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„Der Pass II“ bei Sky: Gedeon Winter und Ellie Stocker sind wieder zurück

Ein Mörder geht um im Winterland: Der österreichische Inspektor Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek, l.) und die deutsche Polizistin Yella Antic (Franziska von Harsdorf) ermitteln in der zweiten Staffel der Serie „Der Pass“.

Ein Mörder geht um im Winterland: Der österreichische Inspektor Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek, l.) und die deutsche Polizistin Yella Antic (Franziska von Harsdorf) ermitteln in der zweiten Staffel der Serie „Der Pass“.

Der Inspektor war ganz bei sich, als er starb. Der Fall des Krampus-Killers war endlich gelöst und die tödlich vergiftete Kollegin aus Deutschland hatte er auch retten können. Tag und Nacht lange hatte Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) im Krankenhaus Wache gehalten, bis klar war, dass Ellie Stocker (Julia Jentsch) nicht mehr auf der Kippe stand. Der Abschied danach war beinahe zärtlich gewesen, dann hielt an einem Bahnübergang vor einem großartigen Schnee- und Alpenpanorama ein Motorrad neben seinem Wagen.

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Der Mann auf dem Sozius schoss durchs Fahrerfenster. Rache, weil Winter, um wieder in den Dienst zurückkehren zu können, den Sohn des Calafati, des regionalen Obermobsters, ans Messer geliefert hatte. Die Thrillerserie „Der Pass“, eine der vielen internationalen Versionen des dänisch-schwedischen Originals „Die Brücke“, schien schon mit der ersten Staffel an ihr Ende gelangt zu sein. Abspann. Drei Schüsse aus nächster Nähe – unüberlebbar … eigentlich.

Überraschend eine zweite Staffel „Der Pass“

Und nun also doch „Der Pass II“. Die Helden dieser unerwarteten Fortsetzung freilich sind schwer gebeutelt. Dem vierschrötigen Gefühlsdusler Winter steckt noch eine der Kugeln des Attentäters im Kopf, was verhindert, dass er problemlos wieder in den Polizeidienst zurückkehren kann. Schlimme Träume suchen ihn überdies im Krankenbett heim.

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Und die nüchterne Stocker ist zutiefst traumatisiert von der für sie lebensbedrohlichen Klimax des Krampus-Falls. Bei Einsätzen wird es ihr eng, Stimmen klingen wie von weit weg und eines Tages legt sie mit entsicherter Dienstpistole auf einen Kollegen an. Das Verhör eines Mordverdächtigen läuft schief, weil sie von alten Schreckensbildern aus der Konzentration geworfen wird. Als sie erfährt, dass Winter aus dem Koma erwacht ist, kehrt sie vor den Krankenhauspforten wieder um – unfähig, ihm einen Besuch abzustatten. Zwei an Leib und Seele Versehrte – da lachen ja die Serienmörder.

Ein entsprechender Fall bahnt sich trotzdem an – an den Ufern des Wildbachs Zill, erneut versehen mit ein wenig Alpenlandmystik. Der Tierpräparator Manni (Erol Nowak) liest einer katatonischen Frau (die noch eine bedeutsame Rolle spielen soll) in den ersten Minuten des Achtteilers die Sage vom Wilderer Schiech vor, dessen Empathie vom Reichtum kassiert wurde – eine Version von Wilhelm Hauffs Märchen vom „kalten Herz“.

Der „Xandi“ empfindet Freude am Schmerz anderer

Manni ist der Mann für alles Mögliche der reichen Gebrüder Gössen: Der schüchtern scheinende, höfliche Alexander (Dominic Marcus Singer) hat einen Vorspieltermin am Konservatorium und man ahnt schon an seiner unbeholfenen Art, dass das nichts wird mit der Karriere als Klaviervirtuose. Der ältere Wolfgang (Christoph Luser) ist ein Mann der Zahl, dem das größte Bauprojekt des Familienunternehmens durch einen allzu neugierigen Rechnungshof durchkreuzt werden könnte.

