Aller Skepsis zum Trotz: Warum das SPD-Führungsduo in Sachsen Erfolg hat
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Henning Homann und Kathrin Michel setzen als SPD-Parteichefs auf wenige Themen. Sie wollen bewusst keine „Kulturkämpfe“ führen.
© Quelle: Sebastian Kahnert/dpa
Dresden. Die Skepsis, die Henning Homann und Kathrin Michel im Herbst 2021 entgegenschlug, ist nicht vergessen. Es war auf dem ersten Blick durchaus erklärungsbedürftig, warum gerade dieses Duo Erfolg als neue SPD-Vorsitzende in Sachsen haben sollte. Homann hatte als Generalsekretär Mitverantwortung für den Landtagswahlkampf 2019 getragen, an dessen Ende ein Wahlergebnis von 7,7 Prozent stand. Michel war landespolitisch nicht aufgefallen – eine Frau aus der sächsischen Provinz, von der die wenigsten gehört hatten. Und dennoch: Für die SPD waren sie anscheinend genau die Richtigen.
Der sächsische Landesverband präsentiert sich aktuell geschlossen wie nie. Die Basis fühlt sich ernst genommen. Das Rumoren aus den Kreisverbänden hat deutlich abgenommen. Zu Beginn der Legislaturperiode konnten Beobachter noch den Eindruck gewinnen, die SPD leide an sich und der Regierungsbeteiligung in Sachsen. Mittlerweile hat sich das gedreht. Auch weil das Führungsduo die SPD nicht nur als Regierungspartei positioniert, die in der schwarz-grün-roten Koalition als kleinster Partner Schlimmeres verhindert. Es geht ihnen um Selbstvergewisserung: Was will die SPD für eine Partei sein? Welche Themen sind uns wichtig?
Dialog als wichtiger Bestandteil
Der Dialog mit der Basis ist dafür essenziell. „Wir interessieren uns ehrlich für diese Partei“, sagt Homann. „Wir versuchen, die Basis in ihrer ganzen Breite mitzunehmen.“ Bei einem Debattencamp redete die SPD zuletzt darüber, welche Inhalte sich im Wahlprogramm wiederfinden sollten. In vielen Runden wurden einen Tag lang in Leipzig Sachfragen besprochen und abgewogen, im Detail sogar gestritten. Es war der Austausch, nach dem sich Teile der Basis lange gesehnt hatten.
Homann nennt das Camp einen Erfolg: „Man hat beim Debattencamp gesehen, welche Lust die Partei am Diskutieren hat. 400 Leute waren dort, 70 davon sogar ohne Parteibuch. Das ist ein Erfolg. Die SPD kann wieder begeistern – sich und andere.“ Man müsse eine „Bündnis- und Netzwerk-Partei“ sein, betont er mit seiner Co-Vorsitzenden oft.
Die SPD setzt noch auf wenige Themen
Deutlicher als früher setzt Sachsens SPD auf einige wenige Themen. Manchmal verzichtet die Partei sogar bewusst auf Pressearbeit: „Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die den Sachsen wichtig sind: gute Arbeit, sichere Renten, die Transformation der Wirtschaft“, sagt Michel. „Das ist unsere Linie. Darauf legen wir Wert. Wir wollen keine Kulturkämpfe über das Gendern oder Winnetou-Filme führen. Kulturkämpfe sind nur Ablenkungen von dem, was wirklich wichtig ist.“ Der neuen Führung ist es so gelungen, Ruhe in die Partei zu bekommen.
Die Aufteilung zwischen beiden Vorsitzenden funktioniert: Michel kümmert sich als Bundestagsabgeordnete zuvorderst um Themen mit bundesweiter Relevanz. Homann bespielt die Landespolitik. Beide stimmen sich ab, sind ständig im Austausch. Die Parteispitze betont, wie wichtig ihnen das Mannschaftsspiel ist.
Homann und Michel wollen weitermachen
„Kathrin Michel und ich pochen nicht darauf, dass wir die einzigen sind, die die Partei nach außen vertreten“, sagt Homann. Wirtschaftsminister Martin Dulig, Sozialministerin Petra Köpping und Fraktionschef Dirk Panter seien beispielsweise genauso wichtig. „Es gibt nur eine Sache, auf die wir beide Wert legen: Uneitelkeit. Für die SPD stehen die Menschen im Mittelpunkt, nicht wir selber.“
Dass Michel und Homann beim Parteitag im Sommer erneut gemeinsam als Parteiführung antreten möchten, wird die Partei nicht überraschen. „Wertschätzung, Vertrauen und Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Dafür wollen wir noch mal antreten“, sagt Michel. „Wir wollen als Vorsitzenden-Duo weitermachen.“