E-Paper
Pendlerverkehr

Städtebahn stellt Betrieb ein – das sind die Hintergründe, so geht es weiter

Ein Bild aus besseren Tagen: Triebwagenzug der Städtebahn Sachsen GmbH im Sebnitztal vor der Einfahrt in Goßdorf-Kohlmühle.

Ein Bild aus besseren Tagen: Triebwagenzug der Städtebahn Sachsen GmbH im Sebnitztal vor der Einfahrt in Goßdorf-Kohlmühle.

Dresden. Für Pendler war es ein Schock: Die Städtebahn Sachsen hat am Donnerstag den Betrieb ohne jede Vorankündigung eingestellt. Fahrgäste an den Linien Dresden – Königsbrück sowie Dresden – Kamenz, Dresden – Heidenau – Altenberg und Pirna – Neustadt – Sebnitz erfuhren meist erst auf dem Bahnhof, dass heute dort kein Zug fährt. Jetzt ist unklar, wie es mit den Strecken weitergeht.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Branchenkreise: Städtebahn hat finanzielle Probleme

In Branchenkreisen ist seit Längerem klar, dass die Städtebahn finanzielle Probleme hat. Nun ist offenbar ein vom Unternehmen nicht näher beschriebener Rechtsstreit zwischen Anteilseignern an der Städtebahn ausgebrochen – der Grund für die kurzfristige Betriebseinstellung. Die Städtebahn verweist jedoch auf etwas anderes als Ausgangspunkt für die Misere.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Schuld seien die vielen Streckensperrungen durch auf die Gleise gefallene Bäume, wie das Unternehmen mitteilte. Kosten in Millionenhöhe seien aufgelaufen, weil Triebwagen nach Kollisionen mit Baumstämmen repariert und die Ausfälle kompensiert werden mussten. Städtebahn-Geschäftsführer Torsten Sewerin hatte deshalb mehrfach die Deutsche Bahn angegriffen, die für die Vegetationspflege entlang der Strecke zuständig ist. "Faktisch zerstört uns die DB Netz AG zunehmend die Fahrzeugflotte", hatte er vergangenes Jahr gegenüber den DNN gesagt.

Strecke wegen Personalmangels gesperrt

Fakt ist aber auch: Die letzte Streckensperrung datiert aus dem Winter. Seither können die Züge der Städtebahn eigentlich ungestört fahren. Dass vom Herbst 2018 bis zum Frühjahr 2019 keine Züge zwischen Neustadt und Sebnitz fahren konnten, hatte denn auch andere Probleme: Der Städtebahn fehlten Zugführer. Um das Problem zu beseitigen, hatten Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und Städtebahn ein Konzept mit mehreren Punkten ausgearbeitet, darunter die Aushandlung eines Tarifvertrags und die Ausleihe von Personal. Beides dürfte für das Unternehmen nicht billig gewesen sein.

Auch nicht die Strafzahlungen an den Verkehrsverbund, die für den Zugausfall fällig wurden. Sie wurden teilweise an die Pendler weitergeleitet. 50 Euro erhielt, wer ein entsprechendes Formular ausfüllte. Das hilft den Betroffenen freilich jetzt auch nicht weiter. Sie stellen sich die Frage, wie es weiter geht.

SEV mit Bussen ab dem Nachmittag

Beim Verkehrsverbund Oberelbe arbeitet man mit Hochdruck an diesem Problem. Bis zum Nachmittag soll ein Ersatzverkehr mit Bussen auf die Beine gestellt worden sein, kündigt Christian Schlemper, Sprecher des VVO, an. Ihn hatte die Nachricht der Betriebseinstellung genauso überrascht wie die Fahrgäste. „Ich bin sprachlos, wie man mit Fahrgästen und Mitarbeitern so umgehen kann“, findet er deutliche Worte.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Er habe dann am Morgen als erstes Süßigkeiten für 15 Euro gekauft, um den VVO-Mitarbeitern im Kundenzentrum den Alltag aufzuhellen. Dort gehen alle Beschwerdeanrufe ein, die Städtebahn hat ihre Hotline auf den VVO umgestellt.

Verhandlungen mit anderen Schienenverkehrsunternehmen

Steht der Ersatzverkehr mit Bussen, wird auf unbestimmte Zeit erst einmal so weiter gefahren, wie Schlemper sagt. Der Verkehrsverbund habe die Städtebahn aufgefordert, unverzüglich den Betrieb wieder aufzunehmen.

Geschieht das nicht, könnte der Verkehrsverbund den bis 2024 laufenden Vertrag über den Betrieb der Strecken mit der Städtebahn kündigen und eine Notvergabe anstrengen. Rechtlich ist das kein ganz einfacher Vorgang. Der Verkehrsverbund wird dann Gespräche mit anderen Verkehrsunternehmen aufnehmen.

Absolut nicht einzuschätzen ist, wie lange es dauert, bis wieder Züge fahren. Denn ein neuer Auftragnehmer müsste erst einmal Lokführer finden und für die Strecke schulen. Pendler müssen sich wohl auf Wochen und Monate mit Schienenersatzverkehr einrichten. Schnell ginge es nur, wenn die Städtebahn den Verkehr unvermittelt wieder aufnehmen würde.

Von Uwe Hofmann

DNN

Anzeige
Anzeige

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken