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Gefahr durch Feinstaub

Feuerwerk extrem: So schlecht war die Luft am Neujahrstag wirklich

Feuerwerk an Silvester in Köln.

Feuerwerk an Silvester in Köln.

Lange Schlangen bei Discountern, Baumärkten und Fachgeschäften wenige Tage vor Silvester. Nach zwei Jahren Corona-Pause gab es diesmal einen regelrechten Ansturm auf das Feuerwerkssortiment in den Läden. So hoch wie in diesem Jahr sei die Nachfrage nach Feuerwerk schon lange nicht mehr gewesen, berichtet unter anderem der Betriebsleiter einer Handelshof-Filiale der „Landeszeitung“ in Lüneburg (LZ). Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) rechnet mit einem Umsatz von rund 120 Millionen Euro. Das ist etwa so viel wie vor der Corona-Pandemie.

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Während der Pandemie war der Verkauf von privatem Feuerwerk verboten, um die Krankenhäuser nicht zusätzlich mit Verletzungen durch Böller und Raketen zu belasten. Doch gegen das Silvesterfeuerwerk werden auch immer wieder Umweltbedenken vorgebracht. Laut Umweltbundesamt werden jedes Jahr etwa 2050 Tonnen Feinstaub durch Feuerwerkskörper freigesetzt. Der Großteil davon entfällt auf die Silvesternacht. Das Einatmen von Feinstaub gefährdet laut der Behörde die Gesundheit und beeinträchtigt unter anderem die Atemwege.

Umwelthilfe: „bittere Bilanz“ der Silvesternacht

Die Deutsche Umwelthilfe sprach am Neujahrstag von einer „bitteren Bilanz“ der Silvesternacht. „Unsere Befürchtungen wurden von der Realität noch übertroffen“, so Jürgen Resch in einer Mitteilung der Umweltorganisation. So sei die Feinstaubbelastung in München mit 627 µg/m³ (die WHO-Empfehlung liegt bei max. 45 µg/m³) um 911 Prozent höher gewesen als im Vorjahr. In Bremen-Dobben zeigten offizielle Messstellen einen Anstieg um 415 Prozent auf 237 µg/m³ an, in Frankfurt (Höchst) betrug der Anstieg 382 Prozent auf 250,5 µg/m³, ebenfalls im Vergleich zum Vorjahr. Ein Plus von 205 Prozent gab es in Berlin (Messstelle Frankfurter Allee) auf 302 µg/m³. Die Belastungen für die Umwelt durch den mit Rückständen verunreinigten Müll seien enorm, so die Deutsche Umwelthilfe.

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Es handelt sich dabei um den maximalen Stundenwert. Die Umweltorganisation betont, dass sowohl eine langfristige Feinstaubbelastung als auch die kurzfristige Belastung mit sehr hohen Konzentrationen, wie durch Pyrotechnik, gesundheitsschädlich sei.

Der Stundenmittelwert der Feinstaubkonzentration um ein Uhr 
an Neujahr 2023.

Der Stundenmittelwert der Feinstaubkonzentration um ein Uhr an Neujahr 2023.

Umweltbundesamt: Grenzwert an 38 Messstationen überschritten

Anders als die Deutsche Umwelthilfe ermittelt das Umweltbundesamt (UBA) den Tagesmittelwert für die Feinstaubbelastung. Denn dieser Wert darf in Deutschland nicht öfter als 35-mal im Jahr 50 µg/m³ überschreiten. Zum Verständnis: Aus dem Stundenwert gehen kurze Maximalbelastungen hervor, aus dem Tagesmittelwert die durchschnittliche Feinstaubbelastung über den gesamten Tag. Bei viel Wind sinkt im Tagesverlauf die Feinstaubbelastung und damit auch der Tagesmittelwert. Wie das UBA dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mitteilte, wurde dieser Tageswert von 50 µg/m³ an 38 Messstationen überschritten. Das entspricht 11 Prozent der Stationen in Deutschland.

Die Belastung durch Feinstaub war in der Silvesternacht zwar hoch, aber nach Einschätzung des Umweltbundesamts nicht höher als früher. „Die Feinstaubbelastung am Neujahrstag 2023 entspricht einer ‚typischen‘ Belastung, wie sie auch in den Vorjahren – ohne Corona-Beschränkungen – auftrat“, heißt es auf RND-Nachfrage.

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Der Tagesmittelwert der Feinstaubkonzentration am 1. Januar 2023 in Deutschland.

Der Tagesmittelwert der Feinstaubkonzentration am 1. Januar 2023 in Deutschland.

Mit 1943 µg/m³ hat das Umweltbundesamt den höchsten Stundenwert um ein Uhr in Mainz gemessen. Dort wurde auch der höchste Tagesmittelwert mit 239 µg/m³ ermittelt. Dieser sei „typisch für die Jahreswechsel ohne Corona-Beschränkungen“.

Hohe Feinstaubbelastung vor allem im Süden Deutschlands

Die Feinstaubbelastung durch Silvesterfeuerwerk war an diesem Neujahrstag regional sehr unterschiedlich ausgeprägt: „Vor allem im Süden Deutschlands kam es zu Überschreitungen des Tagesgrenzwertes“, heißt es vom Umweltbundesamt. Denn während es im Norden und in der Mitte von Deutschland sehr windig war und der freigesetzte Feinstaub dadurch schnell verteilt wurde, herrschte im Süden vielerorts Flaute.

In Nord- und Mitteldeutschland traten nach Angaben des Umweltbundesamts zwar nach Mitternacht ebenfalls hohe Feinstaubkonzentrationen auf. Doch bis vier Uhr morgens hatte sich die Feinstaubbelastung dort „normalisiert“. Im Süden hingegen blieb die hohe Belastung länger „hängen“.

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Feinstaubbelastung in Niedersachsen „auffällig“

Und es gibt noch eine weitere Auffälligkeit: Nach ein Uhr stieg im Nordwesten von Niedersachsen die Feinstaubbelastung entgegen der Entwicklung in anderen Teilen Nord- und Mitteldeutschlands an. Das Umweltbundesamt führt dies auf „Transportprozesse aus Westen“ zurück. Der Wind hat also Feinstaub des Silvesterfeuerwerks in den Niederlanden nach Deutschland gebracht.

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