Sachsens Schulen mit Note 1 – aber Nachholbedarf bei Digitalisierung und Betreuung
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/26MGZB4Y5FBMPDUYXD3U2TRHI4.jpg)
Sachsen erhält im neuen Bildungsmonitor zwar gute Noten. Doch einer der größten Kritikpunkte ist die mangelhafte Digitalisierung. An dieser Stelle muss der Freistaat unbedingt besser werden, heißt es in der Studie.
© Quelle: Sören Stache/dpa
Dresden. Sachsen hat das beste Bildungssystem in Deutschland. Zu diesem Schluss kommt der jährliche Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Im aktuellen, am Mittwoch vorgestellten, Bericht landet der Freistaat zum inzwischen 16. Mal in Folge auf Platz eins.
Dahinter folgen Bayern und Thüringen, Schlusslichter sind Berlin und Bremen. Dennoch gibt es auch in Sachsen einige Defizite, stellt der Bildungsmonitor fest, der ausdrücklich die Bildungssysteme der Bundesländer vergleicht, nicht nur die Leistungen von Schülern. Die Zahlen zu (Hoch-)Schulen, Kindertagesstätten und Finanzen aus den Jahren 2021 und 2022 stammen von verschiedenen statistischen Einrichtungen, wie Statistischen Landesämtern, und werden in Punkte umgerechnet.
Das Gesamtergebnis
Sachsen schneidet in vielen der 13 untersuchten Handlungsfelder gut bis sehr gut ab. Besondere Stärken weist der Freistaat demnach bei der Förderinfrastruktur, der Schulqualität, der Forschungsorientierung und bei der Verhinderung von Bildungsarmut auf, wo jeweils der erste Platz im Deutschlandvergleich belegt wird.
Auch bei der Internationalisierung und den Bildungsausgaben (jeweils dritter Platz) kann Sachsen punkten. Die Bewertung erfolgt nach 98 Indikatoren ausdrücklich aus bildungsökonomischer Sicht: inwiefern damit etwa zur Fachkräftesicherung beigetragen und das Wachstum gefördert wird.
Erheblicher Verbesserungsbedarf besteht laut Bildungsmonitor aber bei der Zeiteffizienz, der Digitalisierung und den Betreuungsbedingungen. Hier liegt Sachsen teilweise deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. „Die Ergebnisse zeigen auch, dass es aufgrund einer zunehmend heterogenen Schülerschaft immer schwieriger wird, das Bildungsniveau zu verbessern“, sagt Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU).
Der Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Burkhard Naumann, kritisiert: „Der Bildungsmonitor ist ein marktwirtschaftliches Benchmarking und kein Qualitätsmonitor der Bildung.“ Dass Sachsen so gut in den Kompetenztests abschneide, sei „allein der Verdienst der Lehrkräfte, die trotz schlechter Rahmenbedingungen nach wie vor guten Unterricht anbieten“.
Die Förderung
Sachsen weist hohe Ganztagsquoten in den Kindertagesstätten und den ersten vier Klassenstufen auf. So besuchen neun von zehn Grundschülerinnen und Grundschülern eine Ganztagsschule (Bundesdurchschnitt 47,5 Prozent).
Darüber hinaus wurden im Jahr 2022 von den Drei- bis Sechsjährigen 82,5 Prozent der Mädchen und Jungen in Sachsen ganztägig betreut (Bundesdurchschnitt 47 Prozent).
Deutlich überdurchschnittlich fiel mit 80,2 Prozent auch der Anteil der Schülerinnen und Schüler an Ganztagsschulen bis Klasse 10 aus (Bundesdurchschnitt 48,4 Prozent).
Die Schulqualität
Aufgrund der Ergebnisse bei den letzten Leistungstests des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) erreicht Sachsen den ersten Platz bei der Schulqualität. In der Kompetenzerhebung kamen die Viertklässlerinnen und Viertklässler auf die höchsten Werte in Mathematik und im Lesen. Beim Hörverständnis war es Platz zwei unter den Bundesländern.
Allerdings sind die Kompetenzen im Vergleich zur Vorgängerbefragung geringer geworden. „Die Konsequenz muss sein, in den Grundschulen den Fokus noch deutlicher als bisher auf die Vermittlung der Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen zu legen“, kommentiert Sachsens Kultusminister die Auswertung.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/UXT6JCG7CJELBHCF2CJ2HD35GM.jpg)
Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU): „Die Konsequenz muss sein, in den Grundschulen den Fokus noch deutlicher als bisher auf die Vermittlung der Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen zu legen.“
© Quelle: Anja Schneider
Die Bildungsarmut
Das Stichwort lautet: soziale Teilhabe. Demnach zählen in Sachsen relativ wenige Grundschülerinnen und Grundschüler zur Risikogruppe – allerdings wächst deren Anteil. Es muss also zunehmend auf mehr Bildungsgerechtigkeit geachtet werden.
Verbesserungspotenzial besteht laut Bildungsmonitor bei der Schulabbrecherquote. Diese lag im Jahr 2021 in Sachsen bei 8,7 Prozent (Bundesdurchschnitt 6,2 Prozent). Beim Anteil der erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen aus dem Berufsvorbereitungsjahr erreicht der Freistaat dagegen den zweitbesten Wert aller Bundesländer (Sachsen 84,6 Prozent; Bundesdurchschnitt 56,8 Prozent).
Die Internationalisierung
In Sachsen wurden im Jahr 2021 mit einem Anteil von 54 Prozent unterdurchschnittlich viele Grundschülerinnen und Grundschüler in Fremdsprachen unterrichtet (Bundesdurchschnitt 58,9 Prozent).
Der Anteil der Berufsschülerinnen und Berufsschüler mit Fremdsprachenunterricht fiel dagegen überdurchschnittlich aus. Sachsen erreichte hier einen Wert von 84 Prozent (Bundesdurchschnitt 36,9 Prozent).
Zudem weisen die sächsischen Hochschulen sehr viele Ausländerinnen und Ausländer auf. Der Freistaat erreicht hier mit 15,8 Prozent den drittbesten Wert aller Bundesländer.
Die Bildungsausgaben
Sachsen misst der Bildung unter allen öffentlichen Ausgaben einen vergleichsweise hohen Stellenwert zu. Der Bildungsmonitor spricht von der dritthöchsten Priorität.
Die Relation der Bildungsausgaben pro Kopf fällt bei den Hochschulen besonders hoch aus. Überdurchschnittlich schneidet der Freistaat auch bei den Investitionen in Grundschulen und sonstige allgemeinbildende Schulen sowie bei den beruflichen Teilzeitschulen ab.
Die Digitalisierung
Bei der Digitalisierung kommt Sachsen lediglich auf den 13. Rang unter den 16 Bundesländern. Deutliches Verbesserungspotenzial gibt es bei der täglichen Nutzung von digitalen Medien im Schulunterricht. Auch die häufig mangelnde Ausstattung mit schnellem WLAN wird in dem Bildungsmonitor kritisiert.
Derzeit verfügt immer noch jede fünfte Schule über eine Bandbreite von lediglich 100 Megabit pro Sekunde und weniger. Sachsens Kultusminister verwies am Mittwoch auf eine entsprechende Breitband-Initiative des Freistaates. Bis Ende 2025 sollen alle Schulen schnelles Internet haben.
Unterdurchschnittlich fällt zudem die Anzahl der betrieblichen Ausbildungsverträge im IT-Bereich aus.
Die Betreuungsbedingungen
Sachsen kommt im Bereich Betreuung lediglich auf den 15. und damit vorletzten Platz in Deutschland. Hier ist der Freistaat weiter zurückgefallen: Im vergangenen Jahr war es noch Rang elf gewesen. „Wie andere Studien kommt nun auch der Bildungsmonitor zum Schluss, dass Sachsen bei der personellen Ausstattung an Kitas und bei der Schüler-Lehrer-Relation bundesweit am schlechtesten aufgestellt ist“, erklärt Sachsens GEW-Chef Naumann.
Verbesserungsbedarf besteht demnach vor allem in den Kindertagesstätten. Sachsen weist da den schlechtesten Wert aller Bundesländer auf (Sachsen 8,7 Kinder pro Erzieher; Bundesdurchschnitt 5,6). Auch bei der Schüler-Lehrer-Relation bis Klasse 10 (ohne Gymnasien) weist Sachsen mit 14,1 den schlechtesten Wert auf.
Nicht wesentlich besser sieht es an Grundschulen, Gymnasien, Berufsschulen und Hochschulen aus, kritisiert der Bildungsmonitor. Zudem werden die Klassengrößen bemängelt, die sowohl in den Grundschulen als auch bis zur Klasse 10 über dem Bundesdurchschnitt liegen.
Lesen Sie auch
- Lehrermangel, Digitalisierung: Sachsens Schülersprecherin zur Lage an Schulen
- Diese fünf Probleme sind an Sachsens Schulen am größten
- Experten empfehlen Abschaffung von Schulnoten in Sachsen
- Keine Sternchen oder Punkte: Sachsen verbietet das Gendern an Schulen
Die Zeiteffizienz
Auch bei der Zeiteffizienz gibt es keine gute Noten für Sachsen. Mit Platz zwölf steht der Freistaat mit am Ende des Rankings. Das schlechte Abschneiden lässt sich unter anderem auf den geringen Anteil der Studienanfängerinnen und Studienanfänger in einem Bachelorstudiengang zurückführen. Mit einer Quote von 50,6 Prozent weist Sachsen hier klar den schlechtesten Wert aller Bundesländer auf.
Darüber hinaus werden relativ viele Kinder verspätet eingeschult. Und: Mit 28,9 Prozent liegt die Zahl derjenigen Jugendlichen, die ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig auflösen, etwa im Bundesdurchschnitt (30,3 Prozent).