Panne bei Notrufnummern in Frankreich - Berichte über Todesfälle
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Die französischen Notrufnummern waren teilweise nicht erreichbar (Symbolbild).
© Quelle: Diarmid Courreges/AFP/dpa
Paris. Justine Gaumet hat einen nervenaufreibenden Mittwoch erlebt. Das Fieberthermometer zeigte 40 Grad bei ihrem 18 Monate alten Sohn an. Als er sich zu krümmen begann, beschloss sie, einen Krankenwagen zu rufen. Doch bei der entsprechenden Telefonnummer war kein Durchkommen. „Ich habe es wohl ein dutzend Mal versucht – mit immer demselben Ergebnis.
Über Stunden waren alle Notrufnummern massiv gestört
„Man beginnt sich zu fragen, was man tun soll, vor allem mit so einem Kleinen“, erzählte die Französin später einigen Medien. Da wusste sie bereits, dass nicht nur sie betroffen war, sondern eine Panne beim staatlichen Telekom-Anbieter Orange, einstmals France Télécom, alle Notruf-Nummern, darunter die der Krankenwagen, der Feuerwehr und der Polizei, über Stunden massiv störte.
Es handelte sich allerdings nicht um einen kompletten Ausfall. Von Mittwochnachmittag bis zu Donnerstag in den frühen Morgenstunden waren 20 bis 30 Prozent aller Anrufe und mehrere Regionen des Landes und auch die Überseegebiete betroffen. Justine Gaumet fand schließlich im Internet eine zwischenzeitlich geschaltete alternative Nummer. Man konnte sich um ihr Kind kümmern, bereits am Donnerstag fühlte sich der Junge erkennbar besser.
Nicht alle Fälle gingen glimpflich aus
Aber nicht in allen Fällen ging es so glimpflich aus. Ein zweieinhalb Jahre altes Kind starb am Donnerstag und auch für einen 63 Jahre alten Mann, der einen Schlaganfall erlitten hat, soll die Nothilfe zu spät gekommen sein. Der Zusammenhang mit der technischen Panne ist noch nicht eindeutig erwiesen, aber der Regierung zufolge könnte es drei oder vier Todesfälle gegeben haben - auch auf der Insel La Réunion.
Die Erschütterung ist groß. Während man sich in den Notruf-Zentralen über die plötzlich deutlich weniger klingelnden Telefone wunderte, konnten etliche Menschen keine Hilfe erreichen. Die Störungen seien „schwerwiegend und inakzeptabel“, reagierte Innenminister Gérald Darmanin, der den Chef des Konzerns, Stéphane Richard, zu sich zitierte. Schließlich stehe Orange im Dienst des öffentlichen Interesses.
Premier Castex: „Man wird die Ursachen feststellen“
Eine externe Untersuchung werde eingeleitet. Wenige Stunden später entschuldigte sich Richard in den Mittagsnachrichten für den folgenschweren Ausfall. „Selbst wenn nur ein einziger Anruf nicht durchkommt, ist das sehr schlimm, weil es das Leben eines Menschen in Gefahr bringen kann“, sagte er. Sogar Präsident Emmanuel Macron reagierte und sagte er, er sei „sehr beunruhigt“ über die Situation.
Premierminister Jean Castex versicherte am Freitagmorgen, die Dinge seien wieder in Ordnung gebracht. „Man wird ganz klar die Ursachen dieser Ereignisse feststellen und vor allem Mittel einsetzen, damit sie sich nicht wiederholen.“
Es war keine Cyberattacke
Noch laufen die Untersuchungen nicht nur über die Zahl der möglichen Opfer, sondern auch über die Hintergründe. Orange zufolge lag der Panne keine Cyber-Attacke zugrunde, auch gab es keinen Zusammenhang mit Wartungsarbeiten. Nicht alle Anrufe wurden blockiert, manche gingen durch – die Störungen seien „wahllos und unvorhersehbar“ gewesen, sagte Fabienne Dulac, Generaldirektorin von Orange. Klar lokalisieren ließen sie sich nicht. „Durch diese heterogene Situation war es schwierig, die Panne anzugehen.“
Nicht weniger als 400 Ersatz-Nummern wurden provisorisch eingesetzt. Doch die Nutzer, oft in Panik, mussten diese erst finden – nicht alle waren dabei so reaktiv wie Justine Gaumet.