Kinder sollen zeitnah zurückkehren

Gescheiterte Impfauswanderer: Paraguay verfolgt den Fall gebannt – und irritiert

Anne Maja Reiniger-Egler aus Deutschland hält ein Foto ihrer vermissten zehnjährigen Tochter während einer Pressekonferenz in der Generalstaatsanwaltschaft.

Anne Maja Reiniger-Egler aus Deutschland hält ein Foto ihrer vermissten zehnjährigen Tochter während einer Pressekonferenz in der Generalstaatsanwaltschaft.

Bogota. „Deutsche Mädchen nach Tagen der Suche aufgetaucht. Das Wiedersehen hat in der Provinz Itapua stattgefunden“, schreibt die paraguayische Tageszeitung „ABC“. Damit ist ein Fall zu Ende gegangen, der nicht nur in Deutschland hohe Wellen geschlagen hat, sondern auch in Paraguay und ganz Lateinamerika.

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Denn er steht stellvertretend für die Auswanderungswelle Dutzender, vielleicht sogar Hunderter deutscher Impfgegnerinnen und Impfgegner nach Paraguay, die mit großem lokalen wie internationalen Interesse verfolgt wurde – begleitet von der Frage: Warum gehen Deutsche ein solches Risiko ein? Die mutmaßliche Kindesentziehung eines mit zwei Töchtern in Paraguay untergetauchten Paares berührte die Menschen in Argentinien, Kolumbien und Mexiko ganz besonders. Vielleicht liegt es daran, dass Migration in dieser Region ein besonders großes Thema ist. Aber normalerweise geht es von diesem Teil der Welt in den Norden, in Richtung USA oder Europa. Die Deutschen aber legten die umgekehrte Route ein, in Richtung Südamerika. Die Tageszeitung „Ultima Hora“ hatte eigens unter dem Namen „Deutsche Mädchen“ einen Ticker eingerichtet, unter dem die Leserinnen und Leser die neuesten Entwicklungen abrufen können. Nahezu alle lateinamerikanischen Medien berichten über den Fall.

Kaum ein Tag, an dem in Paraguay nicht neue Nachrichten die Runde machen. Wahrscheinlich war es dieser öffentliche Druck, der das in dem südamerikanischen Land untergetauchte Paar am Ende dazu bewegte, Kontakt zu den Anwälten der Ex-Partner aufzunehmen. „In den vergangenen Tagen gab es mehrere Telefongespräche“, teilten die Anwälte in dieser Woche mit. „Wir suchen nach einer Lösung, um die Kindesentziehung zu beenden.“ Am Donnerstag war es dann so weit: Die Kinder wurden ihren wartenden Elternteilen übergeben, das Drama hat ein glückliches Ende genommen. Rechtsanwalt Ingo Bott rechnet nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur mit einer zeitnahen Rückkehr der beiden Mädchen aus Südamerika nach Deutschland.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten des Paars

Die jüngste Entwicklung hing wohl auch damit zusammen, dass das nach Paraguay ausgewanderte Paar in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Wie für einige der Impfgegner, die relativ kurzfristig nach Paraguay geflohen sind, stellt sich die Situation nicht so einfach dar wie erwartet – und vielleicht von dem ein oder anderen gut bezahlten Auswanderungsberater versprochen.

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Es gibt Fälle, da wurde kompletten Familien – offenbar sehr schlecht beraten – am Flughafen in der Hauptstadt Asunción die Einreise verweigert, eben weil sie nicht geimpft waren und sich in der Zwischenzeit die Gesetze geändert hatten. Die bisweilen schwierigen Lebensumstände in einem fremden Land führen dann zu großen Enttäuschungen: „Sie sind in eine Situation geraten, in die sie nicht hineinwollten“, wird ein Anwalt zitiert. „Wir suchen nach einer Lösung, die die Rechte aller Parteien wahrt und vor allem den Interessen der Kinder Rechnung trägt.“ Die fruchtbaren Gespräche hätten unter anderem dazu geführt, dass die Mutter des einen und der Vater des anderen Mädchens mit ihren Kindern telefonieren konnten.

Unkalkulierbares Risiko in Paraguay

Ein Großteil der Menschen in Paraguay wie auch in Lateinamerika kann ohnehin nicht verstehen, warum deutsche Impfgegnerinnen und ‑gegner ihre ökonomisch wie politisch vergleichsweise sichere Heimat verlassen und sich auf ein unkalkulierbares Risiko in Paraguay einlassen. Dort sind die Einnahmequellen überschaubar, die Kosten allerdings trotzdem hoch. Vor allem dann, wenn die Ersparnisse irgendwann aufgebraucht sind.

Die nach Paraguay ausgewanderten Eltern, der Vater des einen Mädchens und die Mutter des anderen Mädchens, sind in zweiter Ehe miteinander verheiratet. Sie waren im November vergangenen Jahres mit den beiden Kindern ohne die Zustimmung ihrer jeweiligen Ex-Partner nach Paraguay ausgereist. Laut lokalen Medienberichten wollten sie verhindern, dass die Kinder gegen das Coronavirus geimpft werden. Gegen das Paar lag nach Angaben der paraguayischen Staatsanwaltschaft ein über die internationale Polizeibehörde Interpol verbreiteter Haftbefehl vor. Am Ende wurde dieser Druck zu groß, die Eltern stellten sich, übergaben die Mädchen, die nun auf dem Weg nach Hause sind. In eine deutlich sicherere Zukunft.

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Mit Material der dpa

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