Millionen-Nachlass für die AfD – Zweifel an Rechtmäßigkeit des Erbes
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Auf einem AfD-Parteitag hängt ein Plakat mit dem Schriftzug „Alternative für Deutschland“. (Symbolbild)
© Quelle: Stefan Sauer/dpa/Archivbild
Mehr als 10 Millionen Euro schwer ist die bisher größte Einzelspende, die eine Partei in Deutschland erhielt. Das Vermögen entstammte dem Nachlass Reiner Strangfelds, der im Jahr 2018 komplett an die AfD vermacht wurde. Doch laut eines Berichts des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ gibt es nun Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zuwendung an die rechtspopulistische Partei. Die AfD könnte damit den Anspruch auf das Erbe verlieren.
Denn der aus dem niedersächsischen Bückeburg stammende Strangfeld könnte psychisch sehr krank gewesen sein. Das zumindest legen Dokumente aus seinem Nachlass nahe, die das Magazin auswerten konnte. Gleich elf Kisten mit Gerichtsakten, Unterlagen, Fotos und anderen Papieren hat Strangfeld demnach hinterlassen. Die AfD hatte an diesem Teil des Nachlasses scheinbar kein Interesse.
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Strangfeld verdiente laut des Berichts als Erfinder sein Millionenvermögen: Insbesondere in seiner Zeit bei der Firma DAL, wo er unter anderem die Druckspülung entwickelte, die insbesondere hierzulande großen Erfolg hatte. Doch die vielen Patente, die er als Ingenieur anmeldete und die ihm viel Geld einbrachten, führten demnach ab den 1980er-Jahren zu vielen juristischen Auseinandersetzungen. Und Strangfeld selbst sei mehr und mehr in eine Art Parallelwelt abgerutscht, schreibt der „Spiegel“.
Der AfD-Millionen-Spender wurde mit den Jahren wohl immer wirrer
„Der Erfinder sah bald überall Gegner, die ihm unrecht taten“, so der Bericht. Demnach habe er Gerichtsverfahren gegen DAL geführt, erboste Briefe an das Finanzministerium geschrieben wegen der Steuern und sich sogar an den Discounter Aldi gewendet, wenn Produkte vergriffen waren, die er erwerben wollte. Zudem begann Strangfeld damit, etwa Telefonate heimlich aufzunehmen. All die Unterlagen und Mitschnitte bewahrte Strangfeld laut des Berichts in den Kisten seines Nachlasses auf.
Dabei habe er nach und nach immer mehr rassistische Gedanken und einen Verschwörungsglauben entwickelt, der sich stark von seinem zuvor weltoffenen Leben unterschied. So war er der Meinung, dass Deutschland zur „Unheimat“ geworden sei, zitiert der Spiegel. Zudem wetterte er gegen Ausländer und Juden. In einem Telefonat mit einer FDP-Abgeordneten sagte Strangfeld demnach, „dass ‚die deutsche Frau‘ seit 50 Jahren darauf gepolt sei, ‚dass der Deutsche Scheiße ist und der Neger der Gute‘“.
Ebenfalls ist dokumentiert, dass der Erfinder bei der Bundestagswahl 1998 zumindest die Absicht hatte, seine Stimme für die rechtsextreme und nicht mehr existierende Deutsche Volksunion (DVU) zu geben. 15 Jahre später dann wollte er offenbar die NPD wählen.
Zwei Einweisungen in die Psychiatrie
Schon kurz nach der Wahl 1998 sei Strangfeld von seiner damaligen Lebensgefährtin und seinem Zwillingsbruder in die Psychiatrie eingewiesen worden, weil sich sein Zustand massiv verschlechtert habe. Dort sei er stark aggressiv aufgetreten und habe das Personal sowie andere Patienten bedroht. Zudem habe er seine Erkrankung nicht akzeptiert. Nach nur acht Tagen sei er wieder entlassen worden.
Strangfelds Wahnvorstellungen sollen sich im Anschluss nicht gebessert haben, seien im Gegenteil noch schlimmer geworden. Ein Amtsgericht verfügte 2006 erneut seine Einweisung in eine Psychiatrie, der Beschluss wurde jedoch nur wenige Tage später wieder aufgehoben und der Millionär entlassen.
War Strangfeld überhaupt testierfähig?
Laut des „Spiegel“ ist über Freunde Strangfelds nichts bekannt. Auch Verwandte, die einen tatsächlichen Anspruch auf sein Erbe haben könnten, gebe es offenbar nicht. So ging das Millionenerbe an die AfD, der er seinen Nachlass im Jahr 2018 – nur gut zwei Wochen vor seinem Suizid im Juli 2018 – per Testament vermachte. Sollten doch noch Verwandte gefunden werden, könnte die Partei das Vermögen wieder verlieren. Teile von Sprangefelds Nachlass bestanden aus Goldbarren und -münzen, die er in seinem ganzen Haus versteckt hielt.
Anhand der Dokumente aus dem Nachlass des Erfinders erhebt das Nachrichtenmagazin Zweifel an der Testierfähigkeit Strangfelds zum Zeitpunkt, als er seinen letzten Willen verfasste. Insbesondere in den letzten Jahren seines Lebens habe Strangfeld immer isolierter gelebt und sich von allem abgekapselt. Trotz der langen Krankenakte und Auffälligkeiten des Millionärs erklärte das Bückeburger Nachlassgericht sein Testament nach Prüfung jedoch für gültig.
RND/sic