Zehn Tage vor Weihnachten geht Sachsen in den Lockdown. Der stellvertretende LVZ-Chefredakteur Olaf Majer mahnt jedoch: Bei allem Verständnis für den Handlungszwang darf der demokratische Rechtsstaat auch in dieser Krise nicht Maß und Mitte verlieren.
Leipzig. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit - dieses beliebte Weihnachtslied muss in diesem Jahr umgedichtet werden. Die Haustüren bleiben zu, die Geschäfte geschlossen: Der Advent 2020 ist eine Ankunft in der harten Corona-Realität. Schulen, Kindergärten, Baumärkte, Läden dicht. Keine Konzerte, kein Hallensport, Gastronomie nur mit Abholservice: Der am Freitag beschlossene Lockdown betrifft fast jeden in Sachsen. Plötzlich ist das Wort "Verzicht" in aller Munde, das viele allenfalls noch von Erzählungen der Großeltern aus DDR-Zeiten oder aus noch dunklerer Kriegsvergangenheit kannten.
Dass aber Ministerpräsident Michael Kretschmer nun gar von "autoritären Maßnahmen" des Staates spricht, um die Regeln und Verbote durchzusetzen, muss einen hellhörig werden lassen. Wie soll dieses Durchgreifen des Staates in der Praxis aussehen? Ungute Erinnerungen an den ABV werden zumindest im Osten wach, als der sogenannte Abschnittsbevollmächtigte für Ordnung im Wohnquartier sorgte und dabei nicht selten in seinem Machthabitus übers Ziel hinausschoss. Bei allem Verständnis für den Handlungszwang: Der demokratische Rechtsstaat darf auch in dieser Krise nicht Maß und Mitte verlieren.