Wissenschaftlerin über deutsche Kriegsangst: „Zurückgeworfen auf Eidechsenhirn“
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Die Neurowissenschaftlerin und Psychologin Maren Urner erklärte bei „Markus Lanz“, wie die Angst uns lähmen kann.
© Quelle: ZDF / Cornelia Lehmann
Krieg macht Menschen Angst, auch dort, wo er nicht stattfindet. In der Donnerstagsausgabe von „Markus Lanz“ wurde die lähmende Emotion von Neurowissenschaftlerin und Psychologin Maren Urner nüchtern und auf Basis der Wissenschaft eingeordnet. Angst werde laut Urner von vielen Psychologinnen und Psychologen sowie Neurowissenschaftlerinnen und Neurowissenschaftlern „als die stärkste Emotion bezeichnet“. Die Erklärung lieferte sie gleich mit: „Weil sie einfach so grundlegend für unser Leben ist. Am Ende des Tages ist es eine existenzielle Frage.“
Wenn wir in Angst sind, sei „die Gehirnregion, mit der wir gute, überlegte und auch kluge Entscheidungen treffen können, blockiert“. Dies bedeute, „wir sind eher so zurückgeworfen auf unser Eidechsenhirn“. Auch gesellschaftlich und politisch ließe sich das beobachten, was die Neurowissenschaftlerin ausdrücklich nicht als „despektierlich“ verstanden wissen wollte. Es bedeute einfach, dass uns drei verschiedene Antwortverhalten blieben.
Die erste Option heiße „fight“, kämpfen. Im Zusammenhang des Ukraine-Kriegs sei dies laut Urner selbsterklärend. Das zweite Antwortverhalten „flight“ sei im Sinne von wegrennen beziehungsweise sich in die eigene Sicherheit zurückzuziehen zu verstehen. Ansonsten bliebe noch „freeze“, einfrieren. An diesem Punkt sei man bei der viel zitierten Hilflosigkeit im Umgang mit den schrecklichen Ereignissen in der Ukraine.
Erstaunlicher Fakt
Im Zuge dieser drei Antwortverhalten sei es laut der Psychologin ganz wichtig zu verstehen, welche Rolle die Medien bezüglich dieser Angst einnehmen. Dann wartete sie mit einem für Laien erstaunlichen Fakt auf: Indirekte Information, beispielsweise über Social Media, vielleicht auch mit dem Ziel, uns in spezielle Emotionen zu versetzen, würden uns „teilweise mehr stressen und uns in diesen Angstzustand versetzen, als wenn wir selbst vor Ort sind“.
Dies sei in mehreren Studien gut untersucht worden. Als Beispiel nannte Urner den Anschlag auf den Boston Marathon im Jahr 2013, bei dem Menschen, die sich medial viel mit dem Thema auseinandersetzten, „akut und chronisch länger und intensiver gestresst waren“ als solche, die das Attentat tatsächlich vor Ort miterlebten. „Da sind wir bei einer ganz wichtigen Stellschraube“, unterstrich die Medienpsychologin, „nämlich der Verantwortung der Medien und der Informationsweitergabe im weitesten Sinne“.
RND/Teleschau
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