Streaming wird für ARD und ZDF immer wichtiger – neue App ist kostenpflichtig
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Szene aus der vierten Staffel von „Babylon Berlin".
© Quelle: Die Verwendung ist nur bei redaktioneller Berichterstattung im Rahmen einer Programmankündigung ab 2 Monate vor der ersten Auss
Für ARD und ZDF ist es eine existenzielle Angelegenheit: Um jüngere Zielgruppen zu erreichen, wollen sie ihre Mediatheken stärken. Denn laut Prognosen sehen spätestens im Jahr 2030 mehr Menschen Videocontent online als linear. Und es ist vor allem das junge Publikum, das schon jetzt lieber streamt, als sich zu festen Zeiten vor den Fernseher zu setzen.
2019 haben die 30- bis 49-Jährigen beispielsweise noch zu zwei Dritteln klassisches TV geschaut. Bereits 2021 wurden mehr Bewegtbildinhalte über nonlineare Ausspielwege konsumiert. Ausgelöst haben den Boom Anbieter wie Netflix und damit ein „Ungleichgewicht“ erzeugt. So sieht es zumindest ARD-Programmdirektorin Christine Strobl: „Die großen US-Streaminganbieter wie Netflix haben die Sehgewohnheiten inzwischen bei uns entscheidend geprägt. Sie können als globale Akteure mit einem unglaublichen Budget eine Fülle an Programm anbieten.“
Um da mithalten zu können, gehen die Öffentlich-Rechtlichen mittlerweile Allianzen ein, die es früher nicht gegeben hätte. Eine Art Vorreiterrolle nahm hier vor einigen Jahren die Historienkrimiserie „Babylon Berlin“ ein. Eine Partnerschaft zwischen Bezahlsender und öffentlich-rechtlichem Sender war damals noch innerhalb der Anstalt umstritten. Auch weil das ARD-Publikum bei der aktuellen Staffel erst ein Jahr nach der Premiere bei Sky zuschauen darf.
Öffentlich-Rechtliche gehen neue Wege
Das ZDF verfolgt ebenfalls eine Strategie mit verschiedenen internationalen Partnern, um die gewünschten aufwendigen Leuchtturmprojekte zu finanzieren. Ein aktuelles Beispiel ist „Der Schwarm“. Verfilmt nach der Bestsellervorlage von Frank Schätzing, wird der Umweltthriller seine Premiere im Februar während der Berlinale feiern. Beteiligt an dem Achtteiler sind France TV, Rai, ORF, SRF sowie die Streaminganbieter Viaplay Group und Hulu Japan. „Der Schwarm“ wird zuerst in der Mediathek, dann als Eventprogrammierung an vier Abenden innerhalb einer Woche erst im linearen Fernsehen laufen. Budget: über 40 Millionen Euro.
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Die Ambitionen der Rundfunkanstalten sind jedenfalls hoch. Kürzlich betonte der SWR-Intendant Kai Gniffke: „Wir wollen in fünf Jahren der erfolgreichste Streaminganbieter in Deutschland sein. Der erfolgreichste deutsche Streaminganbieter sind wir schon jetzt.“ Die ARD-Mediathek hat aktuell 16 Millionen User und Userinnen monatlich und bietet über 180.000 Inhalte an. Zukünftig sollen 80 bis 90 Prozent der neuen Inhalte des Senders zuerst online abrufbar sein.
Warum ARD Plus kostenpflichtig ist
Dazu kommt das Streamingangebot ARD Plus des öffentlich-rechtlichen Senderverbands, das bislang via Prime Video, Magenta TV und Apple TV abonnierbar war. Seit 18. Oktober hat es den Status eines „eigenständigen bedienungsfreundlichen Streamingservice“, so Michael Loeb, Co-Geschäftsführer der ARD Plus GmbH.
Gratis ist die ARD-Plus-App nur 14 Tage lang – danach werden für den Kunden 4,99 Euro im Monat fällig. Das Motto von ARD Plus: „Das Beste von früher und heute“, wobei das „früher“ unter anderem für 450 „Tatort“-Folgen steht. Stellt sich die Frage: Hat man die nicht schon über den Rundfunkbeitrag bezahlt? „ARD Plus fängt dort an, wo die ARD Inhalte nicht mehr anbieten kann, weil sie nach den rundfunkrechtlichen Vorgaben nur zeitlich befristet angeboten werden dürfen“, erklärt eine ARD-Sprecherin auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). „Zudem gibt es Sendungen, bei denen die ARD-Mediathek nur zeitlich begrenzt Rechte erworben hat, etwa weil ein längerer Rechteerwerb nicht zu vertretbaren Konditionen möglich war.“ Kostenpflichtig sei ARD Plus, weil – analog zum Verkauf einer DVD – mit dem Angebot Rechte zu erwerben seien.
Wann das Streamingangebot ZDF Select den ARD-Schritt geht, ist noch offen. Als nächster internationaler Anbieter kommt am 8. Dezember Paramount+ nach Deutschland, um mit dem „Star Trek“-Kosmos (darunter die neue Serie „Star Trek: Strange New Worlds“) und hochwertigen Serien wie „Yellowstone“ und dessen Prequel „1883″ Streamingpublikum zu gewinnen.