E-Paper
Vor dem Landgericht in Halle

Prozess um totes Baby auf Wertstoffhof – Mutter zu Haftstrafe verurteilt

Das Landgericht Halle verurteilte die Mutter zu einer Haftstrafe.

Das Landgericht Halle verurteilte die Mutter zu einer Haftstrafe.

Artikel anhören • 3 Minuten

Das Landgericht in Halle hat am Dienstag eine 38-jährige Frau wegen Totschlags ihres eigenen Kindes zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Der Vorsitzende Richter sah es als erwiesen an, dass die Frau im Dezember 2021 das Mädchen in Halle lebend geboren, in ein T-Shirt eingewickelt und anschließend an einem Wertstoffhof abgelegt hatte. Der Leichnam des Babys wurde Tage später von einer Spaziergängerin entdeckt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die große Kammer ging davon aus, dass die Angeklagte trotz Intelligenz­minderung durchaus die Fähigkeit zur Einsicht gehabt habe. Der Vorsitzende Richter erklärte, dass sie durchaus den Tod mit einkalkuliert habe. Sie hatte demnach keinerlei Verbindung zu dem Kind und wollte es verdrängen.

Verteidigung plädierte für ein Strafmaß von zwei Jahren

Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Totschlags fünf Jahre und sechs Monate Haft gefordert. Die Verteidigung forderte eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und ein Strafmaß von zwei Jahren. Sie deutete bereits an, das Urteil anfechten zu wollen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Angeklagte nahm den Schuldspruch am Dienstag relativ gefasst auf. Schon während des Prozesses hatte sie sich vergleichsweise emotionslos gezeigt.

Todesursache bislang unklar

Die Aufarbeitung des Falles hatte teilweise schockierende Details rund um den Fall an die Öffentlichkeit gebracht. So sei nach wie vor nicht klar, wodurch das Kind letztlich gestorben sei. Durch die Wintertemperaturen zum Zeitpunkt der Ablage ist wahrscheinlich, dass das kleine Mädchen erfror. Allerdings wies der aufgefundene Leichnam Bissspuren von Tieren auf. Ein Gutachter vermutete, dass Füchse für diese verantwortlich waren. Die Tiere hätten demnach den Kopf und Gliedmaßen des Kindes abgetrennt.

Auch die persönlichen Lebensumstände der verurteilten Frau sind teilweise tragisch. Sie lebte in einem emotions- und lieblosen Umfeld ohne jegliche Unterstützung. Der Kindesvater hatte eine Affäre mit der Verurteilten und entzog sich der Verantwortung, als er von der Schwangerschaft Kenntnis erlangte. Die Frau war mit der Situation völlig überfordert, die schließlich in dem Ablegen des eigenen Kindes am Wertstoffhof gipfelte.

Was bleibt, ist ein verstörendes Foto

„Obwohl es gesund und lebensfähig war, musste es sterben“, sagte der Richter in der Urteils­begründung. Dabei hätte es viele Möglichkeiten gegeben, dass das Kind nicht hätte sterben müssen. „Das Ablegen am Wertstoffhof kam einem Todesurteil gleich.“ Es gebe nur ein einziges Foto von dem namenlosen Baby – und das „ohne Kopf und ohne Arm“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der voll besetzte Gerichtssaal schwieg bei den Worten des Richters. Einige zeigten sich erschrocken und erschüttert über die Tragik und die Details der Geschehnisse. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

RND/dpa

Mehr aus Panorama

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken