Beyond Meat: So schmecken Frikadellen aus Gemüse
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Nicht nur die „New York Times“ oder das „Wall Street Journal“ berichteten darüber. Auch in Deutschland löste der Beyond Burger einen regelrechten Hype aus, als der Discounter Lidl ihn vor Kurzem in den Verkauf brachte.
© Quelle: LIDL
Hannover. Das ist sie also, die vegane Erbseneiweißfrikadelle aus den USA, der die „Zukunft der Proteinversorgung“ und ein „Paradigmenwechsel in der Welternährung“ nachgesagt wird. Trotz aktueller Berg- und Talfahrt an der Börse kann sich das produzierende Unternehmen Beyond Meat berühmter Investoren wie Hollywoodstar Leonardo DiCaprio und Microsoft-Gründer Bill Gates rühmen.
Nicht nur die „New York Times“ oder das „Wall Street Journal“ berichteten darüber. Auch in Deutschland löste der Beyond Burger einen regelrechten Hype aus, als der Discounter Lidl ihn vor Kurzem in den Verkauf brachte.
Innerhalb weniger Stunden war die fleischlose Frikadelle vergriffen, vor den Läden bildeten sich Schlangen. Mittlerweile gibt es den veganen US-Burger auch beim Konkurrenten Netto, in der Metro oder im Internet – in aller Munde ist er aber weiterhin.
Das Ziel ist durchaus erstrebenswert
Meine Erwartungen sind entsprechend hoch: Das pflanzliche Patty solle von Fleisch nicht zu unterscheiden sein („verblüffend echt“, „täuschend ähnlich“). Es würde bluten und duften wie echtes, gebratenes Hack. Doch jetzt liegt dieses Wunderding neben meiner Pfanne und riecht im aufgetauten Rohzustand recht eigentümlich nach fermentiertem Getreide, rauchig und etwas muffig, irgendwie unnatürlich – aber das Öl wird ja gerade erst heiß.
Dabei ist das Ziel, endlich eine adäquate Alternative für Fleischpattys zu finden, durchaus erstrebenswert. Schließlich haben Burger einen globalen Siegeszug bestritten, der nur mit Pizza oder Pasta vergleichbar ist. Die Zahlen, die durch die Google-Welt geistern, sind zwar nicht in Stein gemeißelt, geben aber eine Richtung vor. Da ist von täglich 70 Millionen Kunden beim Fast-Food-Giganten McDonald’s die Rede, angeblich gehen pro Sekunde 75 Burger über den Tresen.
Im Feinschmeckerland Frankreich wurden vor zwei Jahren mehr Burger als belegte Baguette verkauft, knapp 1,5 Milliarden. Und trotz der Macht der Branchenriesen ist der Markt immer noch offen für neue Konzepte. Vor allem im mittleren bis oberen Segment siedeln sich mehr und mehr Burger-Restaurants an. Ganz davon abgesehen, dass auch ein Großteil konventioneller Restaurants das Gericht ständig im Angebot hat.
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Im aufgetauten Rohzustand riechen die Burgerpatties laut unserem Tester eigentümlich nach fermentiertem Getreide, rauchig und etwas muffig.
© Quelle: Hannes Finkbeiner
Fleisch ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einer dramatisch billigen Alltagsware verkommen, mit erheblichen Nachteilen für Ökologie, Gesundheit und Tierwohl. Freilich, der Burger ist nicht der Ursprung allen Übels, aber einen Hebel genau hier anzusetzen, an diesem globalen Massengericht, scheint auf den ersten Blick mehr als sinnvoll.
Zumal das meist stark gewürzte Hackfleischpatty mit seiner homogenen Masse, das in Burgern in einen Gesamtgeschmack aus diversen Zutaten (Brötchen, Soßen, Salat, Gemüse) eingebettet wird, oft ohne größere Geschmackseinbußen ausgetauscht werden könnte.
