Ende des Alarmzustandes in Spanien: Mallorca hält trotzdem an Ausgangssperren fest
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Nachmittags ist alles paletti: Nachts aber herrscht auf den Balearen indes weiterhin Ausgangssperre. Man will in jedem Fall eine erfolgreiche touristische Sommersaison. Die Jugend begehrt gegen die Restriktionen auf.
© Quelle: Clara Margais/dpa
Damit hatten die deutschen Zechpreller nicht gerechnet: Als sie in der Nacht zum Sonntag ein Lokal in der Innenstadt von Palma verließen, war draußen alles voller Polizei, und sofort nahmen sich einige Beamte der zahlungsunwilligen Touristen an. Eigentlich waren die Polizisten aus einem anderen Grund vor Ort.
Als gäb’s kein Corona: Im inzidenzhohen Madrid wurde die ganze Nacht gefeiert
Denn auf der Plaça d’Espanya hatten am späten Abend rund 300 junge Leute gegen die Corona-Regeln auf Mallorca protestiert und sich dabei mit der Polizei angelegt, die die Demonstranten nach Hause zu schicken versuchte. Während der Rest Spaniens feierte, gab es in Palma Randale. Pech für die Zechpreller.
Auf diesen Samstagabend hatten junge Spanier im ganzen Land lange gewartet. Endlich wurde der Corona-Alarmzustand aufgehoben und mit ihm meistenorts auch die nächtlichen Ausgangssperren. In der Hauptstadt Madrid, die ein halbes Jahr lang nachts hatte schlafen müssen, begann das öffentliche Tanzen, Trinken und Grölen schon vor Mitternacht und zog sich hier und dort bis in den Morgen hin.
Auf Mallorca gilt noch Ausgangssperre – 300 Demonstranten warfen Steine
Auf Mallorca dagegen gilt – mindestens – noch zwei weitere Wochen die Ausgangssperre ab 23 Uhr, das wurde von der Regionalregierung so beschlossen. Den 300 Demonstranten in Palma gefiel das nicht. Manche warfen Steine oder was sie sonst in die Finger bekamen, 16 von ihnen wurden festgenommen.
Es ist eine verkehrte Welt: Madrid gehört mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 130,3 zu den eher ansteckenderen Regionen Spaniens. Wohingegen die Balearen einschließlich Mallorca mit einem Wert von 26,1 zu den ungefährlicheren zählen. Die Balearenregierung will, dass das so bleibt. Deswegen ist sie weiter streng. Sie hat dabei die Sommersaison fest im Blick: Monatelang niedrige Infektionsraten sollen das Aushängeschild der Inseln sein.
Restaurants bleiben weiterhin auf den Außenraum beschränkt
Es sind nicht nur junge Leute, denen das so nicht gefällt, sondern auch einige Restaurant- und Kneipenbetreiber. Die dürfen noch immer nicht die Innenräume ihrer Lokale fürs Publikum öffnen. Die einzige Erleichterung seit diesem Sonntag: Draußen darf jetzt bis 23.30 Uhr an den Terrassentischen konsumiert werden, zuvor war um halb fünf nachmittags Schluss gewesen.
Am Sonntag füllten sich vor allem die Strandlokale. Das war Mallorcas Art, das Ende des Alarmzustands zu feiern. Am Montag wurde es dann auf einmal kühl und begann zu regnen. Ein weiterer schlechter Tag für die Inselgastronomie.
Die rechtliche Debatte beginnt gerade erst
Zwei kleinere Unternehmerverbände melden Protest an: „Seit 15 Monaten erdrosseln uns die wilden Restriktionen der Regionalregierung“, sagte Eugenia Cusí, Sprecherin des Verbandes der kleinen und mittleren Restaurantbetriebe auf Mallorca, gegenüber der Netzzeitung „El Confidencial“. „Es reicht jetzt.“ Ihr gehe es nicht um das ausfallende Geschäft in den kommenden zwei Wochen. Sorgen bereite ihr eine Verwaltung, die Entscheidungen „ohne rechtliche Grundlage“ treffe. Man könne nie wissen, was die Balearenregierung in der Zukunft noch alles beschließen wolle.
Die rechtliche Debatte in dieser Sache beginnt gerade erst – und leider zu spät. Dürfen die Regionalregierungen Grundrechte auch ohne offiziellen Notstand einschränken? Der Obere Gerichtshof der Balearen beschloss in der vorigen Woche mit drei zu zwei Richterstimmen, dies sei angesichts der Corona-Pandemie legal.
Für die Kanaren muss Spaniens Oberster Gerichtshof ran
Die Richterkollegen auf den Kanaren kamen zum gegenteiligen Schluss. Auch auf den Kanarischen Inseln sollte nach dem Willen der dortigen Regionalregierung, trotz Ende des landesweiten Alarmzustands, weiter eine nächtliche Ausgangssperre gelten. Wegen der juristischen Uneinigkeit muss jetzt Spaniens Oberster Gerichtshof ein Urteil in dieser Frage fällen.
Um den sehnlichst erwarteten Touristen ihre Entscheidung für Mallorca leichter zu machen, will ihnen die Balearenregierung eine kostenlose Rückreise im Falle einer Ansteckung auf den Inseln garantieren. Außerdem hat sie einen Höchstpreis für PCR-Tests von 75 Euro festgelegt. Nach jetzigem Buchungsstand sieht es so aus, dass in den kommenden vier Wochen immerhin halb so viele Besucher auf die Inseln kommen werden wie in der gleichen Zeit im Vor-Corona-Jahr 2019. Ein Anfang ist gemacht.