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Alle drei sind sie Jäger und Ealle wissen sie von dem Problem Alexanders. Der „Xandi“ erlöst ein angeschossenes Tier nicht, er labt sich am Schmerz der Kreatur und vertieft dessen Qual noch. Dann stirbt eine 18-jährige deutsche Touristin, die zuvor mit 34 Stichen gefoltert wurde und das Publikum weiß – wie schon in der ersten Staffel – schnell, wer Schuld hat. Die Frage ist nicht „Wer war der Mörder?“, sondern „Wie kriegt man den Kerl dran?“.

Die ersten drei Folgen sind dabei noch eher langsam, spannungsreduziert, viel Zeit wird darauf verwendet, die Charaktere einzuführen. Vor allem die deutsche Nachwuchspolizistin Yella Antic, die mehr sein will als nur ein Rädchen im Getriebe, die „den Tätern in die Augen sehen“ will. In den ersten Folgen ist die ehrgeizige Ermittlerin der Kripo Traunstein (auf Stockers Empfehlung hin) die deutsche Verbindungsbeamtin im Salzburger Land und – nach anfänglichen Widerwillen – Partnerin des als Polizeiberater angeheuerten Winter („I muaß wieda wos moch‘n, sonst geh i kaputt“).

Die deutsche Jungpolizistin stößt auf Widerstand

„Des is a rein österreichische O‘glegnheit“, stößt Antic auf Zurückweisung der Sonderkommission. Aber sie hat ein Auge für Details, ist intuitiv, versetzt sich hinein, in das, was passiert ist, und in den, der den Tod bringt, und erzielt erste Erfolge. Die charismatische Newcomerin Franziska von Harsdorf spielt das in einer „A Star is Born“-Weise, dass man durchaus nachvollziehen kann, weswegen sich Grantler Winter fast ein wenig verliebt zeigt. Diese Augen, dieses Lächeln …

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Alles ist feinstes Alpic noir. Schnee, Wald, Fels. Das Österreich von Cyrill Boss und Philipp Stennert (Buch und Regie) ist voller Dunkel und Halbdunkel, voller Abend, Nacht und Schatten. So schwarz-weiß ist „Der Pass II“, dass einem das Rot eines Krankenwagens so ins Auge sticht wie einst der Mantel des kleinen Mädchens in Steven Spielbergs „Schindlers Liste“ (1993). Auch die von Jacob Shea komponierte, von Hans Zimmer produzierte Musik ist felsig, türmt sich auf, beklemmend und bedrohlich wie die Natur und die Bestie Mensch darin.

Rotkäppchen Stocker geht auf Wolfsjagd

Ab Folge vier zieht auch das Tempo an, dann wird „Der Pass II“ ein komplexes und fesselndes Psychodrama von Schuld, Verrat, Männerbündlerei und Wahnsinn. In bester „Game of Thrones“-Manier werden vermeintlich unverzichtbare Figuren geopfert. Dann erst stößt Stocker zur Truppe – in ihrer Rotkäppchenjoppe geht sie mit Winter auf die Jagd nach dem Wolf, der die Mädchen holt. „Ich kann nicht noch mal zu spät kommen“, sagt sie. „Wenn mir den net kriag‘n, dann niemand“, weiß Winter. Dem ist – rein aus Erfahrung – nichts hinzuzufügen … vorerst. Zumal die meisten anderen Kollegen die Sache weniger persönlich nehmen und der Gegenseite überdies wichtige Informationen durchgestochen werden.

Und dann wird man am Ende allen Schreckens ein weiteres Mal so überrascht wie beim Finale der ersten Staffel. Nur dass die letzten Minuten diesmal eine Fortsetzung unausweichlich machen. Der Winter tut etwas völlig Unmögliches. Und dafür ist er uns eine Erklärung schuldig.

„Der Pass II“, acht Episoden, Regie und Buch: Cyrill Boss & Philipp Stennert, mit Nicholas Ofczarek, Julia Jentsch, Franziska von Harsdorf (ab 21. Januar bei Sky)

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