Fahrzeug rast in Berlin in Schülergruppe: Lehrerin getötet, sechs Menschen in Lebensgefahr – Polizei nimmt 29-Jährigen fest
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Abgerissene Autoteile an der Unfallstelle Tauentzienstraße/Ecke Rankestraße. Der mutmaßliche Fahrer des Unfallwagens wird von der Polizei festgehalten.
© Quelle: Jan Sternberg
Auf der beliebten Einkaufsmeile nahe der Berliner Gedächtniskirche ist ein Autofahrer in eine Schülergruppe gefahren. Eine Lehrerin aus Hessen starb, sechs weitere Menschen erlitten letzten Angaben zufolge lebensgefährliche Verletzungen. Hinzu kämen drei Schwerverletzte sowie mehrere Leichtverletzte, sagte ein Feuerwehrsprecher vor Ort.
Insgesamt waren 14 Schülerinnen und Schüler unter den Verletzten, teilte die Polizei am Abend mit. Die Frau sei mit einer zehnten Klasse einer Schule aus dem nordhessischen Bad Arolsen in Berlin gewesen, bestätigte die hessische Landesregierung.
Berichte über ein angebliches Bekennerschreiben, das im Auto gefunden worden sei, dementierte Berlins Innensenatorin Iris Spranger am Nachmittag. „Ein richtiges Bekennerschreiben gibt es nicht“, sagte sie. In dem Wagen seien aber neben Schriftstücken auch Plakate mit Äußerungen zur Türkei gefunden worden. Die genaue Motivation des Fahrers müsse untersucht werden. Eine Polizeisprecherin sagte: „Welcher Art die Äußerungen auf Schriftstücken und Plakaten sind, die im Auto gefunden wurden, prüfen wir noch.“ Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung und die dpa über das angebliche Bekennerschreiben berichtet. Laut der Zeitung soll das Motiv des Fahrers nicht politisch gewesen sein.
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Ein schrecklicher Zwischenfall ereignete sich am Mittwoch rund um die Berliner Gedächtniskirche. Mindestens ein Mensch kam ums Leben, mehrere sind verletzt.
© Quelle: RND/Reuters
SEK-Einsatz in Wohnung des Fahrers
Am Abend durchsuchte die Polizei mit Unterstützung eines Spezialeinsatzkommandos die Wohnung des Fahrers. Den Einsatz im Stadtteil Charlottenburg, über den zuvor die „Bild“-Zeitung berichtet hatte, bestätigte eine Polizeisprecherin. Zudem habe die Polizei Kontakt zur Schwester des Fahrers gehabt, hieß es. Weitere Einzelheiten gab es zunächst nicht.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik sprach am Nachmittag von einem „Tatverdächtigen“, der sich nun im Krankenhaus befinde. Im Moment gebe es keine einschlägigen Erkenntnisse zu einer politischen Motivation. Von einem zufälligen Unfall war in den Stellungnahmen nicht die Rede. Man ermittele wirklich in alle Richtungen, sagte Slowik am Abend im RBB. Psychische Beeinträchtigungen des 29 Jahre alten Fahrers seien zwar nicht auszuschließen, aber alle anderen Hintergründe ebenso wenig. Die Polizei schließe im Moment „gar nichts“ aus.
Bei dem Fahrer handelt es sich laut Polizeiangaben um einen 29 Jahre alten in Berlin lebenden Deutscharmenier, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz. Er sei zuerst von Passanten festgehalten und dann von einem zufällig in der Nähe befindlichen Polizeibeamten festgenommen worden. Der Fahrer war nach dpa-Informationen mit einem Auto unterwegs, das seiner älteren Schwester gehört. Er soll der Polizei bereits wegen mehrerer Delikte bekannt gewesen sein, allerdings nicht in Zusammenhang mit Extremismus.
Schülergruppe betroffen
Nach derzeitigem Kenntnisstand der Polizei sind neben der getöteten Lehrerin 14 Menschen verletzt worden. Bei den Verletzten handele es sich ausschließlich um Menschen aus der Schülergruppe, mit der die Lehrerin aus Hessen in Berlin unterwegs gewesen war, sagte eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochabend. Fünf oder sechs Menschen davon seien lebensbedrohlich verletzt worden, drei weitere schwer verletzt. Wegen der dynamischen Lage schwankten die Angaben noch, hieß es. Die Schüler aus Hessen würden psychologisch betreut, sagte Innensenatorin Spranger.
