Leipziger Richter: Frequenzen für DAB+ müssen neu vergeben werden
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Wann bundesweit 16 neue Digitalprogramme über Antenne zu hören sein werden, steht nach dem Leipziger Urteil nicht fest.
© Quelle: dpa
Leipzig. Glasklar und ohne Störungen sollten 16 neue digitale Hörfunkprogramme längst über Antenne zu empfangen sein. Doch weil die Zuweisung der bundesweiten Plattform für DAB+ vor zwei Jahren alles andere als störungsfrei ablief, hören Radiohörer bis heute, dass sie nichts hören. Denn die in Leipzig ansässige Firma Digital Audio Broadcasting Plattform GmbH (DAPB) um den Leipziger Immobilienunternehmer Steffen Göpel war bei der Bewerbung unterlegen und klagte gegen die Entscheidung der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM), die das begehrte Programmbündel an das in Berlin ansässige Unternehmen Antenne Deutschland vergeben hatte. DAPB begründete seine Klage mit Verfahrensfehlern zu ihrem Nachteil. Im Raum steht ein Schaden von reichlich 100 Millionen Euro, die dem Unternehmen durch unfaire Zuweisungspraxis der SLM verlustig gegangen sei.
Gewinner hatte sich gar nicht beworben
Das Verwaltungsgericht Leipzig befasste sich am Mittwoch mit dem Fall und verpflichtete die Landesmedienanstalt nach mehrstündiger Verhandlung, das Verfahren zur Zuweisung drahtloser Übertragungskapazitäten erneut durchzuführen. Den bisherige Zuweisungsbescheid an Antenne Deutschland vom 28.November 2017 hob es auf, da sie rechtswidrig gewesen sei und an „durchgreifenden Verfahrensfehlern gelitten“ habe.
Die Vorsitzende Richterin Joanna Gabrysch hatte vor allem beanstandet, dass die im Frühjahr gegründete Firma Antenne Deutschland zur Antragsfrist am 24. Februar 2017 noch gar nicht existiert hatte. Sie war erst danach durch Kooperation der Firmen Media Broadcast mit Sitz in Köln und des in Nürnberg ansässigen Radioveranstalters Absolut Digital entstanden. Beide Firmen hatten sich zunächst einzeln um das digitale Programmpaket beworben und nach Ablauf der Ausschlussfrist im Frühjahr 2017 zusammengeschlossen.
Im Juni 2017 hatte die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) der 14 deutschen Landesmedienanstalten dann entschieden, den Plattformbetrieb an Antenne Deutschland zu vergeben und war damit von der zuvor ergangenen Empfehlung der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) abgewichen, worüber das Fachmagazin Medienkorrespondenz aus Bonn berichtet hatte. Göpels Unternehmen zog dagegen Ende 2017 vor Gericht und monierte mit der Klage vor allem die unfaire Vergabepraxis. In einem Eilverfahren wollte DABP den Start des zweiten bundesweiten DAB-Multiplex so lange aufschieben, bis über die Leipziger Klage hauptsächlich entschieden sei. In der nächsten Instanz bemängelte das Oberverwaltungsgericht Bautzen zwar ebenfalls Verfahrensfehler der SLM, verweigerte aber mit Verweis auf die gebotene Meinungspluralität eine jahrelange Blockade der Rundfunkkapazitäten.
Riskanter Programmstart
Antenne Deutschland will nun ungeachtet der neuen Leipziger Entscheidung im Herbst 2019 auf Sendung gehen. Das erklärte Arnold Stender, der Geschäftsführer des Sendenetzbetreibers, am Rande der Gerichtsverhandlung gegenüber der Leipziger Volkszeitung. Trotz aller rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken habe man sich zu einem Testlauf ab September entschlossen, so Stender. Der reguläre Start des Multiplexes ist für den Anfang Oktober vorgesehen. Antenne Deutschland will Programme des Gesellschafters Absolut Digital ebenso bundesweit verbreiten wie ein neues Talkradio und Drittprogramme. Die Kapazitäten auf dem neuen DAB-plus-Multiplex seien die letzten bundesweit verfügbaren Sendeplätze für terrestrisches Radio.
Für das Leipziger Unternehmen DABP ist die angekündigte baldige Aufschaltung bundesweiter Radioprogramme durch das Urteil in Frage gestellt. Geschäftsführer René Laier sagte: „Das Urteil hebt die grob rechtswidrige Vergabe der bundesweiten DAB-Plattformlizenz durch die Landesmedienanstalten an Antenne Deutschland auf. Er erwarte, „dass nun schnellstmöglich eine in jeder Hinsicht öffentlich nachvollziehbare Vergabe der Lizenz für den bundesweiten Plattformbetrieb im Digitalradio erfolgt“.
Gegen das Urteil wurde neben der Berufung zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht auch die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Ob die Landesmedienanstalt davon Gebrauch macht, blieb bislang offen.
Von Winfried Mahr
In einer früheren Version des Artikels wurde versäumt, auf verwendete Zitate aus dem Magazin Medienkorrespondenz hinzuweisen. Wir bedauern dies und haben den Text inzwischen überarbeitet.