„Viel steht auf dem Spiel“: Baerbock verurteilt Russlands atomare Drohgebärden scharf
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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) spricht vor der UN-Generalversammlung in New York. (Archivbild)
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New York. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat zum Auftakt der Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags (NVV) am Montag in New York eine Rede gehalten. Dabei hat sie die Einhaltung des Vertrags als „grundlegende Verpflichtung der Menschheit“ bezeichnet.
Dazu führte Baerbock eine Anekdote an, die sie bei ihrem Besuch in Japan im vergangenen Monat erlebt habe. Ein 82-jähriger Überlebender des nuklearen Angriffs der USA auf die Stadt Nagasaki sei dabei an sie herangetreten und habe ihr von seiner Erfahrung berichtet. Er habe ihr von dem „gleißenden Licht“ bei der Explosion der Atombombe erzählt, von seinen Freunden und Angehörigen, die unmittelbar oder Jahre später an Krebs verstorben seien. „Sorgen Sie dafür, dass die Menschheit nie wieder von Atomwaffen gepeinigt wird“, zitierte Baerbock den Auftrag, den der Mann ihr mitgegeben haben soll.
Außenministerin Baerbock ruft Griechenland und Türkei zu Deeskalation auf
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Türkei und Griechenland aufgerufen, ihren Streit um Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer im Dialog zu lösen.
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Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gehe es nun um die Glaubwürdigkeit des Atomwaffensperrvertrags, warnte Baerbock. „Ein Mitglied des Sicherheitsrats verstößt gegen die UN-Charta und greift einen Nachbarn an. Ein Land, das Atomwaffen an Russland abgetreten hat“, sagte Baerbock. Zudem habe das Russland seit Beginn der Invasion wiederholt mit dem Einsatz von Kernwaffen gedroht und „alles gefährdet, was der NVV in fünf Jahrzehnten erreicht hat“. Der Atomwaffensperrvertrag stehe deshalb vor einer unsicheren Zukunft.
Baerbock: „Viel steht auf dem Spiel für uns, aber noch mehr für die künftigen Generationen“
„Wir sind hier, um die regelgestützte Weltordnung zu verteidigen“, sagte Baerbock. Der NVV sei nicht „nur ein Stück Papier“, sondern verkörpere „einige der grundlegenden Verpflichtungen der Menschheit“. Man müsse dafür Sorge tragen, dass Kernwaffen nie wieder eingesetzt werden. „Viel steht auf dem Spiel für uns, aber noch mehr für die künftigen Generationen“, mahnte Baerbock an.
Dazu gelte es laut Baerbock vier Punkte besonders zu verfolgen. Zunächst müsse das Engagement für den Atomwaffensperrvertrag unterstrichen werden, so die deutsche Außenministerin. Das sei eine Frage der Glaubwürdigkeit. Russland habe die regelbasierte Weltordnung angegriffen, deshalb müsse nun gegen Verstöße vorgegangen werden.
Zudem solle der Weg der nuklearen Abrüstung beschritten werden. Es brauche bessere Kommunikation und Dialog, um Eskalationen zu vermeiden. Das werde aber nur funktionieren, „wenn alle Atomwaffenstaaten glaubwürdige Schritte tun“. Russland tue das Gegenteil, auch das chinesische Arsenal wachse weiter.
Nicht zuletzt forderte Baerbock für den Kampf gegen die Verbreitung weitere Anstrengungen ein. Insbesondere hatte sie dabei das iranische Atomprogramm im Blick und rief das Land dazu auf, dieses einzustellen. Zudem appellierte sie an die Mitgliedsstaaten des NVV, weitere Polarisierungen zu überwinden. Staaten im globalen Norden und Süden sollten gleiches Gewicht bekommen.
Blinken wirft Russland „gefährliches nukleares Säbelrasseln“ vor
US-Außenminister Antony Blinken seinerseits hat Russland vorgeworfen, seine Atomwaffen für rücksichtlose Kriegsdrohungen einzusetzen. Frühere Äußerungen von Kremlchef Wladimir Putin, wonach militärische Hilfe für die Ukraine beispiellose Folgen haben könne, seien „gefährliches nukleares Säbelrasseln“, sagte Blinken am Montag in New York. Die Aussagen stünden im Widerspruch zu internationalen Vereinbarungen. „In unserer Welt ist kein Platz für nukleare Abschreckung auf der Grundlage von Gewalt und Einschüchterung oder Erpressung. Wir müssen zusammenstehen, um dies abzulehnen.“
Das mehr als 50 Jahre alte Abkommen über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV), dem 191 Staaten beigetreten sind, bildet die Grundlage für atomare Abrüstung weltweit. Es besagt, dass nur die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien Atomwaffen besitzen dürfen. Die vier anderen mutmaßlichen Atommächte Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea sind dem Vertrag entweder nicht bei- oder wieder ausgetreten. Ziel des Vertrags ist es, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, nukleare Abrüstung voranzutreiben und die friedliche Nutzung von Kernenergie zu fördern.
Baerbock zu Taiwan: Überfall würde nicht akzeptiert
Angesichts internationaler Spannungen mit China im Konflikt um Taiwan hat Baerbock Peking vor einer Eskalation gewarnt. „Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt - und das gilt natürlich auch für China“, sagte Baerbock am Montag vor ihrer Rede bei den UN in New York. Mit Blick auf den „brutalen russischen Angriffskrieg“ gegen die Ukraine sei es wichtig, klar zu machen, dass die Weltgemeinschaft solches Verhalten nicht akzeptiere.
Die Spannungen hatten zuletzt wegen eines möglichen Taiwan-Besuchs der Vorsitzenden im US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, zugenommen. Die 82-Jährige ist momentan auf Asienreise und will nach Singapur auch Malaysia, Japan und Südkorea besuchen. Offen blieb weiterhin, ob die Spitzenpolitikerin trotz Warnungen aus China auch nach Taiwan reisen würde. Peking hatte den USA für diesen Fall mit Konsequenzen gedroht. Eine Visite der Nummer Drei der USA wäre der ranghöchste US-Besuch in Taipeh seit Jahrzehnten.
Pelosi hat schon länger vor, Taiwan zu besuchen, um ein Zeichen gegen die Drohungen aus Peking zu setzen. Chinas kommunistische Führung betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab. Hingegen versteht sich das 23 Millionen Einwohner zählende Taiwan seit langem als unabhängig.
RND/sic/dpa
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