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Uraltes Handwerk

Zwei Dresdnerinnen präsentieren Seiden-Siebdruck auf der Messe room+style

Siebdruckerin Irina Claußnitzer und Künstlerin Britta Jonas bei der Arbeit im Atelier.

Siebdruckerin Irina Claußnitzer und Künstlerin Britta Jonas bei der Arbeit im Atelier.

Dresden. Die Siebdruckerin Irina Claußnitzer und die Künstlerin Britta Jonas haben nie genau nachgezählt, wieviele Handgriffe es braucht, um ein einziges Seidentuch in dieser Qualität zu bedrucken: Ein jedes ihrer Tücher erzählt eine Geschichte. Fächer aus Handschuhen greifen in den Wind, Blumenräder trennen ein Gewirr aus Streifen, Flamingos schlagen Purzelbäume, Filmrollen spazieren durch das Bild. Phantasievoll erzählt, meisterhaft umgesetzt. Meisterhaft heißt in diesem Fall, künstlerisch und technisch mit großem Können.

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Und noch etwas schwingt in dieser Meisterschaft mit - die Freude an Perfektion, die Liebe zum edlen Material, zum uralten Handwerk. Irina Claußnitzer streichelt vorsichtig über ein Karree und sagt: „Handarbeit hat immer auch ein paar Überraschungen in petto. Da passieren Zufälle, die es bei einer automatischen Fertigung gar nicht gäbe. Wenn wir die Seide mit der Hand noch einmal vorsichtig streicheln, dann erzählt das auch von unserer Geduld, die wir mit dem zarten, aber auch schwierigen Material haben.“ Keine Maschine dieser Welt könne das leisten.

Das große französische Unternehmen Hermès wirbt damit, dass es als eines der wenigen Modehäuser weltweit, seine quadratischen Tücher von Hand drucken lässt - seit 1937. Im Zeitalter der Digitalisierung, des Prints ist dies in der Tat nicht mehr selbstverständlich. Der reine Handsiebdruck taugt nicht für Massenware. Die Technik ist viel zu aufwendig, zeitintensiv, riskant und teuer. Und trotzdem haben sich die beiden Dresdnerinnen genau dafür entschlossen. „Das Drucken mit Schablonen hat eine lange Tradition. Schon vor über 1 000 Jahren haben die Japaner damit ihre aufwendigen Kimonos bemustert. Das Sieb, das ich heute verwende, ist im Prinzip ja auch eine Schablone“, sagt Irina Claußnitzer und erklärt weiter: „Bei diesem Verfahren wird die Farbe mit einer Rakel durch ein feinmaschiges Gewebe, also durch die Schablone, auf das zu bedruckende Material durchgedrückt. Eigentlich ganz einfach, so kommt nur Farbe dorthin, wo sie auch hin soll.“

Die Künstlerinnen drucken grafische und figurative Muster

Die Künstlerinnen drucken grafische und figurative Muster.

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Nun, so einfach scheint es nicht zu sein. Immer und immer wieder kontrollieren die beiden Frauen, ob der Stoff richtig liegt, streichen dort noch mal den Stoff lang und hier auch. Und dann ihre Vorsicht, wenn sie das Tuch aus dem Druckvorgang lösen. „Ja, wir müssen sehr schnell und sehr genau arbeiten. Da kann sehr viel schiefgehen, noch im letzten Moment“, meint Britta Jonas. Wenn der Stoff in sich zusammenfalle, klebe die Farbe aneinander, sei das ganze Muster zerstört, die ganze Arbeit umsonst.

Irina Claußnitzer und Britta Jonas entwerfen ihre Muster für die kostbaren glänzenden Seidentücher und Schals selbst. Die eine liebt es grafischer, die andere figurativer. Beide aber staunen jedesmal wieder neu über das Ergebnis. Britta Jonas kommt fast ins Schwärmen, wenn sie von dem Crêpe Satin erzählt: „Die Siebdruckfarbe, die wir benutzen, trocknet ganz, ganz matt darauf. Man hat dann fast so ein Relief. Und das ist es auch, was es besonders macht. Dieses Reliefartige unterscheidet es dann auch wirklich von Digitaldrucken, die einfach nur eine Flächigkeit haben, mehr nicht.“

Maximal 20 Tücher gibt es mit ein und denselben Muster. Ganz davon ab - nie gleicht eines dem anderen haargenau. Irgendeine Unregelmäßigkeit findet sich auf jedem Tuch. Handarbeit bleibt eben Handarbeit, meint die Künstlerin Britta Jonas: „Schauen Sie, das Stück, dass ich jetzt gerade um den Hals trage, das gibt es nur einmal so. Ich meine, wie oft kann man das noch sagen von Dingen, dass es einzigartig ist. Das macht unsere Tücher auch so schön, so wertvoll.“

Diese Einzigkeit hat natürlich auch ihren Preis, von 150 Euro für einen kleinen Schal bis hin zu 380 € für ein großes Karree. Diese Einzigartigkeit hat aber eben einen ganz besonderen Charme. Zu wissen, all die Flamingos, Blumenräder, Handschuhe und Filmrollen wurden gestreichelt, nicht nur einmal, zweimal und dreimal. All diese Geschichten auf den kostbaren Seiden - man kann sie auch lesen als Liebe zweier Künstlerinnen aus Dresden zum uralten Handwerk, zum edlen Material.

Tuchdruck Jonas & Claußnitzer, zu sehen auch auf der Messe Room & Style vom 4. bis 6. Januar 2018

Von Adina Rieckmann

DNN

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