Kippt der Industriepark Oberelbe noch?
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Die Initiatoren Daniel Szenes (li.) und André Liebscher fordern eine Abstimmung über den Industriepark Oberelbe.
© Quelle: Daniel Förster
Sächsische Schweiz. Am Feistenberg, südwestlich von Pirna, soll er entstehen. Er soll eine Gewerbefläche von etwa 140 Hektar umfassen und die Wirtschaft ankurbeln – immerhin bringt er, der interkommunale „Industriepark Oberelbe“ (IPO), bis zu 3 000 neue Arbeitsplätze in den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.
Die Städte Dohna, Heidenau und Pirna haben im Mai die Gründung eines Zweckverbandes beschlossen, der den Bau des großen Gewerbegebiets planen und koordinieren soll. Doch nun könnte das Mammut-Projekt durch zwei Pirnaer gekippt werden. Die „Bürgerinitiative Oberelbe“ um die Initiatoren Daniel Szenes und André Liebscher will ein Bürgerbegehren starten und somit eine Abstimmung über den IPO erreichen. Es wäre der erste Bürgerentscheid überhaupt in der Großen Kreisstadt Pirna.
Die Aktion versteht sich als demokratischer Weckruf aus der Mitte der Gesellschaft. Den Pirnaern soll bewusst gemacht werden, welche Chancen und Risiken das geplante Gewerbegebiet entlang des Autobahnzubringers B172a birgt.
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Die Karte zeigt die Ausdehnung des geplanten Gewerbeparkes zwischen Pirna und Dohna. Das Areal reicht bis an den Barockgarten von Heidenau-Großsedlitz. Die rot markierten Flächen sind Bauland, die gelb markierten die Ackerflächen.
© Quelle: Christian Flörke/DNN
Der Zweckverband rechnet mit Erschließungskosten von etwa 110 Millionen Euro für den Industriepark. „Das Projekt, welches nunmehr rund um den Feistenberg angegangen werden soll, sprengt jeden Rahmen – sowohl finanziell als auch flächenmäßig“, meint Szenes. „Die Herausforderungen an die Regenwasserrückhaltung sind noch in keiner Weise gelöst.“ Die Rolle der jetzt noch unbebauten Flächen als Frischluftschneise für Pirna werde ebenfalls vernachlässigt. Auch seien die finanziellen Risiken immens – insbesondere, weil derzeit noch keine Vorverträge abgeschlossen oder Investoren an Land gezogen wurden. „Es wird ins Blaue geplant und schlimmstenfalls gebaut“, so Szenes.
Die Stadtverwaltung Pirna dementiert diese Vorwürfe. Es gebe noch keine Kaufverträge, weil man sich noch nicht in der entsprechenden Planungsphase befinde, so Pirnas Stadtsprecher Thomas Gockel. „Derzeit laufen noch die Planungen der verkehrlichen Erschließung des IPO, darüber hinaus wird momentan der Bebauungsplan auf die Beine gestellt. Experten setzen sich zudem mit den Regenabflussverhältnissen und dem Artenschutz auseinander“, sagt Gockel. Auch sei man dabei, Kaufverfahren mit den Eigentümern des IPO-Plangrundstücks anzuberaumen.
2.000 Unterschriften sind nötig
Die Stadt Pirna, betont der Stadtsprecher, hält am IPO fest. Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) sieht in dem Projekt die Möglichkeit, die Wirtschaftskraft der Region maßgeblich zu beeinflussen. Ob das Bauvorhaben durch ein Bürgerbegehren überhaupt noch zu kippen ist, soll nun im Auftrag des Pirnaer Rathauses rechtlich geprüft werden. Schließlich ist die politische Grundsatzentscheidung über den IPO bereits mehrfach gefallen, zuletzt in Form des gegründeten Zweckverbandes.
Doch selbst wenn das Bürgerbegehren rechtens ist, muss die Initiativgruppe noch einige Hürden nehmen. Damit es zu einem Bürgerentscheid kommt, sind erst einmal einige Unterschriften zu sammeln. 2 000 Signaturen wahlberechtigter Pirnaer sind mindestens nötig, um eine Abstimmung herbeizuführen. Die Unterschriften will die Initiative innerhalb eines Jahres sammeln.
Kritik am offensiven Vorgehen der Initiativgruppe kommt aus der Nachbarkommune. „Zwei Pirnaer, die Unterstützer von Frauke Petrys Blauer Partei sind, wollen den Industriepark Oberelbe offenbar zu Fall bringen, bevor die abschließenden Planungen vorliegen. Mit diesem Vorgehen ordnen sie die Zukunft einer ganzen Region den eigenen Wahlkampfplanungen unter“, meint Norbert Bläsner, Fraktionsvorsitzender der Heidenauer FDP. Ein Bürgerentscheid über das millionenschwere Projekt sei sinnvoll – aber erst, wenn es eine entscheidungsreife Grundlage gibt.
Die „Bürgerinitiative Oberelbe“ vertritt die Meinung, dass den Pirnaern aktuell nur wenig über den IPO bekannt sei. Gleicher Ansicht sind im Übrigen auch die Stadträte von Pirna. Sie sprechen sich zwar mehrheitlich für den Bau des IPO aus, kritisieren jedoch die mangelhafte Transparenz. „Eine Reihe von Informationen zum Industriepark fehlt schlichtweg oder liegt uns nicht schlüssig vor“, stellte Thomas Gischke, Vorsitzender der Fraktion „Wir für Pirna - Freie Wähler“, bei der jüngsten Stadtratssitzung am Dienstagabend fest. Die Kommunalpolitiker beschlossen daher gemeinsam, dass die Stadtverwaltung den Stadtrat künftig transparenter über die Grundsätze und den Planungsstand des Industrieparks in Kenntnis setzt.
Wer nicht bis zur nächsten Ratssitzung warten will, kann sich schon am Mittwoch, 19. September, über den Industriepark Oberelbe informieren. Um 19 Uhr erläutert IPO-Projektentwickler Christian Flörke in der alten Feuerwache, Obere Burgstraße 6b, den aktuellen Planungsstand des Gewerbegebiets am Feistenberg.
Kontakt zur „Bürgerinitiative Oberelbe“: post@bürgerbegehren-feistenberg.de
Von Junes Semmoudi
DNN