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Geringe Nachfrage nach Elektroautos

Erst Zwickau, nun Dresden: Neue Spekulationen um Volkswagen in Sachsen

Ein Volkswagen-Mitarbeiter arbeitet in der Gläsernen Manufaktur in Dresden an der Front eines VW ID.3 in der Endmontage. Ein Medienbericht hat Irritationen über den Standort ausgelöst.

Ein Volkswagen-Mitarbeiter arbeitet in der Gläsernen Manufaktur in Dresden an der Front eines VW ID.3 in der Endmontage. Ein Medienbericht hat Irritationen über den Standort ausgelöst.

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Leipzig/Dresden. Sachsens Landesregierung hat am Montagnachmittag reagiert. Da war die Nachricht schon mehr als einen Tag in der Welt – und konnte entsprechend viel Verunsicherung verbreiten. Die „Automobilwoche“ hatte am Sonntag berichtet, dass Volkswagen die Fahrzeugproduktion in der Gläsernen Manufaktur in Dresden einstellen werde.

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Der Standort in der Landeshauptstadt solle zwar bestehen bleiben, aber die rund 300 Beschäftigten sollen neue Aufgaben erhalten. Das wollte Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) aber nicht so stehen lassen. Er widersprach schließlich öffentlich.

„Mir hat Volkswagen in Dresden heute telefonisch bestätigt, dass es überhaupt keinen Plan des Vorstandes gibt, die Geschäftsfelder in Dresden zu verändern“, verbreitete Dulig in einem Statement. „Ganz im Gegenteil, sie sollen weiterhin den ID.3 produzieren, weiterhin ausliefern und sollen weiterhin ihre Beiträge für Innovation und Technologie erbringen.“

Dass in wirtschaftlich angestrengten Zeiten „Anpassungen“ vorgenommen werden müssen, habe noch nichts mit dem Standort zu tun. „Die Arbeitsplätze sind sicher“, sagte der Minister. „Ich warne davor, in diesen aufgeregten Zeiten mit Alarmismus dazu beizutragen, dass es schlimmer wird.“

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Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden (vorn).

Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden (vorn).

VW-Sprecher beteiligt sich nicht an Spekulationen

Der Volkswagen-Konzern hat sich bisher nicht konkret zum Medienbericht vom Sonntag geäußert. Ein Sprecher wollte ihn nicht bestätigen, aber auch nicht dementieren: Man beteilige sich nicht an Spekulationen. Generell werde an einem Maßnahmenpaket gearbeitet.

„Ziel ist es, die globale Wettbewerbsfähigkeit weiter zu erhöhen und der volatilen Marktsituation zu begegnen.“ Die standortunabhängige Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung bis 2029 habe aber unverändert Bestand.

Die Nachricht über das Dresdner Werk heizt aber die Gerüchte um Volkswagen und die Zukunft der Elektromobilität an. Die schlechte Auftragslage bei den Elektroautos macht VW augenscheinlich zu schaffen. Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Volkswagen mehrere Hundert Stellen im Zwickauer Werk abbauen will. Grund dafür sind die rückläufigen Bestellungen.

In der Gläsernen Manufaktur wird seit 2021 das E-Auto ID.3 gefertigt – bis zu 35 vollelektrische Fahrzeuge am Tag. Besucher können durch riesige Glasscheiben die Herstellung dieser Fahrzeuge live mitverfolgen. Nach LVZ-Informationen ist zum Standort Dresden noch keine Entscheidung des Vorstands in Wolfsburg gefallen.

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Gewerkschaft: Wir arbeiten an einer Lösung

Bei der IG Metall in Dresden zeigte man sich sehr verwundert über den Bericht. „Wir arbeiten mit dem Unternehmen seit Jahren an einer Lösung zur Zukunft der Gläsernen Manufaktur“, sagte der Dresdner Gewerkschaftschef Stefan Ehly. „Dabei geht es um die Auslastung des Standortes. Die Fertigung von Fahrzeugen stand nie zur Disposition. Zu sagen, dass die Produktion möglicherweise eingestellt wird, ist falsch.“

Laut Ehly gibt es in Dresden an diesem Donnerstag eine Betriebsversammlung, an der auch VW-Produktionsvorstand Christian Vollmer teilnehmen wird. Die Gewerkschaft und die Belegschaft erwarten demnach, „dass Vollmer klare Worte spricht und jedwede Spekulation um die Zukunft der Produktion in der Gläsernen Manufaktur beendet.“ Wichtig wäre zu wissen, so Ehly weiter, welche neuen Produkte VW für die Gläserne Manufaktur im Blick habe. „Wir erwarten Antworten.“

Manufaktur in Dresden seit 2002 in Betrieb

Auch beim in Leipzig ansässigen Automotive Cluster Ostdeutschland (ACOD) berichtete man von den seit Jahren andauernden Überlegungen, „wie man mit dem Standort am besten umgeht, nachdem dort der Phaeton gebaut und dann ausgelaufen ist“. Einen Beschluss, dass die Produktion beendet wird, gebe es nach seiner Kenntnis nicht, so ACOD-Geschäftsfüher Jens Katzek.

Für die Gläserne Manufaktur in Dresden war 1999 im Beisein des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder (SPD) der Grundstein gelegt worden. Sie hatte ihren Betrieb im Jahr 2002 gestartet. Zunächst waren dort VW-Limousinen vom Typ Phaeton hergestellt worden. Der damalige VW-Chef Ferdinand Piëch wollte mit dem Wagen die Oberklasse aufmischen, hatte es aber nicht geschafft. Mit der Limousine konnten die Wolfsburger nicht zur Luxuswelt von Mercedes, BMW und Audi aufschließen.

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Die Montage des VW Phaeton in der Gläsernen Manufaktur in Dresden.

Die Montage des VW Phaeton in der Gläsernen Manufaktur in Dresden.

Nach Phaeton kommt E-Golf – nun ID.3

Schon der Name für das Fahrzeug galt als unglücklich gewählt. Laut Überlieferung des Dichters Ovid war Phaeton einer der ersten Unfallfahrer der Geschichte. Der Sohn des griechischen Sonnenkönigs Helios lenkte den kostbaren Sonnenwagen seines Vaters, verlor die Kontrolle und stürzte in die Tiefen des Alls. 2016 hatte die Produktion des Phaeton in Dresden geendet. Nach einer Pause lief dann der Elektro-Golf vom Band, ehe nun eben der ID.3 produziert wird.

Wirtschaftsminister Dulig zeigte sich optimistisch, dass dies auch so bleiben werde. Sachsen will die Zukunftsbranche erhalten: „Unser Ziel ist, den Standort in Sachsen, auch den Standort in Dresden, zu stärken, denn wir wollen Elektromobilitätsland bleiben“, sagte Dulig.

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