Mindestlohn steigt auf 12 Euro: Lindner will Zeitungsverlage entlasten
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Zustellung von Zeitungen ist „Teil unserer Infrastruktur“: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP, links), Mathias Döpfner, derzeitiger BDZV-Präsident und Axel-Springer-Chef (M.), und Mario Czaja, Generalsekretär der CDU (r.), beim Kongress des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom in Berlin.
© Quelle: Jörg Carstensen/dpa
Ein guter Freund lässt einen niemals dumme Dinge alleine tun – so lautet eine populäre Redensart. Nehmen wir zum Beispiel Springer-Chef Mathias Döpfner und Donald Trump. Döpfner steht seit Tagen wegen einer internen E‑Mail an Springer-Führungskräfte massiv unter Druck. Darin rief er kurz vor der US‑Wahl 2020 dazu auf, „zu beten, dass Donald Trump wieder US‑Präsident wird“, wie die „Washington Post“ berichtete. Prompt kam Lob von dem Mann, der Schmeicheleien aufzusaugen pflegt wie ein Schwamm das Wasser: „Danke an den sehr großartigen Mathias Döpfner“, schrieb Trump in seinem Twitter-Nachbau Truth Social. „Die gute Nachricht ist, WIR HABEN GEWONNEN. Mit Abstand.“ Nun ja.
Trumps Lügen-Lob ist ein weiterer PR‑Rückschlag für Döpfner, der sich mit dem Kauf des US‑Portals Politico derzeit anschickt, Springer auch in den USA und darüber hinaus zur publizistischen Größe zu machen (und dabei offenbar die kühle Gnadenlosigkeit der US‑Kollegen unterschätzt hat). Die neuerliche Affäre überschattete seinen letzten Auftritt als Verlegerpräsident beim Jahreskongress des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) am Dienstag in Berlin.
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„Nicht jeder will oder kann Zeitungen digital lesen“: Mathias Döpfner, derzeitiger BDZV-Präsident und Axel-Springer-Chef, beim Kongress des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom in Berlin.
© Quelle: Jörg Carstensen/dpa
Im Mai war bekannt geworden, dass Döpfner sein Amt vorzeitig ab Herbst abgeben wird. Zuvor hatte es im Verband massiven Unmut über Döpfner gegeben. Anstoß war die Affäre um den früheren „Bild“-Chef Julian Reichelt, den Döpfner in einer privaten E‑Mail als „letzten und einzigen“ Journalisten verteidigt hatte, der noch gegen den „neuen DDR-Obrigkeitsstaat“ aufbegehre. Alles nur Ironie – hieß es später, genau wie im Fall der Trump-Mail. Künftig soll nun ein Vorstand das bisherige BDZV-Präsidium ersetzen – mit drei Spitzen- sowie vier Ressortvorständen für die Bereiche Märkte, Journalismus, Trends & Innovationen sowie Finanzen.
„Kostenexplosion bedroht auch Verlage“
In seiner Abschiedsrede nun warnte Döpfner, dass die aktuelle Kostenexplosion auch die deutschen Verlage bedrohe. Übermäßig steigende Gas-, Strom- und Papierpreise stellten die Existenz vieler Medienhäuser infrage. Ab 1. Oktober steigt zudem der Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde – damit verteuert sich auch die klassische Zeitungszustellung massiv. „Nicht jeder will oder kann Zeitungen digital lesen“, sagte er.
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Ohne die gedruckte Zeitung aber werde „auch die Finanzierung von digitalem Journalismus in der laufenden Transformation kaum möglich sein“. Damit werde gerade „in der Fläche, im Regionalen und Lokalen, gesellschaftlicher Zusammenhalt und örtliche Meinungsbildung aus verlässlichen Quellen geschwächt“. Die gute Nachricht: Erstmals hätten die Zeitungsverlage 2021 mit ihren digitalen Angeboten mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt.
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„Ich kann mir grundsätzlich eine Zustellförderung vorstellen“: Christian Lindner (FDP), Bundesfinanzminister, beim Kongress des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom in Berlin.
© Quelle: Joerg Carstensen/dpa
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) stellte den Verlegern Unterstützung bei der Zeitungszustellung in Aussicht. Die Zustellung von Zeitungen sei „Teil unserer Infrastruktur“, sagte er als Gast beim BDZV-Kongress und verwies auf den Koalitionsvertrag der Ampelregierung. Darin heißt es: „Wir wollen die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen gewährleisten und prüfen, welche Fördermöglichkeiten dazu geeignet sind.“ Er könne sich deshalb „grundsätzlich eine Zustellförderung vorstellen“. Das Wirtschaftsministerium werde in Kürze eine Studie über Fördermodelle vorstellen.
„Die Lokalzeitungen schützen“
Gegen das Grundgesetz oder EU‑Recht jedenfalls verstieße eine solche Förderung „für eine Übergangsphase“ nicht. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens des Verbands Deutscher Lokalzeitungen, das der Medienrechtler Johannes Weberling verfasst hat. Ohne unabhängige Medien sei die Demokratie gefährdet, heißt es darin. Solche Zuschüsse seien daher verfassungsrechtlich zulässig, solange damit keine „inhaltslenkende Wirkung“ verbunden ist. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Verlegern bereits im Juni versprochen: „Wir werden uns dafür einsetzen, den Lokaljournalismus und besonders die Lokalzeitungen zu schützen und die Rahmenbedingungen Ihrer Arbeit zu verbessern.“
Döpfner warnte zudem vor „alternativen Fakten“, dem „Stilmittel von Autokratien und Diktaturen“: „Wenn in einer Demokratie Fakten kein verlässliches Fundament mehr sind, schwindet nicht nur das Vertrauen, es gedeihen Verschwörungstheorien“, sagte er. Welche Rolle in diesem Zusammenhang Donald Trump spielt, erwähnte er nicht.