Schlafender Ehefrau in Kopf geschossen: Mann zu 13 Jahren Haft verurteilt
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In Göttingen ist ein Mann zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte seiner Ehefrau in den Kopf geschossen (Symbolbild).
© Quelle: David-Wolfgang Ebener/dpa
Göttingen. Wegen des Mordes an seiner Frau in Einbeck (Kreis Northeim) hat das Landgericht Göttingen einen 51 Jahre alten Mann zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt.
Die Kammer berücksichtigte bei dem Urteil am Samstag, dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Angeklagte bei der Tat erheblich alkoholisiert und damit nicht voll schuldfähig war. Der Mann hatte nach Überzeugung des Gerichts seine auf dem Sofa schlafende Ehefrau im April 2020 vorsätzlich mit einer Pistole erschossen. Das Mordmerkmal der Heimtücke sei erfüllt. Außerdem wurde der Deutsche wegen unerlaubten Waffenbesitzes verurteilt.
Der Prozess am Landgericht Göttingen dauerte mehr als ein Jahr. Immer wieder reichte die Verteidigung neue Beweisanträge ein - auch als die Staatsanwaltschaft schon plädiert hatte - und verlängerte dadurch das Verfahren. Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine lebenslange Haftstrafe plädiert. Die Verteidigung beantragte zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung und illegalen Waffenbesitzes.
Der Mann hatte der Anklage zufolge nach der Tat im April 2020 behauptet, seine Frau aus Versehen getötet zu haben. Er habe nach dem Schuss selbst den Notruf gewählt und etwas davon gemurmelt, dass er beim Reinigen seiner Pistole versehentlich seine Frau erschossen habe. Zum Tatzeitpunkt sei der Mann so betrunken gewesen, dass er von einem Arzt für haftunfähig erklärt und in ein Krankenhaus gebracht worden sei. Die Ermittlungen und kriminaltechnischen Untersuchungen hätten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft dann aber zahlreiche Indizien hervorgebracht, die für einen Tötungsvorsatz sprachen.
Aktivistinnen begleiteten Prozess
Die Aktivistinnen-Gruppe „Initiative gegen Femizide“ begleitete den Prozess mit Mahnwachen und besuchte die Gerichtstermine. Der Tod der jungen Frau war aus ihrer Sicht nicht nur ein Mord, sondern ein Femizid. Damit ist gemeint, dass eine Frau wegen ihres Geschlechts getötet wird. „Merkmale von Femiziden sind patriarchale Gewalt im Vorhinein, Besitzdenken, Kontrolle oder auch ein Trennungswunsch der Frau“, erklärte eine Sprecherin der Initiative. Oft würden solche Verbrechen als Beziehungstat bezeichnet. Damit würde die Gewalt verharmlost. Auch der Begriff „Ehrenmord“, der teilweise in der Berichterstattung zum Prozess auftauchte, sei irreführend.
Femizide seien ein strukturelles Problem und hätten ihre Wurzeln im Patriarchat. Die Gruppe legte eine Petition mit bisher rund 250 Unterschriften vor, in der gefordert wurde, die Tat als Femizid zu benennen und entsprechend zu verurteilen. Die Gruppe kritisierte, dass die patriarchale Gewalt, die dem Mordopfer angetan worden sei, keine zentrale Rolle in dem Prozess gespielt habe.
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte im vergangenen Jahr allgemein gesagt, dass es angemessen und notwendig sei, von Femizid zu sprechen, wenn Frauen getötet würden, weil sie Frauen seien. Gewalt gegen Frauen müsse noch klarer benannt und besser erfasst werden, um sie wirksam zu bekämpfen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kündigte im vergangenen Jahr an, Gewalt gegen Frauen strenger bestrafen und dafür auch das Strafgesetzbuch ändern zu wollen.
RND/dpa