Die schwierige Suche nach dem Motiv: Was über den Angriff in Würzburg bekannt ist

Auch am Samstagmorgen ist der Tatortbereich in Würzburg noch komplett abgesperrt, keiner kommt hinein, schwer bewaffnete Polizisten sichern den Absperrbereich.

Auch am Samstagmorgen ist der Tatortbereich in Würzburg noch komplett abgesperrt, keiner kommt hinein, schwer bewaffnete Polizisten sichern den Absperrbereich.

Würzburg. Nach dem tödlichen Messerangriff in Würzburg ist noch unklar, ob der Täter psychisch verwirrt handelte oder ein islamistisches Motiv hatte - oder ob beides zutrifft. Bei dem Angriff am späten Freitagnachmittag in der Innenstadt hatte es drei Todesopfer und sieben Verletzte gegeben. Der Verdächtige wurde durch einen Schuss der Polizei gestoppt und festgenommen.

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Was wir wissen

Die Tat: Offensichtlich ohne jede Vorwarnung greift der Somalier am Freitag gegen 17 Uhr in einem Kaufhaus am Barbarossaplatz der bayerischen Stadt am Main Menschen mit einem langen Messer aus der Auslage an. Auch in einer gegenüberliegenden Bank und auf der Straße attackiert er der Polizei zufolge Passanten, die er nach bisherigem Kenntnisstand wohl gar nicht kennt. Drei Frauen sterben durch die Stiche. Sieben Menschen werden verletzt, fünf davon lebensgefährlich, darunter ein Kind.

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Die Opfer: Der Frauen im Alter von 24, 49 und 82 Jahren sterben in dem Kaufhaus. Sie wohnten in Unterfranken - in den Landkreisen Main-Spessart und Würzburg und in Würzburg selbst. Zudem verletzt der Angreifer drei weitere Frauen (39, 52, 73), ein Mädchen (11) und einen Jugendlichen (16) lebensgefährlich mit dem Messer sowie einen Mann (57) und eine weitere Frau (26) leicht. Die Elfjährige ist die Tochter der getöteten 49-Jährigen.

Der mutmaßliche Täter: Der Angreifer ist den Ermittlern zufolge 24 Jahre alt und hat die somalische Staatsbürgerschaft. Er ist seit etwas mehr als sechs Jahren in Deutschland. Zuletzt lebt er in einer Obdachlosenunterkunft in Würzburg. Er befindet sich legal in Deutschland, sagen die Behörden. Sein Asylantrag wurde zwar 2016 abgelehnt, aber er erhält subsidiären Schutz - darf also nicht in das afrikanische Land abgeschoben werden. Warum genau er sein Heimatland, in dem seit 30 Jahren Bürgerkrieg herrscht, verließ, ist unklar. Der Polizei war der Mann bereits vor der Attacke bekannt. Nach psychischer Auffälligkeit musste er kürzlich in psychiatrische Behandlung – zwangsweise, wie Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) sagt. Der Bayern-2-„Radiowelt“ sagte er, die bisherigen Auffälligkeiten des Verdächtigen hätten nicht für eine Abschiebung gereicht, da es keine Strafanzeigen gegeben habe. Nach Angaben des LKA Sachsen ist der Tatverdächtige 2015 bei einer körperlichen Auseinandersetzung in einer Asylunterkunft aufgefallen. Die Ermittlungen wurden allerdings eingestellt.

Die Ermittlungen: Die Polizei ist am Tattag mit einem Großaufgebot in der Universitätsstadt präsent. Auch ein Hubschrauber wird eingesetzt. Beamte sind in der Obdachlosenunterkunft unterwegs und sichern Beweise. Hinweise auf einen zweiten Täter haben die Ermittler nicht. Am Samstag übernehmen Landeskriminalamt und Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen von den örtlichen Behörden. Dies ist dann der Fall, wenn eine Amoklage vorliegt. Für einen klaren Terrorangriff wäre allerdings der Generalbundesanwalt zuständig.

Die Ermittlerinnen und Ermittler werten nun die zwei Handys und Schriftmaterial, das Hassbotschaften enthalten soll, des mutmaßlichen Täters aus. Dafür sind sie auf Dolmetscherinnen und Dolmetscher angewiesen.

Was wir nicht wissen

Das Motiv: Diese wohl drängendste Frage ist noch nicht beantwortet. „Es gibt jedenfalls Indizien dafür, dass es sich um einen islamistischen Anschlag handeln könnte“, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schon am Freitag. Er stützt dies auf die Aussage eines Zeugen, wonach der Verdächtige bei der Tat „Allahu Akbar“ (deutsch: „Gott ist groß“) gerufen habe. Am Sonntag bekräftige Hermann bei „Bild live“ noch einmal seine Aussage: „Es spricht sehr viel angesichts dessen, was wir aufgefunden haben, dafür, dass es sich um eine islamistisch motivierte Tat handeln könnte.“ Ob dies aber das Hauptmotiv war oder ob der psychische Zustand des Mannes im Vordergrund stand, ist bisher unklar. Dschihadisten und Salafisten benutzen den Ausdruck „Allahu Akbar“ oft wie einen Schlachtruf. Damit kapern die Extremisten die zentrale religiöse Formel des Islam, die seit Jahrhunderten von Muslimen weltweit benutzt wird.

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Am Dienstag teilen Generalstaatsanwaltschaft München und Landeskriminalamt dann mit, dass die Ermittler in der Unterkunft des Messerstechers bisher keine Hinweise für ein islamistisches oder extremistisches Motiv entdeckt haben. „Bislang sind beim Tatverdächtigen noch keine Hinweise auf Propagandamaterial oder sonstige extremistische Inhalte gefunden worden“, heißt es. Das Ermittlungsverfahren dauere aber an.

Die Vorgeschichte: Der Mann ist seit seiner Einreise nach Deutschland im Mai 2015 bereits mehrfach in Erscheinung getreten. Einmal soll er ein Messer geschwungen haben - dabei sei aber niemand verletzt worden, heißt es von der Polizei. Etwa vor zwei Wochen habe er in psychisch angeschlagenem Zustand einen Verkehrsteilnehmer belästigt. Daraufhin sei er in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen, aber nach einem Tag wegen fehlenden Behandlungsbedarfes entlassen worden. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) war nicht zu erkennen, dass der polizeibekannte 24-Jährige „zu einer derartig brutalen, gemeingefährlichen Tat schreiten könnte“.

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