Australische Kleinstadt kämpfte für tamilische Familie

Nach vier Jahren Einwanderungshaft: Familie Murugappan ist wieder zu Hause

Mutter Priya, Vater Nades und die beiden Töchter Kopika und Tharnicaa Murugappan durften aus der Einwanderungshaft in die australische Stadt Biloela zurückkehren.

Mutter Priya, Vater Nades und die beiden Töchter Kopika und Tharnicaa Murugappan durften aus der Einwanderungshaft in die australische Stadt Biloela zurückkehren.

Canberra. Es wurde gejubelt, umarmt und geküsst: Kaum einer konnte die Tränen zurückhalten – so groß war die Freude in dem kleinen Ort Biloela in Zentral-Queensland, als die Familie Murugappan am Freitag nach vier Jahren Einwanderungshaft wieder in der Gemeinde eintraf. Die Mutter Priya Murugappan bedankte sich bei allen für ihre Hilfe. „Ich und meine Familie sind sehr glücklich“, sagte die Tamilin. „Ich beginne ein neues Leben.“ Nun habe sie wieder die Hoffnung, ihren Töchtern eine bessere Zukunft bieten zu können. Die Tochter Tharnicaa feiert am Sonntag ihren fünften Geburtstag – den ersten in Freiheit.

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Die tamilische Familie hatte vor vier Jahren ein normales Leben in Biloela geführt und war gut in der Gemeinde integriert gewesen, als ihr die volle Härte der australischen Flüchtlingspolitik zuteilwurde. Grenzschutzbeamte klingelten die Familie damals früh am Morgen aus ihrem Haus und transportierten sie in ein Lager für Asylsuchende in Melbourne. Zuvor war das Visum der Mutter abgelaufen und der Antrag des Mannes auf Flüchtlingsstatus abgelehnt worden.

Familie wurde zum Wahlkampfthema

Wenig rechnete die damalige liberalkonservative Regierung unter Scott Morrison – der bei der Wahl Mitte Mai nun eine herbe Niederlage einstecken musste – damit, wie emotional große Teile der ländlichen Gemeinde reagieren würden. Zahlreiche Menschen kämpften über Jahre hinweg für die beiden Tamilen und ihre zwei kleinen Töchter. Das Thema war zum Schluss in der australischen Gesellschaft so emotional aufgeladen, dass es sogar zum Wahlkampfthema wurde.

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Noch als Oppositionsführer versprach der aktuelle Premierminister Anthony Albanese, dass er im Falle eines Wahlsieges dafür sorgen werde, dass die Familie in ihr Zuhause nach Biloela zurückkehren könne. Am Freitag wurde dieses Versprechen nun eingelöst. Wie groß das Interesse in der australischen Gesellschaft an dem Wohlergehen der Familie ist, wurde an diesem Tag erneut deutlich: So wurde die Rückkehr der Familie von etlichen Medien mit Liveblogs begleitet.

„Liebe und Menschlichkeit haben gewonnen“

Bereits als Albanese mit seiner sozialdemokratischen Labor-Partei als Wahlsieger aus den australischen Parlamentswahlen hervorgegangen war, war die Freude bei der tamilischen Asylbewerberfamilie groß gewesen. Videoaufnahmen auf Facebook zeigten damals, wie das Ehepaar sich tränenüberströmt, aber strahlend in die Arme fiel.

Auch die Aktivisten und Freunde der Familie, die vier Jahre dafür gekämpft hatten, die vier wieder zurück nach Biloela zu holen, waren erleichtert gewesen. „Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich die Worte finden kann, um es zu erklären“, sagte Angela Fredericks, eine Freundin der Familie, die federführend in der Unterstützung der Familie war, damals dem australischen Sender ABC. Das gesamte Engagement für die Familie habe sich nun doch noch gelohnt. „Ich denke, am Ende des Tages haben wir Australien gezeigt, dass Liebe und Menschlichkeit gewinnen können und dass die Gemeinschaft gewinnen kann.“ Am Freitag postete Fredericks dann auf sozialen Medien, dass Priya und Nades zwei der stärksten Menschen seien, die sie kenne. „Ihre vierjährige Heimreise nach Biloela ist nur ein Kapitel in ihrer lebenslangen Geschichte von Tapferkeit und Widerstandsfähigkeit.“

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Mehrjährige Odyssee

Priya und Nades, die beiden Eltern, waren 2012 und 2013 unabhängig voneinander aus Sri Lanka geflohen und per Boot nach Australien gekommen. Damit gelten sie nach dem Migrationsgesetz als sogenannte irreguläre Ankünfte auf See. Sie erhielten Überbrückungsvisa, während sie sich in Biloela ansiedelten, wo der Mann in einem Schlachthof arbeitete und Freiwilligenarbeit leistete. 2015 heiratete das Paar. Wenig später kam ihr erstes Kind Kopika zur Welt.

Die zweite Tochter Tharnicaa wurde 2017 geboren. Ein Jahr später wurde die vierköpfige Familie in Einwanderungshaft genommen und sollte abgeschoben werden. Doch dies konnte dank einer gerichtlichen Verfügung gerade noch rechtzeitig gestoppt werden. Stattdessen wurden die vier auf die Weihnachtsinsel gebracht und landeten damit in einem der berüchtigsten australischen Auffanglager für Asylsuchende. Später lebten sie in Perth in sogenannter Community Detention.

Unter der Regierung von Scott Morrison hatte das Innenministerium wiederholt erklärt, dass der Fall der Familie über die Jahre hinweg umfassend geprüft worden sei. Dabei sei fest­gestellt worden, dass sie die Schutzverpflichtungen Australiens nicht erfüllten. Der Fall beschäftigte die Gerichte über Jahre hinweg. Anfang des Jahres errang die Familie dann erstmals einen juristischen Sieg. Damals urteilte ein australisches Gericht, dass die Entscheidung der Bundesregierung, drei Familienmitgliedern die Beantragung weiterer Überbrückungsvisa zu verweigern, „verfahrenstechnisch unfair“ gewesen sei.

Dass die Familie diesen nervenaufreibenden Prozess überhaupt durchstehen konnte, verdankte sie laut der Mutter nur der Unterstützung der Gemeinde in Biloela und der anderen Aktivisten in Australien, die sich unermüdlich für sie einsetzten. „Das hilft mir, die Tränen zu stoppen“, erklärte sie einst.

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