Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden–Görlitz: Finanzierung offen
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Symbolbild.
© Quelle: dpa
Görlitz/Dresden. Seit Jahren kämpft der Freistaat Sachsen um die Elektrifizierung der Bahnstrecke von Dresden nach Görlitz. Erst vor wenigen Wochen kam dann endlich ein positives Signal aus Berlin. Der Bund hat das Projekt mit in das im Koalitionsvertrag verankerte Elektrifizierungsprogramm aufgenommen. Als einen großen Erfolg wertete dies zunächst die sächsische Landesregierung. Doch nun bestätigte ein hochrangiger Vertreter aus dem Bundesverkehrsministerium erst einmal die Skeptiker. Denn faktisch ist das Programm im wahrsten Wortsinn bisher nahezu wertlos – die Finanzierung des Projekts ist schlichtweg nicht gesichert.
Bereits kurz nach Bekanntgabe der Pläne hatte der Dresdner FDP-Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst davor gewarnt, dass das aufgelegte Elektrifizierungsprogramm bisher nur mit einer vergleichsweise mickrigen Summe in Höhe von fünf Millionen Euro ausgestattet ist. Das ist praktisch nichts mit Blick auf die immensen Kosten. Denn allein für die ins Programm eingetütete Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Görlitz inklusive des Nebenarms von Radeberg nach Kamenz muss voraussichtlich eine halbe Milliarde Euro investiert werden.
Auf Nachfrage von Torsten Herbst im Bundestag räumte der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) nun ein, dass das bisher für das Programm eingestellte Geld „sicherlich unzureichend“ ist. Das Bundesverkehrsministerium habe ein „absolutes“ Interesse an der Umsetzung – sei dazu aber auf die Unterstützung des Bundestags angewiesen, wo die nötigen Gelder mit dem Haushalt beschlossen werden müssen. „Aber da können wir natürlich nicht dem Deutschen Bundestag vorgreifen“, betonte Steffen Bilger.
Für Herbst steht nach dieser Aussage fest: „Der Jubel von Ministerpräsident Michael Kretschmer und Verkehrsminister Martin Dulig war verfrüht.“ Denn „ob in den kommenden Jahren mehr Mittel für die Elektrifizierung zur Verfügung stehen werden, steht komplett unter dem Vorbehalt zukünftiger Entscheidungen des Deutschen Bundestags“. Bis die Züge unter Fahrdraht rollen, wird es ohnehin mindestens noch zehn Jahre dauern. Die Bahn hatte jüngst erklärt, dass die Elektrifizierung frühestens bis 2029 zu machen sei – vorausgesetzt, dass es keine weiteren Verzögerungen gibt.
Der Dresdner Bundestagsabgeordnete Stephan Kühn (Grüne) hatte darüber hinaus noch auf ein weiteres Problem verwiesen. Denn das Programm decke laut seiner Erklärung nur die Elektrifizierung der Bahnstrecke ab. Unklar sei, wer die Kosten für die Ertüchtigung der Gleise übernimmt. Denn damit die Verbindung für den Fernverkehr attraktiv wird, müssen auch die Gleise durchgängig fit für Tempo 160 gemacht werden. Auf etwa 100 Millionen Euro schätzt Stephan Kühn die Kosten. Das Geld müsste der Freistaat bereitstellen – oder auf Mittel aus einem anderen Topf hoffen. Auch für Kühn hat die Staatsregierung in Dresden daher die Korken zu früh knallen lassen.
Politiker aus der Region pochen daher weiterhin auf die Aufnahme in den „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans. Dieses Papier enthält alle anstehenden großen Verkehrsprojekte des Bundes – auch die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden–Görlitz. Eine echte Chance auf Umsetzung haben aber nur die Projekte, die in der Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ stecken.
Auch bei der jüngsten Prüfung war das Vorhaben in Ostsachsen jedoch nicht in diese Kategorie hochgestuft worden. „Gerade im Zusammenhang mit der Diskussion um die Strukturentwicklung in der Lausitz ist das nicht akzeptabel“, unterstrich Torsten Herbst.
Ohnehin sei es für Deutschland „besonders peinlich, dass die Strecke zwischen Dresden und Wrocław auf polnischer Seite bis Ende 2019 komplett elektrifiziert sein wird, während auf deutscher Seite weiter nur Dieselzüge verkehren“, kritisierte Torsten Herbst. Bereits 2003 hatten Deutschland und Polen in einem Staatsvertrag die Elektrifizierung der Verbindung von Sachsen nach Schlesien vereinbart. Einer Vereinbarung, der bisher lediglich Polen nachgekommen ist.
Von Sebastian Kositz