Kremlkritische Zeitung „Nowaja Gaseta“ stellt Erscheinen vorläufig ein
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Dmitri Muratow, Chefredakteur der Moskauer Zeitung „Nowaja Gaseta".
© Quelle: Hakon Mosvold Larsen/NTB Scanpix
Moskau. Die kremlkritische Zeitung „Nowaja Gaseta“ stellt ihr Erscheinen wegen des Drucks von russischen Behörden bis zur Beendigung des Krieges in der Ukraine vorübergehend ein. Die Ausgaben im Internet und auf Papier werden bis „zum Ende der „Spezialoperation auf dem Gebiet der Ukraine““ nicht mehr erscheinen, teilte die Redaktion am Montag im Kurznachrichtendienst Twitter mit, der in Russland blockiert ist. Die von Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow geführte Zeitung ist eines der letzten verbliebenen unabhängigen Medien in Russland.
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Zu Begründung nannte die „Nowaja Gaseta“, dass die Redaktion inzwischen die zweite Verwarnung von der Medienaufsicht Roskomnadsor erhalten habe. Bei zwei solchen Verwarnschreiben der Behörden drohe in Russland der Entzug der Lizenz, hieß es. Demnach soll es das Blatt versäumt haben, bei einem Artikel den Zusatz „ausländischer Agent“ zu erwähnen. Wer etwa als Nichtregierungsorganisation oder als Medium Geld aus dem Ausland erhält, muss sich auf Anweisung der Behörden als „ausländischer Agent“ bezeichnen. Viele Betroffene kritisieren die Bezeichnung als stigmatisierend.
Chefredakteur Muratow hatte Putin öffentlich kritisiert
Chefredakteur Muratow hatte den Krieg von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine öffentlich kritisiert. Die Zeitung hatte nach Erlass eines neuen Gesetzes zur Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit in Russland darauf verzichtet, von einem „Krieg“ zu schreiben. Das Wort ist im Zusammenhang mit der Invasion in die Ukraine geächtet in Russland. Allerdings brachte die „Nowaja Gaseta“ zuletzt große Reportagen über das Leid der Menschen im Zuge des Kriegs.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bezeichnete den Schritt als „Folge der Zensur und der Jahre systematischer Einschüchterung durch die russischen Behörden“. Er sprach von einem „systematischen Vorgehen gegen unabhängige Medien in Russland“. „Diese Medienzensur geht einher mit der Manipulation und Desinformation des russischen Publikums durch staatlich kontrollierte Medien im Zusammenhang mit dem nicht provozierten und ungerechtfertigten Krieg Russlands gegen die Ukraine.“
RND/dpa