Erdgas in Sachsen: Importpreise so niedrig wie seit zwei Jahren nicht
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Ein Manometer zeigt den Druck im Erdgasnetz auf dem Gelände des Untergrund-Gasspeichers in Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) an.
© Quelle: Adobe Stock
Leipzig. Als Russland im August seine Erdgaslieferungen nach Europa aufgrund fadenscheiniger Gründe komplett einstellte, verschärfte sich die seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine bestehende Energiekrise in Europa noch einmal. Seither sind die Importpreise für den Rohstoff aber enorm gefallen und pendeln sich nun auch dauerhaft wieder auf dem Niveau vor Kriegsausbruch ein. Zudem sind die Erdgasspeicher in Deutschland bereits gefüllt - auch Dank erheblicher Einsparungen in allen Bereichen. Zuletzt wurde der im Winter generell steigende Bedarf durch erneute Importe aufgefangen. Im Folgenden versuchen wir die Faktenlage beim Thema Erdgas mit einer Reihe von Infografiken verständlicher zu machen.
Import aus Norwegen, Belgien und Niederlande - und jetzt auch LNG
Fast die Hälfte der deutschen Erdgas-Importe kam einst aus Russland. Noch im März, einen Monat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, wurden durch die in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) ankommenden Leitung Nordstream 1 täglich bis zu 170 Millionen Kubikmeter Erdgas nach Deutschland gepumpt. Das entspricht 1,7 Milliarden Kilowattstunden. Nach Kriegsbeginn wurden allerdings auch auf dieser Pipeline die Durchflüsse schon mehr als halbiert. Es folgten am 11. Juni planmäßige Reparaturarbeiten an Nordstream 1 und parallel auch auf der in Bayern ankommenden MEGAL-Pipeline, weshalb die Lieferungen temporär ganz eingestellt wurden. Nach dem 21. Juli floss das russischen Gas erst in reduzierter Form wieder - allerdings nur bis zum 31. August. Seither wurde Nordstream 1 schon nicht mehr von russischer Seite beliefert. Gut einen Monat später, am 26. September, wurden dann massive Anschläge auf die Pipeline bekannt.
Die Ausfälle des russischen Gases konnten einerseits durch verstärkten Erdgas-Importe aus Richtung Belgien, Niederlande und Norwegen, aber auch durch einen in Industrie, Haushalten und Gewerbe verringerten Verbrauch abgefangen werden. Seit Oktober sind zudem erste Lieferungen von Flüssiggas (LNG) an den dafür neu errichteten Terminals angekommen - allerdings bislang noch in überschaubarem Maße.
Rohpreise haben sich eingependelt
Dass Russland bis Ende August überhaupt noch Gas lieferte, lag an den erheblichen Gewinnen, die sich mit dem erheblich verteuertem Rohstoff erzielen ließen. Daran ist allerdings nicht nur der Krieg Schuld. Schon im Frühjahr 2021 begann der Einkaufspreis für Erdgas kontinuierlich zu steigen und hatte ein Jahr später bereits das Dreifache des Vorjahresniveaus erreicht. Experten sehen die Steigerungen unter anderem auch als Konsequenz aus dem enorm gestiegene Bedarf bei vielen Unternehmen nach Ende der meisten Corona-Schutzmaßnahmen im Frühjahr 2021. Zusätzlich ließen aber auch die immer weiter reduzierten Lieferungen aus Russland die Preise weiter steigen - mit jeweiligen Höhepunkten während der Lieferstopps. Nachdem Moskau Ende August die Lieferungen aufgrund eines Vorwands (Reparaturen) komplett einstellen ließ, erreichte der Gasimportpreis an der Referenzbörse in Amsterdam einen Höhepunkt von 34 Cent je Kilowattstunde (KWh). Anschließend fielen die Preise rapide - ohne dass Russland die eigenen Mengen noch weiter reduzieren könnte. Mitte Oktober war der Importpreis erstmals wieder auf unter 10 Cent je Kilowattstunde gefallen und somit auf Vorjahresniveau. Bis Mitte Februar fielen die Preise weiter - auf inzwischen unter 5 Cent je Kilowattstunde.
