Härtefallfonds für Ost-Rentner: Sachsen-Koalition streitet über Aufstockung
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Der Bund hat für Ost-Rentner, die als Härtefall gelten, einen speziellen Fonds eingerichtet – Sachsen wird sich wahrscheinlich nicht beteiligen und die Entschädigungssumme auf 5000 Euro verdoppeln.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Dresden. Es geht um rund 60 Millionen Euro: Mit dieser Summe müsste sich Sachsen an dem Härtefallfonds für Ost-Rentner beteiligen, um die geplante Einmalzahlung von 2500 Euro auf 5000 Euro zu verdoppeln. Doch innerhalb der schwarz-grün-roten Regierungskoalition gehen die Ansichten weit auseinander. Während sich SPD und Grüne für eine Aufstockung aussprechen, wird diese von der CDU ausgeschlossen. Deshalb fiel jetzt im Landtag auch ein erneuter Antrag der Linksfraktion durch, die eine sächsische Beteiligung erreichen wollte. Zustimmung kam lediglich von der AfD.
Grüne und SPD wollen Mitfinanzierung, Linke-Antrag scheitert
„Wir verstehen das Grundanliegen und wir teilen das Ansinnen. Zustimmen können wir dem Antrag nicht, weil es innerhalb der Koalition keinen gemeinsamen Standpunkt gibt – was sehr schmerzt“, entschuldigt sich Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert im Parlament. Deshalb solle Sozialministerin Petra Köpping (SPD) schnellstmöglich eine Zusage innerhalb der Regierung beantragen und das Finanzministerium zustimmen, schlägt Schubert vor.
Köpping selbst sieht in dem Fonds „ein Stück Wiedergutmachung“ und wirbt seit Langem für eine Beteiligung. Sachsens SPD-Vorsitzender Henning Homann teilt indirekt gegen die CDU aus: „Unser Ziel war und ist es, dass der Freistaat Sachsen dieser Stiftung beitritt. Leider ist ein Teil der Staatsregierung nicht dazu bereit.“ Die Aufstockung war bereits Ende Januar im Koalitionsausschuss und kurz darauf auch im Landtag gescheitert.
Bundesländer können Einmalzahlung verdoppeln
Die Ampel-Koalition in Berlin hat den Fonds im vergangenen November aufgelegt. Demnach soll jede und jeder Anspruchsberechtigte eine Einmalzahlung von 2500 Euro erhalten. Die Bundesländer können diese Summe auf 5000 Euro verdoppeln, wenn sie ebenfalls einzahlen. Diese Entscheidung muss bis 31. März fallen – also in zwei Wochen. Damit drängt in Sachsen nun die Zeit. Bisher haben von den ostdeutschen Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen eine Mitfinanzierung zugesagt.
Nach Ansicht von Linksfraktionschef Rico Gebhardt kommt der Fonds zwar zu wenigen Menschen zugute, dennoch müsse Sachsen den Fonds mitfinanzieren. Demnach würden weniger als zehn Prozent der Betroffenen eine Ausgleichszahlung erhalten können: „Das ist aber kein Grund, dieses Geld einzubehalten.“
Sachsens CDU verweist auf Rentenrecht als Bundesaufgabe
Dagegen verweist Sachsens CDU-Fraktionschef Christian Hartmann darauf, dass Rentenrecht „als erstes Bundesrecht“ sei. Zugleich stellt er klar: „Es war die CDU, die in der letzten Bundesregierung mit der SPD eine Milliarde Euro in den Haushaltsentwurf eingestellt hat, um genau dieses Thema zu klären.“ Danach habe die neue Ampel-Regierung diesen Fonds auf 500 Millionen Euro halbiert – und die Länder sollten diese Reduzierung nun ausgleichen. Darüber hinaus sei die CDU nicht bereit, neue Ungerechtigkeiten mitzutragen, die durch den zu knapp bemessenen Fonds entstehen würden.
Es wird damit gerechnet, dass es im Freistaat mehr als 20.000 Anspruchsberechtigte gibt. Von der Einmalzahlung sollen Rentnerinnen und Rentner profitieren, die eine Grundsicherung von rund 830 Euro beziehen. Das betrifft etwa ein bis zwei Prozent. Geplant ist, dass die Beträge 2024 ausgezahlt werden – allerdings ist dafür zwingend ein Antrag notwendig, der bis 30. September 2023 gestellt werden muss. Die Formulare können bei der Geschäftsstelle der Stiftung „Härtefallfonds“ angefordert werden.
CDU-Bundestagsabgeordnete kritisieren Blockade
Dabei geht es um Rentenansprüche, die zwar im Einigungsvertrag festgeschrieben waren – später jedoch nicht oder nur zum Teil anerkannt wurden. Meist handelt es sich um nicht gewährte Zusatzrenten. Das gilt insbesondere für 17 Berufsgruppen, beispielsweise Beschäftigte von Reichsbahn und Post, Bergleute der Braunkohleveredelung sowie Krankenschwestern und -pfleger. Die Regelung gilt ebenfalls für zu DDR-Zeiten geschiedene Frauen, deren Ehejahre bei der Rente nicht oder nur unzureichend angerechnet wurden.
Deshalb gibt es in der Union deutliche Kritik an der sächsischen Blockadehaltung der eigenen Partei. So befürwortet die Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas einen Beitritt zum Härtefallfonds. Die Regelung betreffe auch in der DDR geschiedene Frauen, erklärt die CDU-Abgeordnete aus dem Vogtland via Twitter: „Es wäre kein gutes Signal, wenn Sachsen sich nicht beteiligt.“ Der ehemalige Ost-Beauftragte Marco Wanderwitz (CDU) spricht von einem „Armutszeugnis der Landtagsfraktion“. Es sei eine „große Chance“ für die weitergehende Schließung der Gerechtigkeitslücke vertan worden, wirft der Bundestagsabgeordnete seinen Parteikollegen vor.