Leben in Kanadas 50-Grad-Dorf: „Die meisten bleiben tagsüber im Keller“
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Eine Frau kühlt sich in Vancouver in der kanadischen Provinz British Columbia im Wasser ab.
© Quelle: picture alliance / ZUMAPRESS.com
Lytton. Die Bewohner des kanadischen Lytton in der Provinz British Columbia sind heiße Sommer gewohnt. „Aber das, was wir zurzeit erleben, ist extrem belastend“, sagt Bürgermeister Jan Polderman im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Am Sonntag kletterte das Thermometer in dem 500-Einwohner-Dorf auf 46,6 Grad, die höchste jemals in Kanada gemessene Temperatur. Dieser Rekord wurde am Montag mit 47,9 Grad gleich wieder gebrochen. Und am Dienstag meldete die örtliche Wetterbehörde sogar 49,6 Grad – vier Grad mehr als der bisherige in Kanada gemessene Höchstwert aus dem Jahr 1937.
„Vor der Hitze gibt es kein wirkliches Entkommen“, antwortet Polderman auf die Frage, wie die Menschen in seinem Dorf mit Temperaturen nur knapp unter 50 Grad umgehen. „Sie verhindert unseren normalen Tagesablauf, nach draußen gehen die Menschen nur noch morgens oder am Abend“, sagt der Bürgermeister. Dann, wenn die Sonne hinter den Berggipfeln verschwindet. In dem Dorf wurden außerdem „Cooling Center“, klimatisierte Räume für alle, die Abkühlung suchen, eingerichtet. „Die meisten bleiben tagsüber aber einfach in ihrem Keller.“
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„Wir sehen hier die Fingerabdrücke des Klimawandels“
Grund für die extreme Hitzewelle, die den kanadischen Westen und den Nordwesten der USA zurzeit fest im Griff hat, ist ein sogenannter „Heat Dome“, eine Hitzekuppel. Dabei wirkt die Hochdruckzirkulation in der Atmosphäre wie eine Kuppel, die die brütende Hitze wortwörtlich einfängt. „Wir sehen hier die Fingerabdrücke des Klimawandels und eine neue Normalität“, sagt Michael Palecki von der US-Klimabehörde NOAA. Dass der Klimawandel ursächlich für die neue kanadische Rekordhitze ist, daran hat auch Lyttons Bürgermeister „keinerlei Zweifel“.
Die kurzfristigen Folgen sind für den Menschen verheerend: Allein im Großraum Vancouver, 260 Kilometer südwestlich von Lytton, sind laut dem TV-Sender CBC mehr als 100 plötzliche Todesfälle bei der Polizei gemeldet worden. Extreme Hitze werde in der Mehrzahl der Fälle als Ursache angesehen. „Vancouver hat noch nie eine solche Hitzewelle erlebt, und traurigerweise sterben deshalb Dutzende Menschen“, wird Polizeisprecher Steve Addison zitiert.
Noch keine Hitzetoten in Kanadas heißestem Dorf
Von Todesfällen ist Lytton seines Wissens bislang verschont geblieben, sagt Polderman – „zum Glück“.
Die hohen Temperaturen sind allerdings nicht das einzige, was den insgesamt knapp 2000 Menschen in der Region zu schaffen macht. Wegen der anhaltenden Trockenheit sind Waldbrände ausgebrochen, der Qualm zieht durch Lytton, die Luftqualität sei „sehr schlecht“, wie Polderman sagt.
Immerhin: In den kommenden Tagen soll es in Lytton etwas kühler werden. 36 Grad sagen Meteorologen für den „Canada Day“, den kanadischen Nationalfeiertag am Donnerstag voraus. „Das nehmen wir gerne“, sagt Polderman. An Feiern am Freien sei zumindest tagsüber trotzdem noch nicht zu denken.