Nach Kollaps in Miami: Wie wird für die Sicherheit von Gebäuden in Deutschland gesorgt?
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In den Trümmern des zwölfstöckigen Gebäudes suchen Einsatzkräfte nach Überlebenden.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Miami. Während die Einsatzkräfte sich in Miami auf der Suche nach Überlebenden noch immer durch die Trümmerberge des Champlain Towers South kämpfen, suchen Experten weiter nach der Ursache für den verheerenden Kollaps des Wohnhochhauses. In der Nacht zum Donnerstag (Ortszeit) war das Gebäude mit 130 Wohneinheiten aus dem Nichts zusammengebrochen. Zwölf Tote wurden aus dem Trümmern geborgen, etwa 150 gelten noch als vermisst.
Das Gebäude in Miami wurde 1981 gebaut – nach 40 Jahren steht in Florida automatisch eine strukturelle Überprüfung des Gebäudes an. Eine eindeutige Ursache für den Zusammenbruch des Betongebäudes wurde nicht gefunden – doch vor drei Jahren und noch einmal ein paar Tage vor dem Kollaps wurde von sich immer schneller entwickelnden strukturellen Schäden an dem Gebäude gewarnt, wie die „Washington Post“ berichtet.
In Deutschland müssen Besitzer ihre Häuser selbst kontrollieren
Wie werden in Deutschland Wohngebäude überprüft? Eine automatische Überprüfung nach 40 Jahren erfolgt in Deutschland nicht, informiert Ilona Klein, Sprecherin des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes auf Nachfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). „Beim Hochbau liegt die Sorgfaltspflicht beim Besitzer.“ So müsse er oder sie mindestens einmal im Jahr das Gebäude begehen und nach möglichen Schäden schauen. Wenn es Erdbeben oder Ähnliches gegeben habe, müsse der Besitzer oder die Besitzerin direkt nach dem Ereignis sein oder ihr Gebäude überprüfen.
Auch in Miami wurde das Gebäude geprüft, 2018 wurden im Vorfeld des 40-Jahre-Zertifikats Mängel festgestellt. Arbeiten am Champlain Towers South hätten bereits stattgefunden, jedoch erst einmal nur am Dach. Weitere Schritte sind laut US-Medienberichten aber geplant gewesen. Laut CNN ist das Gebäude um wenige Millimeter pro Jahr eingesunken. Doch sei dies bei anderen Gebäuden in der Gegend teilweise noch sehr viel später passiert – deshalb hätten Experten keine Gefahr gesehen.
Einfamilienhäuser sollen in Deutschland 100 Jahre halten
„Ich sehe den Grundunterschied vor allem in der Baukultur der beiden Länder“, sagt Klein. So gebe es in Deutschland schon im Vorfeld viele Regularien und DIN-Normen, die beim Bau erfüllt werden müssten. Zwar sei dies etwas, das viele Bauherren ärgere, doch gelte auch: „Diese Normen fallen nicht vom Himmel. Sie werden regelmäßig von Fachleuten geprüft und erweitert.“ Gerade bei Einfamilienhäusern wird die unterschiedliche Bauweise deutlich. Hierzulande wird meist auf Stein gesetzt, dort auf Holz. Gleichzeitig wird bei einem Einfamilienhausneubau eine Langlebigkeit von etwa 100 Jahren erwartet. Das sei in den USA anders. „Dort gibt es eine andere Siedlungskultur. Der Häuserbau musste dort in der Vergangenheit sehr viel schneller gehen“, sagt Klein.
Häufig wird auch in Deutschland berichtet, dass Gebäude aus den Fünfziger- oder Sechzigerjahren abgerissen werden, weil sie so sanierungsbedürftig sind. „Da geht es aber nie um die Statik“, klärt Ilona Klein auf. „In solchen Fällen entsprechen die Gebäude nicht mehr den heutigen Standards, zum Beispiel beim Schallschutz, bei der Energiebilanz oder bei den Grundrissen. Für die Investoren lohnt sich dann häufig eine Gebäudesanierung nicht mehr.“ Deshalb sei ein Neubau dann meist günstiger.
Neue Bauvorschriften in Florida nach Hurricane Andrew
In Florida wurden die Bauvorschriften, die auch besagen, dass Gebäude nach 40 Jahre ein neues Zertifikat erhalten müssen, nach den Erfahrungen mit dem Hurricane Andrew 1992 entwickelt. Der Sturm verursachte verheerende Schäden und zerstörte ganze Siedlungen. Ob die Verantwortlichen in Florida nun die Bauvorschriften noch einmal überarbeiten, will Ilona Klein nicht beurteilen. An der Seefront in Miami steht noch ein zweites baugleiches Gebäude wie Champlain Towers South, das ein Jahr später fertiggestellt wurde. Hier gab es bisher keine Hinweise auf strukturelle Mängel. Dennoch hat die Verwaltung den Bewohnerinnen und Bewohnern eine Evakuierung während der Überprüfung angeboten. Doch laut Zeugenaussagen soll ein Viertel der Bewohner geblieben sein.