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Tod von Prinz Philip: Royals-Experten lassen sich fürstlich bezahlen

Menschen trauern am Buckingham-Palast – wenn TV-Sender dort filmen wollen, wird es teuer.

Menschen trauern am Buckingham-Palast – wenn TV-Sender dort filmen wollen, wird es teuer.

London. Es gibt, das kann man ohne Zweifel behaupten, kein Detail über Prinz Philip, das seit seinem Tod nicht in aller Breite in den Medien gespielt wurde. Der Prinz und die Queen. Der Prinz als Pilot. Der Prinz und sein Verhältnis zur Skandal-Ex-Schwiegertochter Sarah Ferguson. Ja, einmal ging es sogar um den Prinzen und seine kolportierte Freude an der Beobachtung von Vögeln. Die britische Rundfunkanstalt BBC ging so weit, dass sie nach der Bekanntgabe am vergangenen Freitagmittag das gesamte Programm der Radio- und TV-Sender umwarf. Fast einen Tag lang gab es nur den Prinzgemahl, auf jedem Kanal. Die BBC habe die Menschen „zur Trauer gezwungen“, kritisierten Beobachter. Das Publikum war ebenfalls weniger amused, es schaltete massenhaft ab. Über das Wochenende hagelte es zudem fast 111.000 Beschwerden von Bürgern, so viele wie nie zuvor.

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Mitten im Philip-Wahnsinn schwamm auch Dickie Arbiter, der das Volk unter anderem wissen ließ, dass der Herzog von Edinburgh und die Queen „immer gute Eltern waren“, aber die royalen Pflichten oft an erster Stelle standen. Arbiter arbeitete von 1988 bis 2000 als Pressesprecher von Königin Elizabeth II. – und seitdem macht er diesen traditionell weniger lukrativen Palastjob zu einem äußerst gewinnträchtigen Geschäft. Der 81-Jährige ist royaler Experte. Seine Preise schwanken, aber für rund 150 Pfund, umgerechnet mehr als 170 Euro, kommt man in den Genuss von zehn Minuten Arbiter-Expertise. „Er nimmt nicht einmal den Hörer ab, wenn er nicht bezahlt wird“, sagt Tim de Wit, Großbritannien-Korrespondent für die niederländische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt NOS.

Filmen vor dem Buckingham-Palast ist teuer

Der Fernsehmann braucht Kommentatoren vor der Kamera, doch kaum noch jemand redet ohne horrendes Honorar über die Royals. Die ehemalige Königshaus-Korrespondentin des Boulevardblatts „Daily Mirror“ etwa verlangt rund 200 Pfund, rund 230 Euro. Die Praxis ‚Geld gegen Interview‘ nehme bei royalen Themen überhand. „Ich finde das überheblich und unverschämt“, so der Journalist. „Wir geben diesen Menschen ein Podium.“

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Und das ist längst nicht das einzige Problem. Als sich der Reporter nach dem Tod des 99-jährigen Herzogs vor dem Buckingham-Palast postieren wollte, wurde er von der Polizei weggeschickt. Es waren fast ausnahmslos die großen britischen Sender, die die Erlaubnis erhielten, vor dem berühmten Bau in Londons Zentrum zu filmen. Oder aber kapitalkräftige ausländische Anstalten, die ein Vermögen für die Akkreditierung bezahlten. Der Rest und damit vor allem die kleinen und mittelgroßen Auslandssender mussten sich für viel Geld bei britischen Sendern oder der Europäischen Rundfunkunion Zeitfenster erkaufen, zu denen die Korrespondenten ihre Live-Schalten durchführen konnten.

Hinter den Kulissen herrscht vor allem Ärger über den Umgang des Palasts mit den nicht britischen Medien. Keinerlei Kommunikation finde statt, man werde ignoriert. „Ich muss aus der Zeitung erfahren, was passiert, lächerlich“, sagt Tim de Wit. „Es ist die institutionalisierte Arroganz in Großbritannien.“ Vergessen werde dabei, „dass wir die Lautsprecher für die Royals sind und deren Image im Ausland vermitteln“.

Akkreditierungen für ausländische Medien stark begrenzt

Das sieht auch Deborah Bonetti, Direktorin des Auslandspresseverbands FPA in London, so. „Wir wissen, wie wertvoll die Königsfamilie für die ‚soft power‘ dieses Landes ist, insbesondere jetzt nach dem Brexit, und das ist zu einem massiven Teil deshalb so, weil auf der ganzen Welt umfassend über die Royals berichtet wird.“ Kein anderes Königshaus inszeniert den Pomp besser als die „Firma“, wie die Royals bezeichnenderweise genannt werden. Die unterhaltsamsten Traditionen, die prächtigsten Hochzeiten, die eindrücklichsten Beerdigungen – alles stets übertragen in jeden Winkel dieser Welt.

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Am Samstag findet mit der Trauerfeier für den Prinzgemahl das nächste Großereignis statt. Und obwohl die Pandemie das Spektakel deutlich verkleinert hat, wird sich abermals die Weltpresse im beschaulichen Ort Windsor versammeln, jeden Schritt verfolgen, jedes Wort interpretieren, jede Träne kommentieren. Wegen Corona wurden die Akkreditierungen für ausländische Medien jedoch stark begrenzt. „Das schränkt unsere Fähigkeit, unsere Arbeit ordentlich zu machen, dramatisch ein“, so Bonetti. „Traurigerweise könnte man sagen, dass – wieder einmal – ‚Global Britain‘ beschlossen hat, die heimische Berichterstattung vor die internationale zu stellen.“

Tim de Wit muss am Samstag wohl fünf Mal live vor die Kamera – und ein paar Tausend Euro bezahlen, „um auf wenigen Quadratmetern mit meinem eigenen Kameramann stehen zu können.“ Immerhin, Schloss Windsor bildet den Hintergrund.

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