Polizei nimmt 29-Jährigen vorläufig fest
Mehrere Stunden nach dem Vorfall wurde am Nachmittag das Europacenter zum Teil geräumt. Grund sei die genauere Untersuchung des Autos des Täters, das gegenüber dem großen Einkaufszentrum auf der anderen Seite der Tauentzienstraße stand. Es gehe um eine reine Vorsichtsmaßnahme, falls sich in dem Wagen etwas Gefährliches befinden sollte, so die Polizei.
Fahrzeug rast in Menschenmenge: ein Toter, mehrere Verletzte in Berlin
In Berlin ist ein Fahrzeug Medienberichten zufolge in eine Gruppe von Passanten gefahren. Dabei soll eine Person ums Leben gekommen sein.
© Quelle: Reuters
Ein Feuerwehrsprecher vor Ort informierte, dass der Verdächtige medizinisch versorgt werden muss. Ob er nur psychosozial oder auch physisch verletzt ist, sei nicht bekannt. Cablitz sagte, der Festgenommene befinde sich „unter dem Eindruck der Ereignisse“.
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Am Mittwochvormittag war die Polizei nach eigenen Angaben mit circa 130 Kräften im Einsatz, mit einem Hubschrauber verschafften sich die Beamten einen Überblick aus der Luft. Die Feuerwehr war mit 100 Kräften vor Ort. Das Areal war großflächig abgesperrt. Es waren mehrere Krankenwagen und Polizeiautos vor Ort, Seelsorger kümmerten sich um Zeugen.
Unfallfahrt nahe Gedächtniskirche
Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen fuhr der Mann gegen 10.26 Uhr seinen Renault-Kleinwagen an der Straßenecke Ku‘damm und Rankestraße auf den Bürgersteig des Ku‘damms und in eine Menschengruppe. Dann fuhr er den Angaben zufolge zurück auf die Kreuzung und knapp 200 Meter weiter auf der Tauentzienstraße Richtung Osten. Kurz vor der Ecke Marburger Straße lenkte er den Wagen erneut von der Straße auf den Bürgersteig, touchierte ein anderes Auto, überquerte die Marburger Straße und landete im Schaufenster eines Parfümeriegeschäfts mit der Adresse Tauentzienstraße 16.
Auf einem Foto, das im Internet gepostet wurde, war ein Pkw zu sehen, der im Schaufenster des Geschäfts steht. Eine Sprecherin der Parfümeriekette Douglas bestätigte den Unfall. Es habe im Geschäft keine Verletzten gegeben.
Berliner Polizei: Verbreiten Sie keine Aufnahmen im Netz
Die Berliner Polizei rief dazu auf, keine Bilder vom tödlichen Vorfall an einer Einkaufsstraße zu posten. „Wir bitten Zeuginnen und Zeugen, Hinweise und Mediendateien zum Geschehen #Tauentzienstraße an unser Hinweisportal zu übersenden“, twitterte die Polizei am Mittwochmittag.
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Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte den Betroffenen Unterstützung zu. „Wir werden alles dafür tun, den Betroffenen zu helfen.“ Ebenso werde alles dafür getan, den Hergang aufzuklären. Am Nachmittag machte Giffey sich vor Ort ein Bild von der Lage. Es sei jedoch wichtig, dass zunächst die Verletzten versorgt würden. Zudem brauchten die Angehörigen, die unter Schock stünden, Hilfe und Beistand.
Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sagte: „Wir haben umgehend Notfallbetreuungsteams nach Bad Arolsen geschickt, um den Angehörigen, Mitschülerinnen und Mitschülern sowie den Lehrkräften beizustehen.“ Ein Team aus der Schule sei auf dem Weg nach Berlin, um den Jugendlichen vor Ort sowie ihren Eltern zur Seite zu stehen. „Neben der Aufklärung dieses Vorfalls ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler über die traumatischen Erlebnisse sprechen können.“
Unfall weckt Erinnerungen an 2016
An der Gedächtniskirche auf dem Breitscheidplatz war im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren. Damals starben zwölf Menschen, mehr als 70 wurden verletzt.
Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert.
RND/vkoe/jst/hue/nis/jps/jk/ans/seb/dpa
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