Sicherungsverwahrung im Fall Münster: das einzig richtige Mittel
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/NV3B3QIQQJF4LF766AU264LEWU.jpeg)
Der Hauptangeklagte Adrian V.
© Quelle: Guido Kirchner/dpa pool/dpa
Münster. Das Gericht muss sichergehen: Adrian V., der seinen Ziehsohn und andere Kinder jahrelang missbraucht hat, sie dazu zum schweren Missbrauch wie Ware angeboten hat, soll sich nie wieder an einem Kind vergehen können. Und so hat das Münsteraner Landgericht am Dienstag den Hauptverdächtigen im Missbrauchskomplex nicht nur für seine Taten zu einer hohen Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt, sondern auch eine darüber hinausgehende Sicherungsverwahrung angeordnet. Es ist das letzte Mittel, ein Freiheitsentzug, der über die Haftstrafe hinausgeht, wenn alle anderen Mechanismen zu versagen drohen. Der Fall in Münster zeigt, wie wichtig dieses drastische Instrument ist.
Denn der 28-jährige Hauptangeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt. Schon im Januar 2016 und Juli 2017 wurde er zu Freiheitsstrafen wegen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischen Materials verurteilt – in beiden Fällen allerdings nur auf Bewährung. Vor Gericht äußert sich sein Therapeut positiv über ihn und seine Therapiefortschritte. Und obwohl das Jugendamt eingeschaltet wurde, obwohl die Opfer Eltern, Verwandte, Freunde haben, in die Schule gehen, hat Adrian V. seiner pädophilen Neigung weiter nachgeben und sie noch steigern können. Er baute ein Netzwerk im Darknet und per Messenger-App auf, um Kinder wie seinen Ziehsohn gemeinsam mit über 50 weiteren Tatverdächtigen zu missbrauchen.
Er wusste, dass er das Falsche tat – und tat es trotzdem immer wieder
1,2 Millionen Gigabyte an Daten von Festplatten, auf denen massenhaft Filme von den grauenvollen Taten der Männer zu sehen waren, werten die Ermittlerinnen und Ermittler noch immer aus. Zwischen November 2018 und Mai 2020 vergewaltigte Adrian V. den Sohn seiner Freundin, bot ihn zu Missbrauch an, verging sich auch an anderen Kindern. Die Männer nahmen die Kinder, die sie missbrauchten, nicht mehr als Kinder, als Menschen oder gar Schutzbedürftige wahr, sondern als Material, als Teil eines „Büfett“, wie Gerichtsreporter aus den Dialogen im Film berichten. Adrian V. verschlüsselte als IT-Experte seine Datenträger gut, um sich vor Strafverfolgung zu schützen. Er wusste, dass er Falsches tat. Er tat es trotzdem. Immer wieder.
Es ist kein überraschendes Urteil in diesem Fall, der die Öffentlichkeit seit dem Juni 2020 beschäftigt. Auch die Prozesse zu den Fällen in Lüdge und Bergisch-Gladbach, die beiden anderen schweren Missbrauchsfälle in Nordrhein-Westfalen aus den vergangenen Jahren, haben zu hohen Haftstrafen mit anschließender Sicherungsverwahrung für die Täter geführt. Insgesamt haben sich 2020 laut Bundesjustizministerium 524 Menschen in Sicherungsverwahrung befunden. Gerichte greifen also nur selten zu dieser drastischen Maßnahme, die nötig ist, wenn der Schutz der Öffentlichkeit über dem Freiheitsrecht des Verurteilten steht. Wenn der Schutz wichtiger ist als die mögliche Resozialisierung des Einzelnen.
Mit der Sicherungsverwahrung schützt das Gericht Kinder
Straftäter haben ein Recht auf Resozialisierung. Es ist wichtig, dass sie nach ihrer abgebüßten Haftstrafe wieder einen Weg in die Gesellschaft finden, begleitet durch ein starkes Sozialsystem. Erst die Eingliederung in die Gesellschaft mit einem im Idealfall festen sozialen Netz kann verhindern, dass sie auf alte kriminelle Strukturen zurückfallen. Doch gilt dies nur, wenn es auch absehbar ist, dass dadurch die Allgemeinheit, und in diesem Falle zu schützende Kinder, nicht gefährdet sind. Wenn die Prognose positiv ist.
Dem Landgericht fällt es schwer zu glauben, dass Adrian V. nach seiner Entlassung nicht mehr seiner pädophilen Neigung nachgehen wird, heißt es von Gerichtsreportern. Mit dem Antrag zur Sicherungsverwahrung nach der Haftstrafe gehen die Richterinnen und Richter auf Nummer sicher.