Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt: Das war eine überfällige Entscheidung
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Menschen, die aufgrund von Kämpfen zwischen den Taliban und afghanischen Sicherheitskräften aus ihrer Heimat geflohen sind, sitzen in einem Lager im Bezirk Daman südlich von Kabul.
© Quelle: Sidiqullah Khan/AP/dpa
Brüssel. Nun also doch: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan ausgesetzt. Das ist eine überraschende Nachricht. Und sie ist gut. Es wäre komplett verantwortungslos gewesen, Menschen in ein Land zurückzuschicken, das von einer Mörderbande überrannt wird.
Allerdings muss sich Seehofer fragen lassen, warum er so lange gebraucht hat, um diese Entscheidung zu treffen. Die Frage geht auch an SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Auch er war bis zuletzt auf Seehofer Abschiebekurs.
Seehofer wollte es offenbar nicht wissen
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist dramatisch. Die radikal-islamischen Taliban sind drauf und dran, das Land zu übernehmen. Das konnte wissen, wer es wissen wollte. Seit Mitte April schon, als die Entscheidung fiel, dass die internationalen Truppen Afghanistan bis zum Ende des Sommers verlassen werden. Diese Gelegenheit würden sich die Taliban nicht entgehen lassen.
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Seehofer wollte es offenbar nicht wissen. Oder er wusste es und hat sich entschieden, ein populistisches Spielchen zu treiben.
Dabei ist die Zahl der Abgeschobenen irrelevant klein. In diesem Jahr waren es bis jetzt in der ganzen EU gerade einmal 1200 Flüchtlinge, die nach Afghanistan zurückkehrten. Davon gingen 1000 Menschen freiwillig, nur 200 wurden unter Zwang abgeschoben.
Den Menschen in Afghanistan hilft zynische Politik nicht weiter
Seehofers Argumentation, wonach ein Abschiebestopp noch mehr Menschen in Afghanistan motivieren werde, sich in Richtung Europa aufzumachen, ist falsch.
Aber es ist Wahlkampf, und Seehofer glaubte offenbar wirklich, dass er in Deutschland ein paar Stimmen einsammeln kann, wenn er nur Härte zeigt.
Das mag ihm vielleicht sogar gelingen. Den Menschen in Afghanistan hilft diese zynische Politik aber nicht weiter. Hunderttausende sind in Lebensgefahr. Die Repräsentanten des Landes, das fast 20 Jahre Krieg in Afghanistan geführt hat, haben die moralische Pflicht, diesen Menschen zu helfen.