Nach Amoktat in Hamburg: Wer sind die Zeugen Jehovas?
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Der „Wachtturm" ist eine religiöse Zeitschrift der Zeugen Jehovas.
© Quelle: picture alliance/dpa
Hamburg. Bei Schüssen während einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas in Hamburg sind mehrere Menschen getötet und weitere Personen verletzt worden. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um ein ehemaliges Mitglied. Wer genau sind die Zeugen Jehovas?
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Was glauben die Zeugen Jehovas?
Bei den Zeugen Jehovas handelt es sich um eine christliche Gemeinschaft mit eigener Bibelauslegung. Die Anhänger glauben an Jehova als „allmächtigen Gott und Schöpfer“ und sollen sich strengen Vorschriften unterwerfen. Sie erkennen Jesus Christus als Erlöser und Sohn Gottes an, allerdings glauben sie nicht, dass Jesus der allmächtige Gott ist. Die Zeugen Jehovas sind davon überzeugt, dass eine neue Welt bevorsteht und sie als auserwählte Gemeinde gerettet werden.
Wann und von wem wurden die Zeugen Jehovas gegründet?
Die streng organisierte Gruppe wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts von dem Geschäftsmann Charles Taze Russell (1852-1916) in den USA gegründet. Unter dem Nazi-Regime war die Glaubensgemeinschaft verboten und wurde verfolgt. Die Leitungsinstanz der Zeugen Jehovas ist die „Weltzentrale“ in New York. Das Gremium besteht derzeit aus acht Männern. Darunter sind hierarchisch mehrere Komitees organisiert.
Wie viele Mitglieder haben die Zeugen Jehovas in Deutschland und weltweit?
Weltweit haben die Zeugen Jehovas etwa acht Millionen Mitglieder. Die deutsche Gemeinschaft mit weniger als 200.000 Mitgliedern gehört zu den größten in Europa.
Sind die Zeugen Jehovas gefährlich?
Grundsätzlich handelt es sich um eine friedliche Glaubensgemeinschaft ohne extremistische Züge. Allerdings müssen Aussteigerinnen oder Aussteiger der Gruppe mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen. Da Mitglieder viel Zeit in ihrer Gemeinschaft verbringen, droht einer Aussteigerin oder einem Aussteiger der Zusammenbruch des sozialen Umfelds. Immer wieder berichten Betroffene, dass sie nach dem Austritt von Freunden und auch der Familie ignoriert werden oder der Kontakt vollständig abgebrochen wird.
Schüsse bei Zeugen Jehovas in Hamburg: Täter offenbar selbst unter den Toten
In der Hansestadt waren am Donnerstagabend Schüsse gefallen. Nach Angaben der Polizei wurden mehrere Menschen getötet.
© Quelle: Reuters
Wie finanzieren sich die Zeugen Jehovas?
Die Zeugen Jehovas finanzieren sich eigenen Angaben zufolge ausschließlich durch freiwillige Spenden über Spendenkästen in Gebäuden der Glaubensgemeinschaft oder Onlinespenden. Von Mitgliedern werde demnach nicht erwartet, eine bestimmte Summe ihres Einkommens zu spenden.
Warum klingeln die Zeugen Jehovas an Haustüren?
Das Missionieren gehört zu den Zeugen Jehovas wie die regelmäßigen Zusammenkünfte. Dazu klingeln sie an Haustüren. Meistens sind sie zu zweit unterwegs, um Menschen von ihrer Glaubensgemeinschaft zu überzeugen. Die Gruppe begründet das mit dem Missionsauftrag, den auch Jesus Christus laut Bibel hatte.
Was lehnen die Zeugen Jehovas ab?
Dem Staat stehen die Zeugen Jehovas distanziert gegenüber. An Wahlen nehmen sie aus religiösen Gründen nicht teil. Übermäßiger Alkoholgenuss, Tabak und das Feiern nach dem christlichen Festkalender werden ebenso abgelehnt wie Bluttransfusionen. Dabei berufen sie sich unter anderem auf einen Vers im 1. Buch Mose („Nur Fleisch mit seiner Seele – seinem Blut – sollt ihr nicht essen“). Die Religionsgemeinschaft lehnt zudem Homosexualität ab. Mitglieder feiern auch keine Geburtstage, weil sie glauben, dass Geburtstagsfeiern heidnische Ursprünge haben. In der Bibel sei außerdem keine Geburtstagsfeier eines Christen erwähnt.
Zeugen Jehovas glauben an den Weltuntergang
Die Zeugen Jehovas haben keine bezahlten Geistlichen. Ihre Gottesdienste finden in „Königreichssälen“ statt. Ihre wichtigsten Publikationen sind „Der Wachtturm“ und „Erwachet!“. Die Zeugen Jehovas glauben an einen bald bevorstehenden Weltuntergang.
RND/nis/dpa