Long Covid: Immer mehr Selbsthilfegruppen in Sachsen
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Dresden. Die Corona-Pandemie hat den Zulauf zu Selbsthilfegruppen in Sachsen weiter verstärkt. Derzeit gründeten sich mehrere Gruppen zu Long-Covid-Phänomenen, sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums in Dresden bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Sehr gefragt seien unter anderem auch Gruppen zu Krebskrankheiten oder Rheuma. Landesweit gebe es etwa 2000 Gruppen. Das Spektrum sei sehr breit. Es gebe Selbsthilfe mit und ohne Gesundheitsbezug.
Es gebe mehrere Gruppen von Betroffenen oder Angehörigen zu Long-Covid, den Langzeitfolgen sowie zum sogenannten Post-Vac-Syndrom, zu den Nebenwirkungen der Corona-Schutzimpfung, bestätigte die Leiterin und Sozialarbeiterin der Selbsthilfekontakt- und Informationsstelle (SKIS) am Leipziger Gesundheitsamt, Ina Klass. In der Messestadt gibt es ihren Angaben zufolge aktuell etwa 350 Selbsthilfegruppen zu vielen sozialen und gesundheitsbezogenen Themen.
Austausch stärkt das Selbstvertrauen, gibt Zuversicht und Mut
Zu weiteren etwa 50 Themen wollten Menschen Gruppen gründen. „Es gibt eine Warteliste. Das ist mehr als vor der Corona-Pandemie. Wir haben alle Hände voll zu tun“, sagte Klass. Die Kontaktstelle berät Interessierte bei der Gründung und organisiert meist die ersten Treffen. Seit einiger Zeit gibt es Klass zufolge auch Gruppen teilweise oder ausschließlich online im Internet. Per Videokonferenz tauschen sich mitunter Betroffene aus ganz Deutschland aus.
Selbsthilfegruppen gebe es praktisch zu allen Lebenslagen, sagte Klass. In etwa jeder zweiten Gruppe gehe es um chronische körperliche Erkrankungen, bei etwa 25 Prozent um seelische Probleme, bei rund 15 Prozent um Sucht, bei 9 Prozent um soziale Themen. „Der Austausch stärkt das Selbstvertrauen, gibt Zuversicht und macht Mut. Die Menschen können frei von Angst über sich selbst sprechen.“ Manchmal gebe es nur eine Gruppe zu einem Thema. Bei häufigen Erkrankungen wie Diabetes oder zu Depressionen sind aber auch schon mal 5 bis 15 Gruppen gelistet. Sehr gefragt seien aber auch die Bereiche Familie, soziale Sicherheit, sexuelle Orientierung, Sucht, Zwangsvorstellungen, Adipositas oder auch seltene Krankheiten.
Wie viele Menschen Selbsthilfegruppen besuchten, konnte Klass nicht sagen. Jede von ihnen habe etwa 5 bis 15 Mitglieder. Studien zufolge besuchten etwa ein bis vier Prozent der Bevölkerung Selbsthilfegruppen. Die meisten, die dort aktiv sind, hätten einen hohen Bildungsgrad. Selbsthilfegruppen seien zudem meist weiblich. Die Ausnahme: Bei Gruppen für Suchtprobleme gebe es mehr Männer.
Selbsthilfe auf dem Land hat es schwer
Vor allem in ländlichen Regionen litten die Gruppen unter dem Generationswechsel und Überalterung, sagte Klass. Dort sei es oft nicht einfach, zu den Treffen zu gelangen oder bei unpopulären Themen die Anonymität zu wahren. Und wegen der bisweilen schlechten Internet-Verbindungen oder fehlender Technik seien Online-Selbsthilfegruppen nicht immer möglich.
Genauere Aussagen zur Zahl der Gruppen und den Mitgliedern in Sachsen sind möglicherweise in einigen Monaten verfügbar. Es werde gerade eine Datenbank aufgebaut, sagte Gerd Peukert von der Landeskontaktstelle.
In Chemnitz sind durch die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe 170 Selbsthilfegruppen erfasst. „Letztes Jahr wurden rund 1500 Menschen erreicht“, hieß es bei der Stadtmission. Die Mitglieder seien jedoch nur teilweise erfasst. Es werde davon ausgegangen, dass es mehr als 2500 Menschen seien. „Es gab etwa 480 Anfragen zu Selbsthilfegruppen. Diese Anfragen erreichten uns durch interessierte Personen, deren Angehörige und andere Fachstellen.“
Long Covid-Gruppen auch in Dresden und Chemnitz
Long Covid sei ein großes Thema. Dazu gab es in den vergangene beiden Jahren drei Gruppenneugründungen. Zweites großes Thema sind psychische Erkrankungen und die seelische Gesundheit. Auch Angehörige Betroffener melden sich mit ihrem Anliegen.
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In Dresden hat die Stadtverwaltung unlängst auf eine neu gegründete Selbsthilfegruppe für umgeschulte Linkshänder aufmerksam gemacht. Aktuell gebe es 240 Selbsthilfegruppen, in denen sich mehr als 5000 Menschen engagierten, hieß es bei der Stadt. Gefragt seien vor allem Themen zur psychischen Gesundheit wie etwa zu Depression und Ängsten, zu Sucht, Alkohol, Essstörungen oder zur seelische Gesundheit bei Trauer und nach Trennungen. Gruppen hätten sich zum Thema Long Covid gegründet oder befänden sich in Gründung. „Diese haben einen regen Zulauf“, hieß es.
Die Selbsthilfegruppen erhalten laut Ministerium über die Landkreise eine pauschale Landesförderung. Zudem förderten die Krankenkassen in einem bestimmten Umfang. Laut der AOK Plus sei die Förderung durch die Krankenkasse von einer „gesicherten Diagnose“ abhängig.
DNN