Jetzt rollt der Verkehr über die Oskarstraße
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Die Eröffnung wurde bereits am Freitag kräftig gefeiert. Dabei kamen auch historische Straßenbahnen wie ein Gotha-Wagen zum Einsatz. Beachtlich: Die interessante Oberleitungskonstruktion und das sanierte Bahnhofsgebäude im Hintergrund.
© Quelle: Dietrich Flechtner
Dresden. Robert Schwenzer zeigt keinen Deut Aufregung. Im weinroten Dress eines Straßenbahnfahrers steht der 22-Jährige an der neuen Straßenbahnhaltestelle am Haltepunkt Strehlen, die im Zuge eines Trassenneubaus auf 1,1 Kilometern entlang der Oskarstraße entstanden ist. Der angehende Verkehrsingenieur kennt die Gegend, er wohnt seit Mai in einem Studentenappartement an der Wiener Straße vis à vis zur Baustelle Oskarstraße.
Jetzt, wenige Minuten bevor er die erste Straßenbahn über die neuen Gleise in Richtung Innenstadt fahren soll, ist sie kaum wiederzuerkennen: Das alte Bahnhofsgebäude ist modernisiert, über der Straße glänzt kupfern die neue Oberleitung. Und die Haltestelle ist „schwarz vor Menschen“, wie Fahrer der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) das nennen. 250 bis 300 Schaulustige und geladene Gäste wollen sehen, wie Schwenzer den ersten Stadtbahnwagen in Bewegung setzt. „Ich hatte mich per E-Mail beworben, als ich davon hörte, dass es Sonderfahrten geben soll“, sagt er gelassen. „Schön, dass es geklappt hat.“ Sagt es, steigt ein und fährt davon.
Für die Verkehrsbetriebe wie für die Stadt ist das ein entscheidender Moment: Der erste Abschnitt des ehrgeizigen Projekts Campuslinie ist geschafft. So heißt das Stadtbahn-2020-Projekt, bei dem eine neue Stadtbahntrasse zwischen Löbtau und der Tiergartenstraße entsteht, die die teils völlig überfüllte Buslinie 61 ablöst. Am anderen Ende soll die Zentralhaltestelle Kesselsdorfer Straße im September dieses Jahres fertig werden. Die "großen Abschnitte dazwischen", Zellescher Weg und Nossener Brücke, sollten nun nicht allzu lange auf sich warten lassen, sagt Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Er hatte 2011 auch die letzte Neubautrasse in Dresden miteingeweiht – die Messestraßenbahn.
In Strehlen stand der Neuausbau unter „keinem guten Stern“, wie DVB-Vorstand Andreas Hemmersbach sagt. Er spielt damit auf die 14 Monate Baustopp nach einer Anwohnerklage an, die für Mehrkosten in Millionenhöhe gesorgt haben (siehe Zeitleiste). Hinzu kamen etliche technische Probleme aufgrund des nicht ganz einfachen Terrains: Der Kaitzbach musste umgelegt, eine wichtige Fernwärmehauptleitung verlegt und der Wasaplatz umgebaut werden. Die Baufirmen haben bis Donnerstagabend geklotzt, um den Termin der Trasseneröffnung zu halten. „Wir wollen unsere Fahrgäste nicht mit mehreren Fahrplanänderungen in kurzer Folge verwirren“, begründet Hemmersbach die strenge Frist. Deswegen rollen die Straßenbahnlinien 9 und 13 nun mit Beginn des Sommerfahrplans regulär über die Trasse – zeitgleich wird die Buslinie 75 auf die Strecke der „94“ verlängert, was ebenfalls für die Strehlener von Bedeutung ist. Zudem kehren die Buslinien 61, 63, 75 und 85 auf ihre Standardstrecken zurück.
450 Mal am Tag halten nun Bahnen der Linien 9 und 13 am Haltepunkt Strehlen, was die Umsteigezahlen von bisher 3000 Fahrgästen zwischen Tram und S-Bahn erhöhen soll. Im Umfeld wird dann noch gebaut. Gerade auf den Gehwegen sei einiges noch zu erledigen, sagt DVB-Vorstand Hemmersbach. Am Wasaplatz wird die noch anstehende Umgestaltung nun kleinteiliger erledigt, damit der Verkehr ungestörter rollen kann. Behinderungen gibt es vor allem für Fußgänger. Dort entsteht auch einer der neuen Mobilitätspunkte, die verschiedene Verkehrsträger verknüpfen.
Stellt sich die Frage, wie es weitergeht. In Sachen Campuslinie ist die Diskussion über den Zelleschen Weg auf den Herbst vertagt – Ausgang offen. Für Abriss und Neubau der Nossener Brücke soll das sicher mehrjährige Planfeststellungsverfahren Ende des Jahres begonnen werden. In Strehlen wird 2020 wieder gebaut: Dann werden die zerschlissenen Gleise aus Wasa- und Franz-Liszt-Straße herausgerissen und die Straße modernisiert.
Zeitleiste Ausbau der Oskarstraße
Im Juli 2012 beschloss der Stadtrat den Neubau einer Stadtbahntrasse zwischen Löbtau und Strehlen. Wichtiges Teilstück: Die Gleisführung zwischen Wasaplatz und Tiergartenstraße über die Oskarstraße.
Mitte September 2016 schloss die Landesdirektion Sachsen das Planfeststellungsgefahren für die Oskarstraße ab und schuf damit Baurecht.
Am 1. März 2017 beginnen die Arbeiten auf der Oskarstraße. Sie sollen etwa 20 Millionen Euro kosten und ein Jahr dauern.
Am 18. April 2017 wird bekannt, dass das Oberverwaltungsgericht Bautzen nach einer Anwohnerklage schwerwiegende Verfahrensfehler beim Planfeststellungsverfahren sieht. Es folgen Krisensitzungen und die Entscheidung: Baustopp. Einige begonnene Arbeiten an wichtigen Versorgungsleitungen dürfen aber noch bis zum August 2017 weitergeführt werden. Den Fehler hat die Landesdirektion begangen, die Mehrkosten zahlen Stadt, DVB und Drewag. Diese werden im Dezember 2017 auf 900 000 Euro beziffert.
Am 8. Mai 2018 gibt es nach einen sehr aufwendigem Reparaturverfahren wieder Baurecht. Es dauert noch bis zum 6. Juli 2018, bis die Arbeiten wieder aufgenommen werden. Die Mehrkosten für die 14-monatige Baupause werden inzwischen mit um die fünf Millionen Euro angegeben.
Am 14. Januar 2019 erreichen die Bauarbeiten den Wasaplatz, der im Zuge des Ausbaus komplett umgestaltet wird. Dort dauern die Arbeiten noch bis in den September 2019 an.
Am 12. Juni 2019 entscheidet das OVG auch inhaltlich über den Trassenneubau auf der Oskarstraße. Die Klage zweier Anwohner wird abschließend abgewiesen. Zuvor war im Dezember 2018 schon der neuerliche Versuch von Anwohnern gescheitert, einen erneuten Baustopp zu erwirken.
Am 6. Juli 2019 fahren die ersten Straßenbahnen im Regelverkehr über die Oskarstraße. Im Umfeld sind noch einige Arbeiten vor allen an Gehwegen nötig. Die Baukosten werden insgesamt mit 30 Millionen Euro angegeben, wobei der Gleisausbau und die Sanierung der Wasastraße und Franz-Liszt-Straße inbegriffen ist. Dieser ist 2020 geplant.
Von Uwe Hofmann
DNN