TV-Kritik

Neue ZDF-Vorabendserie „Hotel Mondial“ – eine Herberge in Frauenhand

Lara Hildebrandt (von links nach rechts, Joy Ewulu), Maria Rietzel (Lea Sophie Salfeld), Eva de Vries (Gesine Cukrowski) und Uli Kersting (Agnes Mann) in einer Szene aus „Hotel Mondial“.

Lara Hildebrandt (von links nach rechts, Joy Ewulu), Maria Rietzel (Lea Sophie Salfeld), Eva de Vries (Gesine Cukrowski) und Uli Kersting (Agnes Mann) in einer Szene aus „Hotel Mondial“.

Das Fernsehen hat bekanntlich Orte, an denen es mit Vorliebe dreht. Kanzleien oder Kommissariate, Krankenhäuser und seit Arthur Haileys gleichnamiger Serie der frühen Achtziger auch dort, wo Realität naturgemäß auf Träume trifft: im Luxushotel. Das Adlon diente schon als Kulisse und die Tortenlegende Sacher gar mehrfach, während fiktionale Fünfsternehäuser namens Drei Könige oder Lindbergh buchstäblich Luftschlösser wie jenes am Wörthersee sind, in dem Roy Black 1990 das wiedervereinte Land begrüßte.

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Wenn das ZDF jetzt im Mondial eincheckt, ist das schneeweiße TV-Hotel folglich aktuell und antiquiert zugleich. Direkt von der Uni kommt die junge Lara (Joy Ewulu) an den Schweriner See, um als Direktionsassistentin anzufangen. Dummerweise wird ihr Chef kurzfristig von der resoluten Eva de Vries (Gesine Cukrowski) ersetzt, die das Hotel nach einwöchiger Undercover-Inspektion umstrukturiert und gleich mal mit Lara Hildebrandt beginnt: per fristloser Kündigung.

Brüchige Biografien

Kein guter Start also für zwei Charaktere, denen Autor Markus Stromiedel („Stubbe“) schon vor Laras zweiter Chance durchaus brüchige Biografien andichtet: Die Quereinsteigerin, so lehren uns verwackelte Flashbacks aus Laras Kindheit, verbindet ein dunkles Geheimnis mit der Nobelherberge ihres Adoptivvaters, das dessen neue Managerin mit eiserner Hand auf Vordermann bringen soll. Ihr privates Leben aber scheint in größerer Unordnung zu sein als ihr berufliches – darauf lässt ein Foto schließen, von dem sie die Frau an ihrer Seite reißt.

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Komplettiert von der deutsch-vietnamesischen Empfangsdame Linh (Nhung Hong), die mit Fach- und Allgemeinwissen glänzt, hat Regisseurin Eva Wolf also ein Team ziemlich fortschrittlicher Frauenfiguren formiert. Ganz im Gegensatz zum männlichen Teil der Serienbelegschaft.

Denn das stammt aus dem Präkambrium gastronomischer Unterhaltung, als Fritz Eckhardt im ZDF-Klassiker „Hallo, Hotel Sacher ... Portier!“ vor 50 Jahren fürs Wohlergehen von Personal und Publikum sorgte. Chefrezeptionist Raik König (Daniel Aichinger) mit Menjou-Bart über Errol-Flynn-Locke, sein Azubi Paolo (Louis Held) mit offener Hand (und mitunter Hose) beim Room-Service, Laras ölig lächelnder, Sascha-Hehn-geföhnter Verehrer (Richard Kreutz) – mit dieser Sorte Kollegen lassen sich vielleicht am CSU-Stammtisch Wählerinnen und Wähler in Lederhose gewinnen, aber ganz sicher keine jungen ZDF-Zuschauerinnen. Und dann diese Episodenstorys!

Fall von #MeToo mit Rassismusfaktor

Zum Auftakt ein dementes Genie (Steffen Groth) als Hauptredner der Mathe-Convention im Mondial, zu dem auch die bildschöne Wissenschaftlerin Annabelle (Mersiha Husagic) anreist, der Paolo mit aasiger Selbstgewissheit den Hof macht und beim Quickie im Hotelbett – ein Witz, kein Witz – allen Ernstes Formelnamen gibt. Da liegt die Messlatte der Hochkultur gleich mal auf Bodenhöhe – muss von Stromiedels Co-Autorin Dina El-Nawab in Folge zwei also mit reichlich Mühe erhöht werden.

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Am Beispiel einer Influencerin (Larissa Marolt) und ihres gewalttätigen Mannes (Bert Tischendorf) geht es um einen Fall von #MeToo mit Rassismusfaktor, der sich im Rahmen des Vorabendmöglichen durchaus differenziert mit toxischer Männlichkeit befasst – wäre da nicht dieses ständige Hauen und Stechen aller Hotelangestellten inklusive eines Drachens im Chefsessel, der Fachkräfte feuert, als stünde das Mondial in Texas, nicht in Meck-Pomm.

Das Potenzial, vom Vorabendallerlei abzuweichen

Dass Eva de Vries die BWL-Absolventin Lara nach deren Kündigung wieder einstellt, aber trotz fehlender Fachkenntnisse zur Rezeptionistin degradiert, macht die Seriensache nicht schlüssiger.

Dennoch: Im Kreis Tausender Polizistinnen und Polizisten mit oder ohne Uniform hat „Hotel Mondial“ ungeachtet seiner traditionellen Thematik das Potenzial, ein bisschen vom Vorabendallerlei abzuweichen. Viel Glück!

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Die Serie „Hotel Mondial“ ist bereits in der ZDF-Mediathek abrufbar und läuft ab dem 1. Februar um 19.25 Uhr auch im linearen Fernsehen.

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