Füllstand der Speicher
Die insgesamt hohen Rohstoffpreise dürften zu Beginn dieses Jahres auch Grund dafür gewesen sein, dass die Gasspeicher in Deutschland nach dem Winter weniger gut gefüllt waren. Dann griff Russland die Ukraine an und die Situation auf dem europäischen Energiemarkt wurde noch prekärer. Inzwischen konnten die Speicher unter anderem auch durch verstärkte Gas-Importe aus Norwegen, Niederlande, Dänemark und Algerien sowie durch zum Teil erheblich reduzierten Verbrauch in den Sommermonaten wieder aufgefüllt werden. Ziel war es, die Bestände bis zum 1. November auf 95 Prozent aufzustocken, so wie es das Energiewirtschaftsgesetz vorsieht. Entscheidend wurde dabei neben dem Import auch, inwieweit Industrie, Haushalte und Gewerbe Erdgas einsparen. Letztlich wurden die Vorgaben weit übererfüllt und Deutschland war vor Beginn des Winters besser aufgestellt, als in den Jahren vor dem russischen Krieg.
Wo sind die Gasspeicher?
In Sachsen gibt es keine Erdgasspeicher, dafür betreibt der in Leipzig ansässige Gashandelskonzern VNG AG in Bad Lauchstädt und Bernburg (Sachsen-Anhalt) zwei Speicheranlagen mit einer gemeinsamen Kapazität von 20,8 Terawattstunden (TWh) – beziehungsweise 20,8 Milliarden Kilowattstunden. Die VNG AG besitzt zudem Anteile an einer weiteren Speicheranlage im bei Bernburg (Peißen) mit 5,5 TWh – benannt nach der russischen Zarin Katharina der Großen.
Nicht zuletzt haben der nordrhein-westfälische Energiekonzern RWE in Staßfurt (Sachsen-Anhalt, 6,9 TWh) und die französische Engy AG in Peckensen (Altmarkkreis, 3,8 TWh) weitere Gasspeicheranlagen im ostdeutschen Bundesland. Zusammen machen alle vier Speicheranlagen in Sachsen-Anhalt etwa 15 Prozent der bundesweiten Kapazitäten aus.
Die größte Gasspeicheranlage Deutschlands befindet sich im niedersächsischen Rehden und gehört zu einer Tochter des früheren russischen Erdgas-Konzerns Gazprom Germania. Dieser wird inzwischen von der Bundesnetzagentur kontrolliert. Die wichtige Anlage war zu Beginn des Jahres fast leer und soll nun allmählich aufgefüllt werden.
In der Republik gibt es insgesamt mehr als 60 Standorte mit Gasspeichern. Viele davon sind in Niedersachsen zu finden, weil dort unter anderem die Zuleitungen aus Nord- und Westeuropa eintreffen. Eine weitere Konzentration von Gasspeichern findet sich in Bayern, wo Ausläufer der Transgas-Pipeline MEGAL ankommen.
Gaspreis und Energiemix in Deutschland
Aufgrund der zwischenzeitlich nach dem kompletten Ausfall russischer Gas-Lieferungen Ende August angespannten Situation setzte das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) im Sommer einen Notfallplan in Kraft. Letztlich kam es aufgrund steigender Importe vor allem aus Norwegen, aber auch aus anderen europäischen Partnerländern aber nicht zu Engpässen in der Versorgung. Die Importpreise für Erdgas waren dennoch zwischenzeitlich enorm gestiegen, im Frühjahr pendelten sich die Werte aber zunehmend auf Vorkriegsniveau ein und liegen inzwischen wieder im Bereich von 2021. Der Endverbraucherpreise setzen sich aus folgenden Komponenten zusammen.
Ein erheblicher Teil des Erdgases in den bundesdeutschen Speicheranlagen wird nicht zuletzt auch für die Stromerzeugung in Gaskraftwerken benutzt. Je nach Tageszeit sind etwa 15 bis 25 Prozent der Energieleistung in Deutschland auf die Verbrennung von importiertem Erdgas zurückzuführen.
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