Karten für Carson: Kampagne hilft autistischem Kanadier (19)
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Eine Welle der Zuneigung naht: Die Mutter des 19-jährigen Autisten Carson startete mit einem Facebook-Post eine Briefaktion. In den nächsten Tagen dürfte der junge Kanadier von Post aus aller Welt überwältigt werden (Symbolfoto).
© Quelle: Christin Klose/dpa-tmn
Der 19-jährige Kanadier Carson Swazey ist Autist. Er kann nicht lesen, schreiben oder sprechen, aber er hat eine Karten- und Briefkampagne gestartet. Darin geht es ums Geben und um Lebensfreude – und inzwischen hat sie schon die Grenzen Kanadas überschritten, wie die „Washington Post“ jetzt in ihrer Onlineausgabe berichtete.
Swazey wird bald Empfänger einer Flut an ihn adressierter Karten sein, die ihm von Fremden aus aller Welt zugeschickt werden. Dafür hat ein Facebook-Post seiner Mutter Amanda Kinney gesorgt. Die 46-jährige Onkologiekrankenschwester hatte in der Vorwoche mitgeteilt, das ihr Sohn Hilfe bräuchte. Durch einen täglichen Spaziergang mit Hilfspersonal zum örtlichen Postamt, das 15 Minuten entfernt ist, habe er rund 75 Pfund abgenommen. Dort angekommen, öffne er stets seinen persönlichen Briefkasten in der Hoffnung, Briefe zu finden.
Viele Menschen wollen Carson sogar Geschenke senden
„Er hat im Juni einige Karten für seinen Schulabschluss und im Juli für seinen Geburtstag erhalten“, schrieb Kinney. „Es macht ihm Spaß, den Kasten zu öffnen und nach Briefen zu suchen und sie zum Öffnen nach Hause zu tragen. In letzter Zeit gab es allerdings keine Post für ihn.“
Kinney fügte dem Post die persönliche Postfachadresse ihres Sohnes bei. 3000 Mal wurde die Nachricht geteilt, viele Menschen fragten nach Carsons Interessen, um ihm etwas zu schicken.
Die Welle schwappt schon: In den letzten Tagen hat der Teenager etwa 20 Briefe bekommen. Dazu gingen ein Dutzend Geschenkpakete ein – darunter ein Plüschtier, ein handgefertigter Hut und ein Rucksack. Die große Masse an Sendungen wird erst noch anrollen, das Postfach vermutlich nicht ausreichen.
Kinney, die mit ihren vier Söhnen – Carson ist der Zweitälteste – in Alberta lebt, ist gerührt. „Es war einfach wunderschön. Die Menschen sind so freundlich“, sagte sie. „Für mich ist daraus etwas viel Größeres geworden“, schrieb sie weiter. „Hier geht es um das Mitgefühl von Fremden, die meinen Sohn mit Liebe und Respekt umarmen.“
Carson erhielt demnach im Juni einen besonderen Highschoolabschluss, nachdem er ein „Lebenskompetenzprogramm absolviert hatte“. Vor der Pandemie arbeitete er regelmäßig als Freiwilliger in einer örtlichen Lebensmittelstelle, in einer Bibliothek und einem Naturzentrum. Da er seit März wegen der Pandemie nicht mehr arbeiten kann, weiß der 19-Jährige wenig mit seiner Zeit anzufangen.
„Er ist im Haus eingesperrt, und er versteht nicht, warum er nicht dahin gehen kann, wo er normalerweise hingeht“, sagte Kinney. Der Tipp mit dem täglichen Postamtsbesuch kam von ihr – auch, damit der übergewichtige Junge abnehmen könne.
Carsons Mutter: „Ich möchte, dass er gesund ist“
„Als seine Mutter wollte ich immer nur, dass er glücklich ist, und das Essen hat ihn glücklich gemacht“, sagte Kinney der „Washington Post“. „Aber ich möchte, dass er gesund ist. Ich möchte, dass er ein langes Leben vor sich hat. Ich wusste, dass ich es in die Hand nehmen musste, und das habe ich getan.“ Zusätzlich zu seinen regelmäßigen Spaziergängen zum Postamt nimmt Carson seit April eine ketogene Diät ein, die auf kohlenhydratarmer und fettreicher Nahrung beruht.
„Es gibt die falsche Annahme, dass Menschen mit Autismus keine Verbindung suchen. Aber wir wollen uns alle verbunden fühlen“, sagte Kristie Patten, eine Beschäftigungstherapeutin und Professorin an der New York University, die sich auf Störungen des Autismusspektrums spezialisiert hat und ebenfalls plant, eine Karte zu verschicken. „Das wird für ihn einen großen Schub an Selbstwertgefühl bedeuten.“
Die Briefflut dürfte Carsons Postfach überfordern
Die große Masse an Sendungen wird Carson in den kommenden Tage erreichen. Eine Postflut, die Carsons Postfach vermutlich überfordert. Eine „Dosierung“ wäre zu empfehlen, auch damit nicht bald wieder enttäuschte Gänge zum leeren Fach anstehen. Einige der Briefschreiber haben allerdings schon angekündigt, es nicht bei einer einmaligen Sendung belassen zu wollen.
RND/big