, das bleibt ein Skandal“, sagte Abrüstungsexperte Alexander Lurz. Die Bundesregierung müsse sich diplomatisch für Mäßigung einsetzen. „Weitere Lieferungen von Kampfpanzern, Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen befeuern weiter global Krisenherde“, monierte Lurz.

Die Sipri-Daten beziehen sich auf das Volumen der Waffenlieferungen, nicht auf deren finanziellen Wert. Da das Volumen von Jahr zu Jahr je nach Auftragslage stark schwanken kann, legt das unabhängige Institut den Fokus eigentlich auf Fünfjahreszeiträume statt auf Einzeljahre. Bei der Ukraine machten sie diesmal kriegsbedingt eine Ausnahme.

RND/dpa

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