Demos in Dutzenden Städten: wer zum Jahrestag des Angriffskriegs auf die Straße geht
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Mit Friedensfahnen gegen die Unterstützung der Ukraine. So demonstrierten in der vergangenen Woche Tausende gegen die Münchner Sicherheitskonferenz. Unter den Demonstranten waren auch zahlreiche Verschwörungsideologen und Rechtsextreme. Auch rund um den Jahrestag des russischen Angriffskriegs am 24. Februar sind bundesweite Proteste angekündigt.
© Quelle: IMAGO/aal.photo
Berlin. Der Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine sorgt auch für zunehmende Aktivitäten auf deutschen Straßen: Bundesweit ist rund um den 24. Februar eine Vielzahl an Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen angekündigt. In rund 50 Städten haben proukrainische Organisationen zu Solidaritätsaktionen aufgerufen. In Köln wird unter anderem NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprechen, in Berlin Grünen-Parteichef Omid Nouripour.
Zudem wollen Friedensinitiativen in rund 20 Städten unter dem Motto „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“ demonstrieren. Hinter diesen Protestaktionen steht ein Bündnis aus der klassischen Friedensbewegung.
Doch auch Rechtsextreme zieht es auf die Straße: In Dresden wollen am Freitag Akteure wie Pegida und die AfD-Landesverbände Sachsen, Thüringen und Brandenburg protestieren. Sie schreiben sich dabei das alte Motto der linken westdeutschen Friedensbewegung auf die Fahnen: „Frieden schaffen ohne Waffen“. Vielen derer, die sich dort versammeln werden, dürfte es jedoch eher um Solidarität mit dem Aggressor Russland gehen als um eine Ablehnung des Krieges. Als Redner ist auch der rechtsextreme Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke angekündigt.
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Der Leipziger Kulturwissenschaftler Alexander Leistner spricht von „drei Protestmustern“, die alle mit dem Oberbegriff „Frieden“ hantierten: Die Ukraine-Solidaritätsdemos kämpften dafür, dass „die russische Aggression aufhört“, bei den klassischen Friedensbewegten blieben Bild und Adressat „diffus“, und schließlich sei „aus den Corona-Protesten, aus Gruppen der extremen Rechten und rechtsoffenen Rändern der Friedensbewegung heraus das Friedensthema neu besetzt“ worden.
Schwarzer, Wagenknecht und Vad mobilisieren nach Berlin
Und dann ist da noch die Großkundgebung von Alice Schwarzer, Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und dem Ex-Bundeswehr-Brigadegeneral Erich Vad, die am Samstag am Brandenburger Tor in Berlin stattfinden soll. Schwarzer und Wagenknecht hatten zuletzt eine Petition gegen Waffenlieferungen initiiert, die am Mittwoch fast 600.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner hatte. Mit der Petition riefen sie auch zur Kundgebung in Berlin auf.
Doch für diesen Protest kündigen sich nicht nur klassisch-friedensbewegte Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Bei der Veranstaltung könnte es zur bisher größten „Querfront“ zwischen linken und radikal rechten Gegnern einer militärischen Unterstützung der Ukraine kommen. Wagenknecht betonte im Vorfeld, dass auch AfD-Sympathisanten nicht ausgeschlossen seien. Jeder, „der ehrlichen Herzens für Frieden und gegen Waffenlieferungen demonstrieren möchte“, sei willkommen. „Was wir nicht dulden werden, sind rechtsextreme Flaggen, Embleme und Symbole.“
AfD-Politiker und andere Rechtsextreme wollen mit demonstrieren
Auch rechtsextreme Akteure rufen dementsprechend zur Teilnahme an der Kundgebung auf. So etwa das vom Verfassungsschutz beobachtete rechtsextreme „Compact-Magazin“. Auch Influencer aus der Corona-Leugner-Szene und bekannte Verbreiter russischer Kriegspropaganda mobilisieren nach Berlin.
Vorwürfe, die Kundgebung sei „rechtsoffen“, bezeichnete Wagenknecht trotzdem als „schwachsinnig“. Im Vorfeld hatten mehrere Erstunterzeichner des „Manifests für den Frieden“ ihre Teilnahme an der Demo abgesagt. Wer sich für Frieden einsetze, müsse sich klar von nationalistischen und menschenfeindlichen Personen und Gruppen abgrenzen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Theologin Margot Käßmann und des Bundessprechers der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Jürgen Grässlin.
Von Flucht, Hoffnung und einem neuen Leben in Deutschland
Ein Jahr lang steht die Zeit für unzählige Ukrainerinnen und Ukrainer still. Einige können trotzdem schon wieder Hoffnung für die Zukunft schöpfen.
© Quelle: RND
AfD-Chef Tino Chrupalla ließ gegenüber dem RND offen, ob er selber zur Demonstration kommen wird. Er betonte aber: „Wenn unsere Mitglieder an der Friedensdemo am 25. Februar teilnehmen wollen, werden wir sie nicht daran hindern.“
Der sachsen-anhaltische Landesvize Hans-Thomas Tillschneider, einer der lautesten Russland-Verteidiger in der AfD, kündigte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) seine Teilnahme an der Wagenknecht-Demonstration an. Noch am Montag sagte der vom Verfassungsschutz beobachtete Landtagsabgeordnete auf einer Kundgebung in Magdeburg: „Wenn wir eine Regierung haben, die gegen uns Krieg führt, dann führen wir Krieg gegen diese Regierung.“
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Kriegsparteien können nicht „an den Verhandlungstisch gezwungen werden“
Der Philosophieprofessor Thomas Kater fordert ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine eine Friedensperspektive. „Wir müssen über diesen konkreten Krieg hinausdenken“, sagt er. Zugleich kritisiert er ein moralisches Schwarz-Weiß-Denken.
Der Berliner Landesverband der Linken erklärte, man stehe „solidarisch an der Seite der ukrainischen Bevölkerung“, und rief zu einer Mahnwache am Freitag vor der russischen Botschaft auf. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) teilte zudem auf Twitter den Aufruf für die Demonstration der ukrainischen Organisationen am Freitagnachmittag.
Polizeigewerkschafter: Verbot des Z-Symbols konsequent durchsetzen
Auch die Polizei bereitet sich bundesweit auf die Versammlungen zum Jahrestag des russischen Angriffs vor. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, rechnet mit einem stärkeren Zulauf zu proukrainischen als zu prorussischen Protestaktionen.
„Ein Aufeinandertreffen beider Seiten wird in jedem Fall hochemotional“, sagte Kopelke dem RND. „Man wird versuchen, lautstark auf die Gegenseite einzuwirken. In genau diesem Spannungsfeld steht die Polizei, um ihrem Auftrag – dem Schutz der Versammlungsfreiheit – nachzukommen“, erklärte er. „Im Speziellen setzen wir das Verbot des Z als Symbol des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in Versammlungen und im Kontext des Tages konsequent durch.“
Ein besonderes Augenmerk werde die Polizei auf Unterkünfte geflüchteter Ukrainerinnen und Ukrainer legen müssen, sagte Kopelke. „Hier besteht das größte Provokationspotenzial für prorussische Versammlungen. Das erfordert besonderes Fingerspitzengefühl der Versammlungsbehörden.“