Hilbert: „Ich werde weiter für Dresden reisen“
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Immer auf Achse: Oberbürgermeister Dirk Hilbert.
© Quelle: Dietrich Flechtner
Dresden. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) ist wegen seiner vielen Dienstreisen vom Bund der Steuerzahler zum "Schleudersachsen" 2018 ernannt worden. Linke-Stadtratsraktionsvorsitzender André Schollbach hatte mehrfach in der Verwaltung Anfragen zu den Dienstreisen des OB gestellt und sieht sich in einer Auffassung bestätigt: "Im Rathaus bleiben wichtige Aufgaben unerledigt, während der Oberbürgermeister vergnügt die Welt bereist", kritisierte Schollbach.
2016 hat Hilbert 29 Dienstreisen mit 57 Dienstreisetagen unternommen, 2017 waren es 37 Dienstreisen mit 73 Dienstreisetagen. „Damit war Hilbert in weniger als zwei Jahren über vier Monate auf Dienstreisen“, stellte Schollbach fest und führte einige Reiseziele auf: Nizza, Korea, Singapur, St. Petersburg, Rom, Maui auf Hawaii und Hangzhou. Für die Dienstreisen entstanden Kosten in Höhe von insgesamt 35 644,67 Euro – 18 208,32 Euro im Jahr 2016 und 17 436,35 Euro im Jahr 2017.
Viele Probleme in Dresden ungelöst
Viele Probleme in Dresden sind ungelöst, zahlreiche Beschlüsse des Stadtrates werden ewig nicht umgesetzt und in einigen Bereichen des Rathauses geht es zu wie bei Hilberts unterm Sofa", kritisierte der Linke-Fraktionsvorsitzende und verweist darauf, dass das Rathaus auch aktuell ohne Stadtoberhaupt auskommen muss: Hilbert ist zur Konferenz "Unity in Diversity" nach Florenz gereist, die bis zum Mittwoch dauert und internationale Politiker, Kulturschaffende und Wissenschaftler zusammenführt.
Hilbert hat im Vorfeld der Dienstreis angekündigt, sich auch mit dem neuen Vorstand der Menarini Group, Eric Cornut, und der Eignerfamilie Aleotti zu treffen. Im Dresdner Arzneimittelwerk des größten italienischen Pharmakonzerns sind knapp 400 Menschen beschäftigt.
Hilbert weist Vorwürfe zurück
Gegenüber DNN wies der OB die Vorwürfe des Steuerzahlerbundes zurück. Er nehme es keinesfalls übel, wenn genau hingeschaut werde, so Hilbert. Aber: „Dresden wächst als internationaler Standort für Wirtschaft und Wissenschaft. Dafür bin ich gern weltweit unterwegs – für durchschnittlich 470 Euro pro Reise und 241 Euro pro Tag. Ich denke, da haben wir sehr gut gewirtschaftet.„Persönliche Kontakte in die Partnerstädte, zu Investoren und Kooperationspartnern in den Metropolen dieser Welt seien – genau wie im Privaten – unbezahlbar. „Und sie sind auch nicht mit Werbung aufzuwiegen. Und deshalb werde ich weiter reisen, für unsere Stadt.“
17 400 Euro seien viel Geld. Aber dafür habe er an 37 Orten Dresden präsentiert, Freundschaften gepflegt und Kontakte geknüpft. „Wenn es keinen Effekt hätte, würde ich freiwillig nicht die vielen Stunden auf meine Familie verzichten, die ich stattdessen auf Flughäfen, Bahnhöfen und auf den Autobahnen dieser Welt verbringe“, bekräftigte der OB und fügte an: „Gestern las ich, dass auf dem Deutschen Sportpresseball in Frankfurt/Main eine Reise auf die Malediven für 13 200 Euro verlost wurde – für sieben Tage, macht 942 Euro pro Tag und Person. Das ist der Unterschied zwischen Urlaub oder Arbeit.“
Bund der Steuerzahler ein „Lobbyverband“?
Dana Frohwieser, Fraktionsvorsitzende der SPD, stärkte dem OB den Rücken. „Dresden hat gerade eine Million Euro für Bürgerprojekte im Bundeswettbewerb Zukunftsstadt gewonnen. Diesen Zukunftsstadt-Prozess in Dresden hat der Oberbürgermeister aktiv unterstützt. Dafür war er beispielsweise dienstlich in Berlin. Lassen Sie uns darüber sprechen“, erklärte sie.
Verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern sei Verpflichtung in der Politik. Der Bund der Steuerzahler sei jedoch nicht nur laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ein Lobbyverband „mittelständischer Unternehmen, Freiberufler und Besserverdiener“, dessen Lobbying und Kommunikation vor allem auf einen schlanken Staat und niedrige Steuern ausgerichtet seien, so Frohwieser. „Wohin uns diese Politik führt, sehen wir an sogenannten ‚Angsträumen‘ wie am Amalie-Dietrich-Platz in Gorbitz oder am baulichen und personellen Zustand unserer Schulen.“
Botschafter der Stadt
Holger Zastrow, Vorsitzender der Fraktion FDP/Freie Bürger, glaubt, dass sich der Bund der Steuerzahler auf einem Irrweg befindet. „Es ist wichtig, die Verschwendung von Steuergeldern anzuprangern. Aber in diesem Fall ist man in die Populismusfalle getappt.“ Die Abstimmung zum „Schleudersachsen“ habe mit einer seriösen Auseinandersetzung mit dem Thema Steuerverschwendung nichts zu tun, so Zastrow.
Die Kritik an Hilberts Dienstreisen lasse eine große Unkenntnis über die Aufgaben und Pflichten eines Oberbürgermeisters erkennen, meint der Fraktionsvorsitzende. „Dirk Hilbert repräsentiert Dresden in Deutschland und international. Er ist ein Botschafter dieser Stadt und macht es sehr gut.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Jan Donhauser sagte, ihm sei es wichtig, zunächst mit dem OB selbst über die Dienstreisen zu sprechen. Anschließend werde er eine Bewertung dazu abgeben. „Allerdings ist es derzeit nicht möglich, weil er schon wieder auf Dienstreise ist“, so Donhauser.
Von Thomas Baumann-Hartwig
DNN