Aufräumarbeiten dauern an

Paderborn nach dem Tornado: Verwüstung, die fassungslos macht

Paderborn: Ein Baum liegt auf einem Haus.

Paderborn: Ein Baum liegt auf einem Haus.

Paderborn. Heiner Wortmann steht zwischen Ästen und Dachziegeln auf der Straße. Er blickt hoch zu den Dachdeckern, die gegenüber bereits emsig ein abgedecktes Dach ausbessern. „Ich bin entsetzt, so etwas habe ich noch nie erlebt. Das Haus ist gerade erst aufwendig saniert worden, nun ist alles wieder kaputt“, sagt der 82-Jährige. Es ist Tag eins nach dem Tornado, der Paderborn am Freitag traf. 43 Menschen wurden dabei laut Stadt verletzt, darunter 13 schwer.

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Seit 60 Jahren lebt Wortmann mit seiner Frau im Wohngebiet entlang der Riemekestraße in Paderborn, wo das Unwetter am Freitagnachmittag gegen 17.15 Uhr durchgezogen war und große Zerstörungen hinterlassen hatte. Überall entwurzelte Bäume, abgedeckte Dächer, umgeknickte Zäune, zertrümmertes Glas – beschädigte Autos stehen am Straßenrand.

Aufräum- und Reparaturarbeiten nach Tornados beginnen

Die Aufräumarbeiten nach Tornados in drei NRW-Städten werden noch länger dauern. In Paderborn wohnen einige Betroffene vorerst im Hotel.

Sein Haus, in dem er sich zum Zeitpunkt des Unwetters aufhielt, ist kaum betroffen. „Nur ein paar Dachpfannen“, sagt Wortmann und will nicht klagen: „Wenn ich etwas jünger wäre, würde ich selbst aufs Dach klettern und den Schaden reparieren.“ Am meisten bekümmert sei er, dass im nahe gelegenen Riemekepark fast alle alten Bäume zerstört wurden. „Die waren zum Teil 150 Jahre alt.“

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„Bäume umgeknickt wie Streichhölzer“

In der Feuerwache Süd beschreibt Bürgermeister Michael Dreier (CDU) unterdessen seine Eindrücke von den Zerstörungen: „Im Riemeke-Park sind sprichwörtlich die Bäume umgeknickt wie Streichhölzer. Es sind unzählige Dächer komplett mit den Pfannen entdacht worden. Es sind viele Scheiben eingeschlagen worden durch den Wind.“ Im Herzen der Stadt seien Ampeln umgeknickt. Rund um das Quellgebiet der Pader seien unzählige Dächer und Scheiben zerstört, Wohnungen unbewohnbar.

Michael Lohl kehrt vor seinem Haus Scherben und Äste zusammen. Sein dreijähriger Enkel Leo spielt währenddessen mit dem Roller. „Wir waren gestern zu Hause. Unser Enkel war zu Besuch. Plötzlich wurde es stockdunkel, als der Tornado kam. Nach ungefähr einer Minute war alles vorbei. Unvorstellbar“, schildert er das Szenario. Dann habe er noch einem Verletzten geholfen, der vor seinem Haus gegen die Mauer geschleudert worden war. Auf der Rückseite sei ein Baum auf seine Terrasse gekracht.

Menschenrettung geht vor

Entlang der Riemekestraße stehen viele Handwerkerautos. Das Wetter hat sich am Samstag beruhigt, die Sonne scheint. Schaulustige sind nur wenige zu sehen. Feuerwehrmann Florian Brandt schickt seine Leute mal hierhin, mal dorthin. „Die Einsätze werden in der Leitstelle und im Stab koordiniert und priorisiert. Das Wichtigste ist immer zuerst die Menschenrettung. Dann müssen wir dafür sorgen, dass die Rettungswege freigeräumt werden. Etwas ähnliches habe ich mal nach einem Unwetter in Mülheim an der Ruhr gesehen“, sagt er. „Aber das hier ist noch schlimmer.“

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NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) spricht am Samstag bei einem Paderborn-Besuch von einer Schneise der Verwüstung und einem kleinen Wunder, „dass Stand jetzt niemand zu Tode gekommen ist bei diesen großen Schäden“. Als er am Freitagabend erste Tornado-Videos gesehen habe, sei sein erster Gedanke gewesen, dass man das eigentlich nur aus den USA kennt. Die Zerstörungen hierzulande zeigten einmal mehr, dass mit häufigeren Extremwetter-Ereignissen gerechnet werden müsse, dass man darauf vorbereitet sein müsse.

Schulen müssen teilweise geschlossen bleiben

Etwa 300 Meter breit und fünf Kilometer lange ist laut kommunalen Behörden die Schneise der Verwüstung quer durch die Großstadt. Hilfsangebote und -gesuche versucht die Stadt telefonisch über eine Info-Hotline zu koordinieren. Hunderte Einsatzkräfte und viele freiwillige Helfer packen an, wie Dreier beschreibt. Allerorten wird aufgeräumt, gehämmert und repariert. Aber die Beseitigung der Schäden braucht Zeit. Daher teilt die Stadt am Sonntag mit, dass fünf Schulen ganz oder teilweise vorerst geschlossen bleiben – denn es könne noch kein sicherer Zugang zu den Gebäuden gewährleistet werden.

Seinen Lotto- und Tabakgeschäft hatte Wolfgang Hölscher am Freitag noch geöffnet, als der Sturm kam. Durch das Fenster des Geschäfts konnte der 64-Jährige alles beobachten. „Geregnet hat es kaum. Aber der Tornado war deutlich zu erkennen. Er sah so ähnlich aus wie ein Eishörnchen.“ Dachziegel, Styroporteile, Äste und leichtere Teile von Zäunen seien nach oben gesaugt worden, erzählt Hölscher am Tag danach. Er weiß auch genau, wie lange es dauerte: „Um 17.14 Uhr ging es los. Nach einer Minute und 27 Sekunden war alles vorbei.“

RND/dpa

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