Nackte Babyleiche am Straßenrand: 26-Jährige verheimlichte ihre Schwangerschaft
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Blumen, Kerzen und Plüschtiere stehen an einer Stelle am Straßenrand im Stadtteil Lichtenhagen, wo am ein unbekleideter toter Säugling gefunden wurde.
© Quelle: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/
Rostock. Im Fall des toten Säuglings, der nackt am Straßenrand in Rostock-Lichtenhagen abgelegt wurde, sind neue Details bekannt geworden: Die 26 Jahre alte Mutter des Babys soll dem Jugendamt der Hansestadt bereits seit mehreren Jahren bekannt gewesen sein. Ihre erneute Schwangerschaft habe sie nach Informationen der "Ostsee-Zeitung" (OZ) aber sowohl den Ämtern als auch der eigenen Familie bis zum Schluss verschwiegen.
Am Sonnabend gegen 15 Uhr hatte eine Spaziergängerin die Leiche des Babys im Stadtteil Lichtenhagen entdeckt. Für das kleine Mädchen, das laut ersten Untersuchungen der Rostocker Rechtsmedizin bei der Geburt noch gelebt hatte, kam aber jede Hilfe zu spät. Keine 24 Stunden später nahm die Kripo eine 26-jährige Rostockerin fest. Sie soll, so Oberstaatsanwalt Harald Nowack, das Kind neben einer Tischtennisplatte wenige hundert Meter vom späteren Fundort entfernt zur Welt gebracht und dann an der Straße abgelegt haben.
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Nachdem die Mutter zunächst selbst medizinisch behandelt werden musste, begab sie sich am Montag in eine stationäre psychiatrische Betreuung. Das Amtsgericht erließ zudem Haftbefehl gegen die Frau – wegen des Verdachts des Totschlags. Der Haftbefehl wurde jedoch gegen strenge Auflage außer Vollzug gesetzt, so Nowack.
Todesursache weiter unklar
Auch am Dienstag konnte der Sprecher der Rostocker Staatsanwaltschaft noch keine Angaben zur genauen Todesursache des kleinen Mädchens machen. „Eine definitive Aussage dazu zu treffen, fällt selbst den Experten der Rechtsmedizin schwer.“ Heißt: Es bleibt weiter offen, ob die Mutter ihr Kind getötet hat oder ob es am Straßenrand verlassen starb. Nur so viel stehe bereits fest: „Es wurden keine Hinweise auf eine äußere Gewalteinwirkung entdeckt“, sagte Nowack der OZ.
Nachdem die 26-Jährige zunächst zu den Vorwürfen und der Tat geschwiegen hatte, habe sie nun gegenüber den Ermittlern angekündigt, sich doch äußern zu wollen. „Allerdings möchte sich die Frau zunächst mit einem Rechtsanwalt beraten“, sagt Nowack. Das sei ihr gutes Recht. Bisher habe sie nur wenige Sätze mit der Kripo gewechselt: „Sie hat unter anderem gesagt, dass sie bei der Geburt allein war.“
Frau war Jugendamt bekannt
Unterdessen bestätigte Rostocks Jugend- und Sozialsenator Steffen Bockhahn (Linke) am Mittwoch, dass die 26-Jährige bereits seit mehr als zwei Jahren dem Jugendamt bekannt gewesen sei. „Wir haben immer wieder den Kontakt zu ihr gesucht, ihr immer wieder auch Hilfe angeboten“, so Bockhahn. Auslöser waren gleich mehrere Hinweise auf „Kindeswohlgefährdung“, denen das Amt nachgegangen sei.
Nach OZ-Informationen hat die Verdächtige bereits ein Kind: einen fünfeinhalb Jahre alten Sohn. „Immer wenn wir Hinweise auf eine Gefährdung von Kindern bekommen, gehen wir denen auch nach“, sagt der Senator. Die Situation der 26-Jährigen und ihres ersten Kindes sei aber nie so gewesen, dass das Amt ihr das Kind hätte weg- und in Obhut nehmen dürfen. Der Sohn lebt nun vorerst bei seinen Großeltern. Dort habe er schon in den vergangenen Monaten die meiste Zeit verbracht.
Schwangerschaft verschwiegen?
Aus dem Rostocker Jugendamt heißt es auch, dass dort von einer erneuten Schwangerschaft der 26-Jährigen nichts bekannt gewesen sei. Die Frau hatte nach Recherchen erst vor wenigen Wochen einen Termin im Amt. Dabei sei den Mitarbeitern aber keine Schwangerschaft aufgefallen. Auch ihrer eigenen Familie und ihrem Umfeld soll sie bis zum Schluss verschwiegen haben, dass sie erneut ein Kind erwartet. Allerdings soll es ihre eigene Mutter gewesen sein, die den Fahndern den entscheidenden Hinweis auf die 26-Jährige geliefert hatte. So jedenfalls hatte es bisher die Staatsanwaltschaft berichtet.
Im Umfeld der 26-Jährigen soll es seit Monaten Probleme gegeben haben: Der Vater des fünfeinhalb Jahre alten Sohnes soll Schwierigkeiten damit gehabt haben, dass die Mutter seines Kindes einen neuen Freund hatte – und von dem ein Kind erwartete. In der ehemals gemeinsamen Wohnung soll es mehrfach zu Auseinandersetzungen gekommen sein – bis hin zu Türen, die eingetreten wurden. Eine Bestätigung der Staatsanwaltschaft gab es dazu aber bis zum Abend nicht.
Kuscheltiere am Fundort
Am Fundort der Babyleiche haben indes Unbekannte Kerzen und Kuscheltiere niedergelegt. Im gesamten Stadtteil, aber auch in den sozialen Medien im Internet ist das Entsetzen über den Fall groß.
Von Andreas Meyer/RND