McDonald’s hat es vorgemacht: Erst vor wenigen Wochen brachte die Kette einen veganen Burger auf den Markt, der sich problemlos in das Geschmacksdesign des Unternehmens einordnen lässt, ohne dass der geneigte Kunde zwingend etwas vermissen müsste.
Rund 20 Zutaten sollen die Fleischillusion erzeugen
Das Beyond-Meat-Patty soll allerdings auch solo nicht von Fleisch zu unterscheiden sein. Also rein damit in die Pfanne. Die rund 20 Zutaten des Produkts spannen einen Bogen von Trinkwasser über Raucharoma bis hin zum Stabalisator Gummi Arabicum. Hauptbestandteile sind Erbseneiweiß sowie Raps- und Kokosnussöl. Für die blutrote Färbung sorgt Rote Bete.
Laut Packungsanweisung müssen die Pattys drei Minuten auf jeder Seite brutzeln. Ich tue wie geheißen, und staune über das Ergebnis: Die Textur aus gebratener Oberfläche verbunden mit dem faserigen Inneren kommt nah an die Pattys von Burgerketten heran. Die rötliche Färbung des Kunstfleischs ist vielleicht etwas zu intensiv, die Struktur erinnert auch mehr an gehäckseltes Pulled Pork als an gewolftes Rinderhackfleisch, aber immerhin.
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Hauptbestandteile des Fleischersatzes sind Erbseneiweiß, Raps- und Kokosnussöl. Für die rote Färbung sorgt Rote Bete.
© Quelle: Hannes Finkbeiner
Um einen besseren Vergleich zu haben, brate ich parallel auch einige andere vegetarische und vegane, vorgegarte und rohe Pattys, hauptsächlich auf Soja- und Weizenbasis, die ich in drei Bio- und konventionellen Supermärkten besorgt habe.
Wenngleich sich die Beyond-Meat-Frikadelle preislich (je nach Anbieter 2,50 Euro bis 3,59 Euro pro Patty) an der Spitze positioniert, so imitiert das amerikanische Produkt auch am ehesten Fleisch. Selbst beim vierten oder fünften Biss wird es nicht strohig am Gaumen.
Stundenlanger, unangenehmer Nachgeschmack
In einem zentralen Punkt kränkelt das Produkt allerdings. Gingen die positiven Aspekte bislang auf das Konto von Kau- und Mundgefühl, so ist der Geschmack des Pattys nicht wirklich definierbar, ist eher würzig denn fleischig, und funktioniert leider nur im Zusammenspiel mit den anderen Zutaten eines herkömmlichen Burgers.
Obendrein habe ich noch Stunden nach der Verkostung einen unangenehmen Nachgeschmack im Mund, der erstaunlich dem Geruch im Rohzustand ähnelt. Meine anfängliche Faszination wegen des ganz gelungenen Kunstfleisch-Bluffs verfliegt – brauchen wir Fleischesser wirklich diese E-Zigaretten in unserer Ernährung? Müssen denn Erbsen wie Fleisch schmecken?
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Bevorzugt Erbsen in ihrer natürlichen Form: Hannes Finkbeiner ist nicht überzeugt vom Beyond Burger.
© Quelle: Hannes Finkbeiner
Für Vegetarier mag die Ware ein Hit sein, aber können wir anderen das Problem nicht auf dem kurzen Dienstweg regeln? Man kann Erbsen nämlich auch frisch oder tiefgefroren kaufen. Schmecken klasse, in Bratlingen, Kartoffel-Currys oder Pastagerichten.
Überhaupt gibt es Abertausende köstliche, fleischlose Gerichte. Vier, fünf Tage kann jeder Mensch damit genussvoll leben. Dann ist es eben das echte, hochwertige Fleisch, das am sechsten Tag den Hype auslöst, als Steak, Ragout oder Burger. Schmeckt besser, ist gesünder und Fleisch wird wieder zu dem, was es sein sollte: etwas Besonderes.
Von Hannes Finkbeiner