Italiens einstiges Königshaus fordert die Kronjuwelen zurück

Die Nachfahren von König Umberto II., darunter Vittorio Emanuele IV., wollen die Kronjuwelen zurück.

Die Nachfahren von König Umberto II., darunter Vittorio Emanuele IV., wollen die Kronjuwelen zurück.

Rom. Sogar Luzifer hatte bei der brisanten Angelegenheit seine Hand im Spiel, oder vielmehr: Falcone Lucifero. Der damalige Minister des königlichen Hauses Savoyen hatte die Kronjuwelen Anfang Juni 1946 im Auftrag des letzten Königs, Umberto II., dem Präsidenten der italienischen Nationalbank zur Verwahrung anvertraut - mit dem schriftlichen Vermerk, „damit sie denjenigen zur Verfügung stehen, die Anspruch darauf haben“. Die Übergabe des Schatzes erfolgte in der Geburtsstunde der italienischen Republik: Drei Tage zuvor hatten die Stimmberechtigten in einer Volksabstimmung die Monarchie abgeschafft. König Umberto II. ging ins Schweizer Exil; sein Vater Vittorio Emanuele III. hatte schon 40 Tage zuvor abgedankt und sich nach Ägypten abgesetzt.

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Seither lagert die Schatulle mit den Kronjuwelen in einem Tresor des Palazzo Koch, dem Sitz der italienischen Nationalbank an der Via Nazionale in Rom. Laut dem „Corriere della Sera“ umfasst der geheimnisumwitterte und jahrzehntelang vergessene Schatz Halsketten, Ohrringe, Diademe und diverse Broschen mit insgesamt 6732 eingearbeiteten Diamanten und rund 2000 Perlen. Der Wert wurde einmal auf rund 300 Millionen Euro geschätzt, was wohl übertrieben ist: Der Juwelier Gianni Bulgari, der 1976 im Auftrag der Nationalbank die mit elf Siegeln gesicherte Schatulle geöffnet und eine eigene Schätzung vorgenommen hatte, sprach anschließend von einem Wert „von einigen Millionen Euro“. Aber immerhin.

„Wir fordern nur die Rückgabe des privaten Besitzes der Familie“

Genug jedenfalls, um die Begehrlichkeiten der königlichen Nachkommen zu wecken. Vittorio Emanuele IV., Maria Gabriella, Maria Pia und Maria Beatrice, die vier Kinder von Umberto II., sowie sein ältester Enkel Emanuele Filiberto wollen die Klunker nun zurück haben. Die Forderung wurde bereits kurz vor Weihnachten ein erstes Mal erhoben; die Anwälte der italienischen Nationalbank wiesen sie als „nicht akzeptabel“ zurück. Doch die Savoyer geben nicht auf. „Wir verlangen nichts zurück, was den Italienern gehört, wir fordern nur die Rückgabe des privaten Besitzes der Familie“, betonte Emanuele Filiberto in diesen Tagen gegenüber dem „Corriere della Sera“.

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Das Ex-Königshaus hat angekündigt, den italienischen Staat und die Nationalbank zu verklagen. Dabei wird es letztlich um die Frage gehen, die schon der königliche Minister Lucifero angetönt hatte: Wer hat Anspruch auf die Kronjuwelen? In der Tat ist seit jeher umstritten, welche Güter und Besitztümer von Königshäusern zum Privatbesitz der königlichen Familie und welche sich dagegen im Besitz der Nation befinden. Tatsache ist jedenfalls, dass die Kronjuwelen vom italienischen Staat nach der Abschaffung der Monarchie nie formell konfisziert worden sind - im Unterschied etwa zu zahlreichen Schlössern, Villen und auch Kutschen und Automobilen.

Italiens angespanntes Verhältnis zu den Nachfahren der Könige

Eigentlich könnte die Frage nach den rechtmäßigen Besitzern längst geklärt sein: Im Jahr 2006 richtete Turin die Olympischen Winterspiele aus und wollte die Kronjuwelen im Rahmen des Großanlasses dem Publikum zeigen. Die Stadtbehörden wandten sich mit der Anfrage an die Nationalbank, den Schatz ausleihen zu dürfen. Das staatliche Geldinstitut wurde damals von einem gewissen Mario Draghi geführt - und dieser wiederum leitete das Anliegen an die Regierung weiter, mit der Bitte um Anweisungen, wie sich die Bank, die den Schatz ja nur aufbewahrte, in der Angelegenheit verhalten solle. Von der Regierung kam nie eine Antwort - und so muss nun Draghi 16 Jahre später seine alte Frage selber beantworten - als Ministerpräsident.

Die Nachfahren der Könige haben mit der Rückforderung der Kronjuwelen in Italien keine neuen Freunde gewonnen: Seit der Gründung der italienischen Republik ist das Verhältnis der Italiener zum Hause Savoyen schwierig: König Vittorio Emanuele III. hatte im Jahr 1922 Mussolinis Machtergreifung mehr oder weniger tatenlos zugesehen und im Jahr 1938 dann auch noch die Rassengesetze des „Duce“ unterzeichnet. Und weil der letzte König Umberto II. die Republik nicht anerkannte, erließ Italien ein Einreiseverbot für alle männlichen Mitglieder der Familie. Das Verbot wurde vom Parlament erst 2002 aufgehoben, nachdem Vittorio Emanuele IV. und sein Sohn Emanuele Filiberto auf jegliche Thronansprüche verzichtet hatten.

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Keine vier Jahre später machte der verhinderte Thronfolger Vittorio Emanuele IV. unschöne Schlagzeilen: Er wurde verhaftet, unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und weil er Prostituierte angeheuert haben soll. Später wurde er freigesprochen.

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